Entspannung

Wir haben einen Plan. Endlich. Den Atlantik kann uns niemand sperren. Deswegen planen wir die Rückreise nach Europa nun von Aruba aus. Derzeit ist Bermuda offen, dort könnten wir einen Zwischenstopp einlegen, genau wie auf den Azoren. Das alles hängt wie immer vom Wind ab. Mitte bis Ende April bekommen wir Verstärkung aus Frankfurt, Barbara wird uns auf der Atlantiküberquerung begleiten. Das wird es Jens und mir ermöglichen, ein paar Stunden länger zu schlafen. Bis dahin führen wir noch ein paar Arbeiten am Boot durch, es handelt sich zumeist um Malerarbeiten.

Malerarbeiten

Es ist schön mit anzusehen, wie das Boot fast jeden Tag etwas schöner wird. Nur an die Deckenverkleidung des Salons traue ich mich nicht heran, das ist alles zu krumm und will in Europa erneuert werden. Alles zu seiner Zeit. Dabei machen wir uns beide nicht kaputt. Manchmal fährt Jens an den Strand oder ich fahre zu den Eseln, manchmal arbeiten wir am Boot und manchmal kümmern wir uns um unseren Urlaub. Ja, es fühlt sich nun manchmal an wie Urlaub.

Swa erteilt eine Lektion in Entspannungstechniken

Soraida sehe ich inzwischen beinahe jeden Tag. So viel dazu. Es fühlt sich gut an, es fühlt sich richtig an. Ich freue mich auf die Zukunft. Wir wollen am Ostersonntag segeln gehen. Jens erzählt mir, dass seine Freunde nicht mehr glauben, ich würde die Insel irgendwann verlassen. Er würde wohl mit dem Flieger heimkommen müssen. Muss er nicht.

Ich vermisse den Winter, den Wechsel der Jahreszeiten. Aruba bietet den ewigen Sommer. Zwei Winter habe ich schon verpasst. Für alle anderen Probleme kann man sich Lösungen ausdenken.

Socks‘ Entspannungstechnik

Während hier also nicht besonders viel passiert, erhalten wir erfreuliche Nachrichten von unserer Familie. Unsere Eltern und unsere Schwester haben alle ihre erste Impfung erhalten. Angesichts der aktuellen Situation in Deutschland beruhigt uns das sehr.

Doch auch hier in Aruba steigen die Zahlen rasant. Das war zuletzt nach dem 18. März, einem nationalen Feiertag („Aruba Flag Day“). Jetzt stehen die Osterfeiertage vor der Tür und die Regierung hat die Maßnahmen verschärft. Es gilt eine Ausgangssperre von 22 Uhr bis 5 Uhr für alle. Restaurants und Bars müssen um 21 Uhr schließen. Ab 19 Uhr darf man nicht mehr an den Strand gehen. Auf der Straße darf man nur noch zu zweit unterwegs sein und im Boot sind maximal vier Personen erlaubt. Insbesondere Verstöße gegen die Ausgangssperre werden mit hohen Geldstrafen geahndet. Ob aufgrund der Maßnahmen oder wegen des schönen Wetters, in den vergangenen Tagen ist die tägliche Zahl der Neuinfektionen jedenfalls wieder einigermaßen zurückgegangen. Zeitweise gab es über 100 neue Fälle am Tag, seit ein paar Tagen sind wir wieder unter 50.

Der Gouverneur ist im Parlament zu Besuch

Das hier hat nichts mit dem Aruba Flag Day zu tun. Manchmal sieht man diese Flagge vor dem Parlamentsgebäude, es ist die Flagge des Gouverneurs. Sie besteht aus der Flagge der Niederlande und der Arubas. Anneke hat sie mir vor einer Weile beschrieben. Sie sieht sie häufig, weil sie in derselben Straße wie der Gouverneur wohnt. Wenn er zu Hause ist, weht sie vor seiner Haustür. Sie wird immer da hochgezogen, wo sich der Gouverneur gerade befindet.

