Schreck in der Morgenstunde

Ein Rumpeln und Dröhnen holt mich aus meinem Schlaf. Es herrscht ein Riesenlärm draußen, ich muss nachsehen, worum es sich handelt. Ein Riesenpott, die Aidaperla, ist gerade dabei an der winzigen Betonpier festzumachen.

Ankunft des Kreuzfahrtschiffs

Ich wusste, dass es praktisch keine Inseln in der Karibik gibt, an denen keine Kreuzfahrtschiffe ankommen. Dass es uns aber mal so hart treffen würde, hätte ich nicht gedacht. Piepen von der Bordsprechanlage, Durchsagen in mehreren Sprachen und Lärm von der Maschine. Ich lege mich wieder ins Bett.

Aidaperla neben Sissi

Als ich um acht Uhr nicht mehr schlafen kann, der Lärm von dem fetten Pott hat nicht aufgehört, hat Jens zum Glück den Kaffee schon fertig. Wir werden heute mit unseren Motorrollern flüchten. Das ist ja nicht auszuhalten. Beim Kaffee sehen wir den Passagieren zu, wie sie die Prozession zur Immigration machen. Warum können sie die Leute nicht wegen des Coronavirus auf See aussperren? Sind halt schon entspannt, die Holländer.

Im gelben Haus befindet sich die Einwanderungsbehörte

Ein Kreuzfahrtschiff mit mehr als 3500 Passagieren ist auf Bonaire angekommen. Bonaire selbst hat nur 18000 Einwohner. Das ist schon ein ganz schöner Brocken. Die Wassertaxis fahren die Kreuzfahrer im Akkord nach Klein Bonaire, einer vorgelagerten Insel mit beliebten Sandstränden.

Wassertaxi

Der Kreuzfahrer ist so mächtig, er dreht sogar den Wind. Wir liegen normalerweise mit dem Bug nach Osten, weil der Wind immer aus Ost kommt. Jetzt liegen wir mit dem Bug nach Süden, denn dieser fette Pott ist so nah, dass er den Wind einmal um 90° gedreht hat. Mmmpf. Das passt jetzt mit unserer Sonnenschutzplane nicht mehr richtig.

Ich fahre mit Jens an Land, der möchte eine ausgedehnte Wanderung im Nationalpark machen. Dann gehe ich noch in den Telefonladen und muss hinter drei deutschen Kreuzfahrern in der Schlange stehen, die alle eine SIM-Karte für ihre Telefone brauchen. Ich habe eine SIM-Karte und will sie nur aufladen. Das dauert aber, weil die Deutschen im Kreuzfahreralter nun einmal nicht so sehr des Englischen mächtig sind. Und weil bestimmte Worte wie „Handy“ oder „Prepaid“ in diesem Sprachraum nicht existieren bzw. eine andere Bedeutung haben. Aber der Deutsche meint ja, dass er besser verstanden wird, wenn er lauter spricht…

Als ich fertig bin und zurück zu Sissi gehe, fallen mir fast die Gläser aus der Brille. Das habe ich ja noch gar nicht gesehen. Es ist nicht nur ein Kreuzfahrer auf Bonaire gelandet, sondern es sind deren zwei.

Zwei Kreuzfahrer

Also sind etwa 7000 Kreuzfahrer zusätzlich zu den normalen Touristen auf dem Inselchen. Wow. Können sich die Reedereien nicht wenigstens untereinander absprechen? Wenn wir jetzt ausklarieren wollten, wäre das wegen der vielen Menschen nicht möglich. Wir wollen sowieso bleiben, haben wir doch die Roller noch bis zum Abend gemietet und die Insel noch nicht komplett gesehen.

Ich trinke noch einen Kaffee im Cockpit, da kommt plötzlich von hinten ein Wassertaxi. Dort sind einige echt angetrunkene (es ist 10:30 Uhr am Morgen) Deutsche drauf. Die grölen zu mir rüber. Die grüßen die deutsche Flagge an unserem Heck. Die zeigen mir den Hitlergruß. Ich zeige ihnen den Mittelfinger. Ich hasse Kreuzfahrer. Nicht die Menschen, die meisten sind völlig normal und total nett. Die Schiffe, die dahinter stehende Industrie und das, was sie aus den Reisezielen macht.

Walskelett
Infotafel zum Walskelett

Vogelviecher

Pinguine

Der Pinguin ist so eine Art Wappentier von Bonaire. Es gibt ihn im Touristen-Geschenkeladen als Stofftier in allen Größen, er steht aber auch auf der Insel eigentlich an jeder Ecke. Pinguine können nicht fliegen. Deswegen stehen sie im Wasser herum und sehen gut aus dabei.

Pinguin auf der Nahrungssuche

Wir haben Glück und können einen Pinguin bei der Nahrungssuche beobachten. Bisher kenne ich sie nur aus dem Frankfurter Zoo, wo sie ihren Platz direkt am Haupteingang haben. Ich muss aber sagen, dass sie hier in ihrer natürlichen Umgebung viel besser anzusehen sind.

