Es ist Donnerstag, einer meiner beiden Katzentage. Wie immer fahre ich morgens um zum Tierheim, meine Schicht für die Versorgung der Katzen. Diesen Donnerstag wird mir eine nette Dame vorgestellt, die bei den Katzen mithelfen möchte. Gerne, denn geteilte Arbeit ist halbe Arbeit. Im „Quarantänekäfig“ sind vier Neuzugänge. Meine Helferin war schon tags zuvor im Tierheim und bei ihrer Ankunft zugegen. Eigentlich will sie mir gar nicht helfen, sondern sich um die Neuzugänge kümmern.
Die neuen Kätzchen sind echt klein. Sie haben die ganze Nacht nichts zu fressen bekommen, weil keiner sie gefüttert hat. Aus dem Napf können sie noch nicht fressen. Um alleine auf Toilette zu gehen sind sie ebenfalls zu jung. Irgendwer hat sie am Mittwochvormittag in einem Karton vor der Tür des Animal Shelter abgestellt, hat nicht Bescheid gesagt und ist davon gefahren. Ich bin der einzige Volunteer im Tierheim, der noch ohne ein Tier in Pflege ist. So jedenfalls kommt es mir vor. Bevor entschieden wird, dass diese Kätzchen zu klein zum Überleben sind, melde ich mich freiwillig zur Aufzucht. Ich werde die Kleinen ein paar Wochen bei mir aufnehmen, sie füttern und dazu animieren, zu pinkeln und zu kacken. Das lernen sie normalerweise von ihrer Mami.
Gleich nach der Ankunft machen meine vier Gäste ihre ersten Schritte. Es sind drei Jungs und ein Mädchen, wenn ich das richtig feststelle. Alles ist ja noch sehr, sehr klein. Ab sofort gilt, dass sie alle paar Stunden ihre Futter bekommen. Außerdem erhalten sie eine Massage auf dem Bauch, damit sie lernen, auf Toilette zu gehen. Ich füttere sie mit einer Spritze, was am Anfang für die Kätzchen schwierig zu verstehen ist. Bei der zweiten Fütterung geht es schon besser als bei der ersten. Bei der dritten Fütterung fangen sie an, gegenseitig um den Platz an der Spritze zu kämpfen.
Sissi ist eine ganz liebe Katze, die nur leider keine Milch hat. Sonst könnte sie mir helfen, die Kleinen zu betreuen. Aber sie ist freundlich zu meinen Gästen. Niemand wird gekratzt oder angefaucht. Eine brave Stoffkatze.
Es vergeht der Freitag. Die Kätzchen pinkeln zwar, aber sie kacken nicht. Langsam fange ich an, mir Sorgen zu machen. Füttern muss ich sie, schließlich brauchen sie viel Nahrung. Ich ändere meine Massagetechnik. Ich bin erfolglos. Auch der Samstag vergeht so. Sie fressen alle viel, doch hinten mag nichts herauskommen. Doch als ich am Sonntag aufstehe, trete ich vor meiner Kabine erst einmal in Katzenkot. Das erste Mal in meinem Leben, dass ich mich darüber freue, barfuß in die Scheiße zu treten.
Derweil ist meine Sissi das attraktivste Schiff im ganzen Hafen. Jeden Tag kommt der Hafenmeister Paul mit seiner Frau vorbei. Die beiden haben vor ein paar Wochen eine Katze verloren, jetzt haben sie sich in das Mädchen verliebt. Lea (7 Jahre) und Tami (5 Jahre) von den beiden benachbarten deutschen Booten würden am liebsten bei mir einziehen. Auch sie kommen einmal täglich vorbei. Das ist ihnen nicht genug, doch mehr als einmal am Tag schaffe ich das nicht. Heute greift Lea ein Kätzchen, das gerade auf der Toilette war und deswegen noch nicht wieder ganz sauber. Ich fand es lustig.
Ich brauche unbedingt Katzenspielzeug. Während ich diesen Beitrag schreibe, spielen zwei Kätzchen mit meinen Fußzehen. Au, das tut weh! Jetzt, wo sie alle auf die Toilette gehen können, habe ich gute Hoffnung, sie auch alle durchzubekommen. Bisher habe ich mich geweigert, ihnen Namen zu geben. Nun muss ich mir vier Namen ausdenken, die mit Seefahrt zu tun haben sollen. Das jedenfalls ist die einhellige Meinung im Tierheim, schließlich werden die Kätzchen auf einem Boot aufgezogen. Ich bin sehr aufgeschlossen für Ideen.
Lea und Tami haben die Kätzchen schon auf die Namen Flocke, Weißpfote, Braunie und Blauauge getauft. Die sind leider nicht für Aruba tauglich. Zwischendrin schaffe ich es sogar, noch etwas am Boot zu machen. Die Vorschiffskoje ist komplett mit neuen Stromleitungen ausgestattet. Auch der Stromanschluss für meinen neuen gebrauchten Gefrierschrank ist vorbereitet. Dass meine Positionslampe am Bug hin und wieder einen Wackelkontakt hatte, wundert mich inzwischen gar nicht mehr. Die Zuleitung war an fünf Stellen geflickt. Jetzt ist sie komplett neu. Morgen mache ich die Deckenverkleidung vorne wieder dran, dann kann ich die Sachen von hinten nach vorne umräumen. Wenn die Kätzchen mir vorher nicht die Zehen abfressen. Au, das tut immer noch weh.
Hündin Ellie hat ein neues Zuhause gefunden. Der beste (und einzige) Rigger Arubas und seine Frau haben sich in die freundliche Hündin verliebt. Jetzt lebt sie bei ihnen unter der Tyrannei zweier Katzen.