Eagle Beach

Auf dem Weg zum Supermarkt komme ich mal wieder an Eagle Beach vorbei. Ich war lange nicht dort, weil in den letzten Wochen Jens immer mit dem Fahrrad einkaufen war. Ich nehme lieber den Bus, dann muss ich nicht auf dem Rückweg gegen den Wind fahren. Eigentlich kommt mir die Insel sehr voll vor, doch am Strand zeigt sich, dass die Infrastruktur der Insel noch sehr viel mehr Touristen aushält. Ich sehe es auch daran, dass noch längst nicht alle wieder zur Arbeit gehen. Edward zum Beispiel wartet immer noch darauf, dass sein Arbeitgeber ihn wieder einbestellt. Glücklicherweise gibt es für solche Menschen immer noch Geld von der Regierung.

Unverbauter Seeblick

Dieses Bild ist selten. Die beiden Hochhäuser – äh – Kreuzfahrtschiffe sind unterwegs. Natürlich werden sie wieder kommen, doch für einen oder zwei Tage ist der Seeblick unverbaut.

Ich setze mich an den Computer und bestelle im Internet Dinge, die wir in Aruba nicht bekommen oder die hier zu teuer sind. Sie werden alle den Weg in Barbaras Gepäck finden. Das Übergepäck ist billiger, schneller und zuverlässiger als der Transport per Post. Für das Satellitentelefon müssen wir wieder auf die Datenflatrate umstellen, damit wir nicht arm werden. Ansonsten ist fast alles in trockenen Tüchern. Zeit für Entspannung.

Entspannung bei einem leckeren Abendessen auf Soraidas Terrasse. Fluffiger Reis mit Gemüse, tollen Gewürzen und perfekt marinierten Hühnerteilen.

Ein Jahr Aruba

Heute vor einem Jahr sind wir in Aruba erstmals angekommen. Seit drei Wochen wollen wir Aruba verlassen. Es ist wie verhext.

Aruba im März 2020 vor dem Lockdown.

Jens bringt heute den Windsensor an die Mastspitze. Beim Test der Instrumente stellen sich alle tot. Die Sicherung ist geschmolzen. Nach dem Austausch läuft der Datenbus wieder (NMEA 2000), liefert aber nur Strom und keine Daten. Wenn ich den Windmesser abklemme ist alles normal.

Also ist entweder der Sensor defekt oder nicht richtig angeschlossen. Oder das Kabel im Mast wurde beim Abnehmen desselben beschädigt. Das müssen wir jetzt herausfinden.

Wir sind auf dem Sprung, wollen endlich weiter. Doch Aruba klebt.

Positiv: Gestern hat die Zahnärztin meinen Zahn repariert. Für unter 200€ habe ich die Untersuchung, ein Röntgenbild und die Reparatur bekommen. Wenn ich da an die Preise in Deutschland denke… Gehen kann ich auch schon wieder. Langsam aber schmerzfrei.

Was ist vor der Abfahrt noch zu tun? Nicht viel. Windsensor reparieren. Segel anschlagen. Vorräte auffüllen. Abfahren.

Der erste Punkt kann fatal sein. Im schlimmsten Fall muss der Mast noch einmal runter. Ärgerlich, langwierig und teuer.

Negativ: In dem Datenkabel ist ein Kurzschluss. Um das Kabel zu ersetzen, muss der Mast noch einmal runter. Das machen wir aber nicht mehr in Aruba.

Wir werden ab sofort die Windstärke über den Ladestrom des Windgenerators ermitteln.

Runter und rauf

Wir schreiben den 1. März, es ist ein Montag. Am späten Vormittag haben wir immer noch keine Nachricht von der Marina Varadero, wo wir den Mast legen wollen. Also planen wir einen Besuch bei den Eseln ein. Ich wechsle einige Textnachrichten mit meiner Lieblingsbusfahrerin Shoraia. Natürlich möchte ich mich von ihr ins Donkey Sanctuary fahren lassen.

Kaum weiß ich ihre nächste Abfahrtszeit gibt mein Telefon wieder einmal das Geräusch einer eingehenden Nachricht von sich. Judith von der Marina Varadero meldet sich und kündigt den Krantermin für 8 Uhr am kommenden Morgen an. Das passt mir überhaupt nicht. Entweder müssen wir um 7 Uhr losfahren, damit wir rechtzeitig dort sind, oder wir fahren heute noch nach Varadero, verbringen die Nacht in der Einöde und sind dafür aber rechtzeitig vor Ort. Schweren Herzens sage ich die Busfahrt ab.