Füllervogel bei der Jagd. Leider zu spät auf den Auslöser gedrückt.

Dann können wir noch den Füllervogel beobachten. So einen hatte ich schon in der Grundschule, aber jetzt sehe ich einen in freier Wildbahn bei der Jagd. Leider habe ich hier zu spät auf den Auslöser gedrückt. Die Fontäne nach dem Eintauchen ins Wasser ist ordentlich.

Der Füllervogel startet wieder

Den Start nach dem ersten Tauchgang im „divers paradise“ kann ich problemlos fotografieren, dann sehen wir dem Füllervogel zu, wie er an Höhe gewinnt.

Füllervogel gewinnt an Höhe

Höher, höher und noch höher kreist der Vogel. Er sucht von oben im klaren Wasser nach frischem Fisch.

Füllervogel auf Betriebshöhe

Mit dem dicken Hals und auf der Verpackung des Füllfederhalters sieht der Füllervogel nicht besonders elegant aus. Das ändert sich allerdings sofort, wenn er in der Luft seine Kreise zieht. Und dann stürzt er sich in die Fluten…

Füller stürzt in die Fluten

Wir könnten noch Stunden an dieser Stelle stehen, dann kämen wir aber nicht bis zu den Eseln. Über die Esel werde ich noch etwas schreiben, aber dafür ist in diesem Augenblick nicht die Zeit. Wir steigen also auf unsere Motorroller, lassen die Motoren brüllen und jagen in Richtung der Esel. Dabei führt uns der Weg an einer beeindruckenden Brandung vorbei.

Kein Badestrand

Wer es bis jetzt noch nicht gemerkt hat – ich habe keine Ahnung vom Vögeln. Aber elegant sehen sie trotzdem aus. Und mache von ihnen gibt es in tollen Farben. Für diesen Vogel hier habe ich keinen Namen, aber er ist schön gelb.

Gelbes Vögelchen

sed s/Pinguin/Flamingo/g Vogelviecher
sed s/Füllervogel/Pelikan/g Vogelviecher

Einkaufen wie in Holland

Wir befinden uns ja in den karibischen Niederlanden. Auf Bonaire nehmen sie zwar keine Euros sondern US$, ansonsten kommen wir uns schon so vor wie in Holland. Sie sprechen auch so wie in Holland. Irgendwas, das nach Halsentzündung klingt und Englisch. Ein guter Supermarkt soll nur etwa einen Kilometer von unserer Boje entfernt sein. Wir laufen los.

Straßenszene in den Niederlanden

Wir laufen also die Straße entlang zum Supermarkt, weil wir uns etwas versorgen wollen. Immer nur im Restaurant essen gehen ist doof, teuer und schmeckt auf die Dauer auch nicht. In der Karibik ist die Auswahl an Gerichten nicht allzu groß, lediglich die Zahlen neben den Gerichten haben eine komische Größe.

Bei unserem Spaziergang fällt uns auf, dass man nicht sehen kann, wie der Strom in die Straßenlaternen kommt. Hier haben sie zumindest in der Hauptstadt die Stromleitungen unter die Erde gelegt. Das war auf den anderen karibischen Inseln nicht so.

Van den Tweel Supermarket

Nach einer knappen halben Stunde sind wir da. Von außen macht der Supermarkt einen tollen Eindruck. So etwas haben wir seit Europa nicht mehr gesehen. Vielleicht ansatzweise auf den Kanaren, aber auch dort hatten die Supermärkte zumeist eine überschaubare Größe.

Supermarkt von innen

In den Regalreihen finden wir haufenweise Produkte, die wir zuletzt in Stavoren im Coop gesehen haben. Das ist wirklich lange, lange her. An einigen Regalen sind Schilder angebracht, dass sich die Container aus Holland aufgrund von schlechten Wetters verspäten und erst in der kommenden Woche eintreffen werden. Für uns ist jedenfalls noch genug da. Wir angeln ein tolles Rinderfilet aus der Fleischtheke (Herkunft: Netherlands) und dazu grünen Spargel aus Mexiko. Wir freuen uns auf das Abendessen.

Dann werden wir an die Jahreszeit erinnert. Ist denn wirklich schon bald Ostern? Wenn man wie wir ohne Jahreszeiten unterwegs ist, dann fehlt der Bezug zu solchen Terminen vollkommen.

Bald ist Ostern

Wir verzichten auf den Erwerb der Osterhäschen. So wichtig ist das nicht. Statt dessen kreisen wir noch durch die restlichen Regale des Ladens und finden bei den Bieren eine Sorte, die wir auch zuletzt in Stavoren getrunken haben: Brand. Aus der ältesten Brauerei der Niederlande. Wow. Da nehmen wir uns gleich einen Sixpack mit, für mehr reicht das Budget nicht. Eine Dose kostet nämlich 1,89$. Egal, das ist es uns heute wert. Und es schmeckt.

Brandje – Prost!