Statik

Nach einem halben Jahr auf Aruba wollte ich heute an dieser Stelle verkünden, was mir wirklich auf dieser Insel gefällt und was mich ungemein nervt. Statt dessen mache ich erst noch einen kleinen Ausflug ins Donkey Sanctuary. Dort steht seit ein paar Tagen ein Sinnbild dessen, was ich an der Insel liebe und was mir echt auf den Keks geht. Den anderen Beitrag bereite ich vor und werde ihn in naher Zukunft veröffentlichen.

Besucherin füttert die Esel unter dem neuen Dach

Gestern erreichte mich eine Email von Claudia, die auf Lanzarote am selben Steg wie ich lag. Sie ist vom Fach und Stammleserin meines Blogs und hat auch den Beitrag zum Dach bzw die Bilder des Dachs gesehen:

Das Foto zeigt keine Queraussteifung der Konstruktion. Eventuell ist dies auch nicht sichtbar. Das jedoch extrem wichtig um die Konstruktion standsicher zu machen. Hat da ein Statiker drauf geschaut?

Zuerst habe ich mir nichts dabei gedacht. Immerhin wurde der Sonnenschutz von einer Fachfirma gebaut. Die Fahrzeuge und die Arbeitskleidung der Dachdecker waren ganz offensichtlich von einem Dachdeckerbetrieb.

Dann habe ich mir das Dach noch einmal genauer angesehen. Irgendwie sieht die Konstruktion schon komisch aus. Ich suche nun aktiv nach problematischen Stellen:

Die neuen Stützen werden einfach auf die alten Stützen gesteckt und verschraubt.

Die Holzkonstruktion ruht auf neun stählernen Stützpfeilern. Die Stützpfeiler stehen auf Beton und sind unten mit jeweils zwei Schrauben an die ehemaligen Zaunpfähle geschraubt.

Während des Baus kam mir das verdächtig vor. Ich fragte einen der Dachdecker, wie das im Wind halten soll. Das sei kein Problem, man würde dieses Problem über die Dachkonstruktion lösen. Okay, sie haben daran gedacht. Danach machte ich mir gar keine Gedanken mehr und schickte das auch an Claudia. Sie antwortete:

Wenn das Dach als massive Scheibe oder mit Queraussteifung ausgeführt ist, könnte es gehen. Habe es als meine Pflicht gesehen, das anzusprechen. Es werden ja manchmal abenteuerliche Dinge gebaut!

Diese Latte liegt ziemlich hoch. Genau wie die Latten des Dachs. Das ist ein schöner Windfang. So richtig steif sieht es auch nicht aus.

Das Dach

Oben sind die Pfeiler mit jeweils zwei Schrauben an den großen Dachbalken befestigt. Die Schrauben sind ca. fünf Zentimeter lang. Wir finden ständig noch welche auf dem Boden. Die Esel könnten sich ihre Hufe daran verletzen.

Jeweils zwei fünf Zentimeter lange Schrauben halten das Dach fest.

Das untere Ende der Dachpfeiler ist ja bekanntermaßen an die alten Zaunpfähle geschraubt. Ich habe keine Ahnung, wie tief die im Boden verankert sind, vermute aber, dass sie einfach nur im Beton stecken.

Bei mehreren Pfeilern bröselt der Beton

Oben zwei Schrauben, unten zwei. Dazu ziemlich viele Quadratmeter Dachfläche. Wir wissen von unseren Segelbooten, dass der Wind nicht zu unterschätzen ist. Reffen kann man das Dach nicht, also muss es auch größere Windmengen verkraften können. Die Verbindung der neuen Dachkonstruktion mit der vorhandenen sieht auch ziemlich wackelig aus.

Verbindung der neuen mit der alten Dachkonstruktion

Okay. Beim näheren Hinsehen ist die Konstruktion vielleicht wirklich etwas fragil. Danke, Claudia!

Ich habe alle Informationen an Anneke und Jaqueline weitergegeben. Sie sind ebenfalls der Meinung, dass noch nachgebessert werden muss. Leider ist die Kasse leer. Das Baumaterial hat etwa 5000€ gekostet. Ab November soll es wieder viel Wind und Regen geben, bis dahin sollte eine Lösung gefunden sein.

Ich will mich mal ganz mächtig strecken

Sicherlich wird die Lösung kommen, auf Aruba kommt immer irgendeine Lösung irgendwie und irgendwann. Mich nervt manchmal ziemlich, dass die Arbeiten lediglich bis zu einem Fortschritt von 75% oder 80% ausgeführt werden. Die Geschichte mit dem Meisterzwang in Deutschland ist meiner Meinung nach ziemlich vernünftig.

Das sehe ich auch in der Marina an verschiedenen Stellen. Dann enden sie einfach. Mein Nachbar Brian hat sein Boot von innen schleifen und neu lackieren gelassen. Er hat dann noch drei Tage nachgeschliffen und selbst lackiert, denn das Boot soll in den Verkauf gehen und gut aussehen, die arubanischen Qualitätsansprüche sind andere. Bei Johnny ist immer die Sicherung rausgeflogen, weil die Stromsäule einen Defekt hat. Die Säule wurde nicht repariert, Johnny hat eine neue Steckdose an einer anderen Säule bekommen.

Sweety kümmert sich nicht um Statik, liegt aber sicherheitshalber unter einem massiven Stuhl.

Für die meisten Liegeplätze in der Marina wurden Mooringbojen gesetzt. Nur für meinen nicht. Da sollte auch eine hinkommen, nun liegt dort aber meine Ankerkette im Weg. Ich würde die Kette gerne gegen eine Boje tauschen, dann ist das Ein- und Ausfahren viel einfacher. Leider hat sich die Marina nun dafür entschieden, auf meine Abreise zu warten, bis die Arbeiten fortgesetzt werden. Oder so. Die versprochene Boje fehlt jedenfalls noch. Vielleicht ist es auch besser so, meinem Anker und der Kette vertraue ich zu 100%.

Wasseranschluss: Kunsthandwerk oder Handwerkskunst?

Am Schluss dieses Beitrags stelle ich fest, dass ich jetzt doch schon darüber geschrieben habe, was mich auf dieser Insel unglaublich nervt. Also werde ich mich im nächsten Blog auf die positiven Aspekte konzentrieren. Das macht auch viel mehr Spaß.


Nach dem Gespräch über das neue Dach erzählte man mir noch eine Geschichte über das Dach des Heulagers. Bei der Konstruktion hat man vergessen, das Dach mit den Containern zu verbinden. Ein paar Jahre lang hat das niemand gemerkt. Irgendwann schwebte es an einem stark windigen Tag einen halben Meter in der Luft.

Hier lagert das Futter und sonstige Ausrüstung

3 Antworten auf „Statik“

  1. Zum Kunsthandwerk: immerhin gibt es auf Aruba Teflondichtungsband, wobei das gute alte Hanf bei dieser Konstruktion die bessere Wahl gewesen wäre.
    Gruß Klaus

  2. Die Geräusche, die die neue Dachkonstruktion von sich gibt, wenn ein Dutzend Esel bei der Fütterung gegen den Zaun drücken, ist ein wenig beängstigend. Desiree ist jedoch der Meinung, dass das Dach sicher ist, weil es von einer Fachfirma errichtet wurde. Die hätten sicher die nötigen Berechnungen durchgeführt. Ich zweifle. Das Problem ist allerdings, dass kein Geld mehr da ist. Für weitergehende Maßnahmen muss zuerst gesammelt werden.

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