Schwachwindsegeln

Erst einmal kann ich verkünden, dass das gesuchte „Ding“ gefunden worden ist. Es ist die Schwimmblase der Portugiesischen Galeere, einer Quallenart, der man nicht zu nahe kommen möchte. Danke Stefan, Du hilfst uns nicht nur beim Wetter weiter.

Die Geschichte geht weiter mit Wind. Mit wenig Wind, wir können aber segeln. Kurz nach Mittag ist so viel Wind vorhanden, dass wir die Segel wieder auspacken können. Wir sind nicht schneller als mit dem Motor, das ist aber Nebensache. Hauptsache ist, der Motor schweigt und wir sparen Diesel. Leider reicht der Wind nicht, die Segel in allen Fällen zu füllen. Wenn uns eine Welle plötzlich nach Lee krängen lässt, fängt es an zu schlagen.

Zunächst ist es zu wenig Wind für den Windpiloten. Der elektrische Autopilot hält stur den Kurs, dafür flattern die Segel manchmal etwas mehr. Das Surren der Hydraulikpumpe unter meiner Matratze klingt wie ein Täuberich in der Balz. Surr, surr, surr. Später können wir auch die Windfahne einkuppeln, die Fahrt wird merklich komfortabler. Herrliche Ruhe herrscht im Boot.

Der Luftdruck fällt konstant alle vier Stunden um einen Punkt. Wir fahren in Richtung eines Tiefdruckgebiets. Vielmehr kommt ein Tief auf uns zu geflogen. Doch der Abend ist lau und trocken. Bei bedecktem Himmel kann ich den Sonnenuntergang nicht sehen. Ich bin müde, strecke mich auf der Bank aus und lasse meine Gedanken fliegen.

Weit fliegen die Gedanken nicht, eine Welle geht quer durch und lässt die Segel knallen. Ich sehe nach dem Kurs, justiere den Windpiloten ein wenig und versuche, mich weiter zu entspannen. Die nächste Welle geht quer durch und lässt Sissi heftig schaukeln. Wieder versuche ich, den Kurs besser einzustellen. Mit der Entspannung ist es nicht viel her. Nach eineinhalb Stunden harter Arbeit bin ich keinen Meter weitergekommen. Es passt einfach nicht. Statt dessen schaut Jens ins Cockpit und fragt, warum es so knallt.

Ich habe die Nase voll. Eigentlich ist es zu viel Wind, um ihn liegen zu lassen. Aber es ist zu wenig Wind, um bei dieser Welle zu segeln. Ich lade noch eine Wettervorhersage herunter, dann mache ich den Motor an. In der Nacht können wir nur mit diesem lauen Wind rechnen.

Irgendwann wache ich auf, höre es unter meinem Kopfkissen wieder deutlich. Gurr, gurr. Als wenn sich eine Taube darunter versteckt hätte. Doch ich weiß, dass es der elektrische Autopilot ist. Der Motor ist verstummt, Jens hat wieder Segel gesetzt. Der Windpilot knarzt, der vorhergesagte Wind ist gekommen. Endlich.

Während ich wieder wegdämmere spricht mein Papagei: „Endlich können wir wieder richtig segeln! Ich freue mich so.“ Ist das ein Traum oder bin ich noch wach? Gurr, gurr, macht es unter meinem Kopfkissen.

14. Etmal: 93,6 nm
Position: 33°27‘N 50°29‘W
Reststrecke: 1027 nm