…wenn du am Morgen mit nassen Füßen aufwachst und schleunigst die Luke über dem Bett schließen musst. Es ist draußen finster und Starkregen fällt über Oranjestad. Das alles entwickelt sich mehr und mehr zu einer Gewittershow, Blitze zucken über den Hafen, ohne merkliche Zeitverzögerung scheppern die Donnerschläge und werden von den Kreuzfahrtschiffen noch reflektiert. Mein Blick fällt auf einen Datenträger, den ich neulich erst aus seiner Schutzhülle befreit habe. Normalerweise liegt die Festplatte eingewickelt in Alufolie in einem Schrank. Leider vergesse ich immer wieder, neue Alufolie zu kaufen. Deswegen liegt sie auf dem Salontisch. Sicherheitshalber kommt sie in den Backofen. Dort ist sie auch in einem faradayschen Käfig. Einige Minuten später lege ich mein Ölzeug an, laufe zu meiner Eselskarre und fahre zu meiner Schicht ins Donkey Sanctuary.
Dort kümmere ich mich um die Fütterung und die Versorgung von Sonic. Anschließend kommt eine Nachricht von Desiree, dass sie aufgrund des Wetters heute nicht mit Besuchern rechnet und ich wieder schließen soll. Nachdem ich das letzte Schloss abgeschlossen habe, kommen die ersten Besucher. Ich verkaufe ihnen noch etwas Futter. Nur Bargeld, die Kreditkartenmaschine ist weggeschlossen. Kein Problem, ich bekomme sogar noch eine Spende von 20 US$.
Der nächste Tag bringt wieder besseres Wetter. Außerdem habe ich mal wieder ein paar Karotten im Gepäck. Ich vergnüge mich damit, den Eseln immer mal wieder eine Karotte zu zeigen, ihrem Gedrängel zuzusehen und dann irgendwann die Karotte an einen dürren Esel zu verfüttern. Die Dürren sind niemals die, die genau vor der Karotte stehen. Die dicken Esel sind auch immer die, die die besten Bettelgesichter machen können. Manche grinsen sogar.
Die klugen Tiere haben gelernt, wie sie die Besucher motivieren können, die Karotten oder Pellets genau vor ihre Nase zu halten. Sie können „süß“ gucken, bewegen dabei die Ohren und drehen ihren Kopf.
An meinem freien Montag komme ich ganz besonders ins Schwitzen. Endlich finde ich die Wasserpumpe und kann einen Austausch durchführen. Ich fluche über die Enge im Maschinenraum. Ich fluche über den Einbauort des Watermakers, der es unmöglich macht, mit zwei Händen an die Arbeit zu gehen.
Nach einer Stunde ist die alte Pumpe mitsamt alter Elektronik entfernt. Ich ändere gleichzeitig die Farbe des Stromkabels von blau/gelbgrün auf rot/schwarz. Manchmal frage ich mich schon, was den Vorbesitzer geritten hat. Er hatte wahrscheinlich keine roten und schwarzen Kabel mehr. Provisorisch verdrahtet nimmt die Pumpe nach drei weiteren Stunden Fummelei ihre Arbeit auf. Noch mit fliegender Verdrahtung, dafür aber erstaunlich geräuscharm.
Ich freue mich sehr über die Pumpe, die ich in Martinique erworben habe. Glücklicherweise. Hier in Aruba kostet die gleiche Pumpenleistung den doppelten Betrag. Bei geschlossener Tür zum Maschinenraum hört man die Pumpe im Salon schon fast nicht mehr. Sie ist so leise, dass mir der tropfende Wasserhahn an der Spüle nicht auffällt. Bei der alten Pumpe konnte man das Anlaufgeräusch nicht überhören, auch die Vibrationen waren im ganzen Boot spürbar.
Ich habe noch ein paar Brötchen für das Abendessen übrig. Die sind aber schon ziemlich weich. Brötchen sind auf Aruba eigentlich schon beim Verkauf weich. Das liegt sicher an der hohen Luftfeuchtigkeit. Also werfe ich den Backofen an, um die Brötchen kross zu backen. Dafür halte ich sie kurz unter den Wasserhahn, lege sie anschließend in den vorgeheizten Backofen.
Es ist okay, wenn du beim Prüfen der Backofentemperatur den Zeiger des Thermometers knapp unter 100°C findest. Zum Glück nutze ich die Taschenlampe, um das Thermometer abzulesen. Dabei fällt mir die Festplatte auf. Ich nehme sie aus dem Ofen, der Kunststoff des Gehäuses hat noch nicht angefangen zu schmoren.
Vier Terabyte passen in dieses kleine Gehäuse, der Datenträger ist zu 75% voll. Es ist echt voll okay, wenn du am nächsten Tag merkst, dass du mit dem Schrecken davongekommen bist. Die inzwischen wieder auf Zimmertemperatur abgekühlte Festplatte hat ihren Inhalt nicht vergessen und arbeitet so langsam wie früher. Heute werde ich Alufolie kaufen.
In Sachen Covid-19 geht es immer weiter in die richtige Richtung. Die vor ein paar Wochen verschärfte Ausgangssperre wird wieder gelockert. Statt ab 22 Uhr gilt sie ab heute wieder von Mitternacht bis fünf Uhr morgens. Die Zahl der Neuinfektionen ist rückläufig, in den letzten Tagen war sie unterhalb von 20. Ebenso die Gesamtzahl der erkrankten Menschen, die ist wieder unterhalb von 500. Ich hoffe die Lockerung kommt nicht zu früh.
Diesen Zettel fand ich am Scheibenwischer meiner Eselskarre. Ein weißer Mitsubishi Lancer mit der (von mir teilweise geschwärzten) Nummer 29xx8. hat den Pickup unten links touchiert und ist davongefahren. Einen Schaden kann ich zuerst gar nicht finden.
Desiree hat entschieden, die Sache nicht weiter zu verfolgen. Es lohne den Aufwand nicht. Der Meinung bin ich auch und treffe beim nächsten Ausparken erst einmal einen Betonpfeiler, der sich unterhalb der Sichtlinie über die Heckklappe versteckt hat. Es ist kein Schaden am Betonpfeiler entstanden. Der neue Kratzer am Auto fällt unter den anderen Kratzern nicht auf. Ich kann ihn jedenfalls nicht finden. Es ist okay.