Das war vollkommen blinder Aktionismus. Kurze Zeit später kommt der endgültige Krantermin für 13:30 Uhr. Das gibt uns Zeit für den Besuch bei den Eseln, das Abnehmen des Baums und eine gemütliche Überfahrt am Dienstagmittag. Shoraia dreht mit ihrem Bus noch eine Runde, dann sitzen wir bei ihr und lassen uns kutschieren.

Ein Foto an der Wand. Das bleibt von Sweety.

Sweety ist nicht mehr da. Der süße, plüschige, weiche, verschmuste Sweety fehlt mir. Er lebt jetzt in einem Stall in Holland.

Dafür kommen Swa und Socks von ihrem Dach wieder herunter. Die beiden konnten sich nie mit Sweety arrangieren.

Swa ist wieder auf dem Tresen

Socks hat ein riesiges Streicheldefizit. Eine Stunde lang wechseln Jens und ich uns ab. Wir streicheln den ebenfalls kuschelweichen Kater fachgerecht durch, bis ihm am Ende die Puste ausgeht und er sich schlafen legen muss.

Socks fühlt sich wohl.

Die kleine Tiger wird immer größer. Sie verliert inzwischen ihr Babyfell und die kurzen Haare einer großen Eselin kommen zum Vorschein. Außerdem ist sie total zutraulich geworden. Man kann sie streicheln wie eine Katze.

Tiger

Wir verbringen einen total entspannten Nachmittag bei den Eseln und wissen, dass wir am folgenden Tag tierisch arbeiten müssen. Die Vereinbarung mit der Marina sieht vor, dass wir den Kran zweimal für bis zu vier Stunden haben. Einmal kommt er, um den Mast abzunehmen und einmal, um ihn wieder an Ort und Stelle zu bringen.

Sissi – mal wieder in Varadero

Wir verlassen Oranjestad gegen 11 Uhr und sind nach einer knappen halben Stunde in der Slipanlage in Varadero. Dort darf meine Kreditkarte erst einmal bluten, die Hälfte der veranschlagten Summe ist sofort fällig. Für arubanische Verhältnisse pünktlich kommt der Kran um 13:35 Uhr am Boot an. Der Kranfahrer ist entspannt und macht diesen Job nicht zum ersten Mal.

Der Kran ist aufgebaut

Wenn ich arbeite kann ich nicht fotografieren. Wenn ich fotografiere, arbeite ich nicht. Also gibt es keine Fotos davon, wie wir den Mast abnehmen. Es gibt keine Fotos vom Mast, der am Haken hängt. Warum? Weil ich während der Zeit den Mastfuß in den Händen hatte und Jens das Vorstag getragen hat. Deswegen konnte auch er keine Bilder machen.

Die Umlenkrollen

Nach einer guten halben Stunde liegt der Mast auf dem Boden und der Kranfahrer macht sich daran, seinen Kran wieder abzubauen. Da ich den Kran aber für bis zu vier Stunden bezahlen muss und sich dieser Preis nicht ändert, bitte ich den Fahrer, noch ein paar Minuten bei uns zu bleiben. Wir müssen feststellen, ob sich das Problem in 10 Minuten oder in 10 Tagen beheben lässt. Brauchen wir ein Ersatzteil? Muss ein Ersatzteil womöglich aus Europa eingeflogen werden?

Achse

Es stellt sich jedoch heraus, dass die Achse, auf der die beiden Umlenkrollen sitzen, sich lediglich in ihrer Position verschoben hat. An beiden Enden gehören Sicherungssplinte hinein, von denen einer gebrochen ist. Dadurch konnte sich die Achse verschieben und aus ihrer Position verrutschen. Ich ersetze die beiden Splinte durch kräftigere. Dann bringen wir alles wieder an Ort und Stelle, verschließen die Mastspitze wieder und sind froh, dass der Kran noch da ist.

Der Kranfahrer murmelt irgendwas in seinen nicht vorhandenen Bart, dass es für ihn das erste Mal ist, am selben Tag den Mast zu legen und wieder zu stellen, hat aber noch genug Zeitreserven auf seiner Uhr. Insgesamt brauchen wir dreieinhalb Stunden für den Spaß. Abnehmen, reparieren, stellen. Yess. Das spart uns etwa 800 Dollar.