Isolation

Wir sitzen seit Tagen auf dem Boot herum. Es geht uns gut. Keiner von uns hat auch nur irgendwelche Symptome entwickelt. So weit, so gut. Doch bis einschließlich heute müssen wir uns noch auf dem Boot isolieren. Dank guter Verproviantierung für Bonaire haben wir in den letzten Tagen keinen Mangel leiden müssen. Inzwischen gehen uns allerdings die frischen Zutaten langsam aus.

Ausblick aus dem Cockpit. Alles wie immer.

Langweilig wird es uns zum Glück nicht. Eike ist geradezu süchtig nach dem Schachspiel. Wir spielen ein paar Partien, bis uns die Köpfe rauchen. Dann machen wir eine Pause. Ich verbringe Stunden damit, eine leckere Bolognese zu kochen. Eike knetet Teig für das nächste Brot und entscheidet, endlich einmal ein Zwiebelbrot zu backen.

Zwiebeln schneiden. Eike ist bisher nicht für seine Heldentaten in der Küche bekannt. Zwiebeln schneiden hat er innerhalb von 30 Sekunden gelernt. Er zerlegt die Zwiebeln in wunderschöne, kleine Würfel.

Während der Vorteig im Kühlschrank geht, sind die Zwiebeln an der Reihe. Es müssen gar nicht so viele Zwiebeln für ein Zwiebelbrot geschnitten werden. Für 500g Teig genügen zwei mittelgroße Zwiebeln. Die kommen zuerst in die Pfanne und werden schön dunkel geröstet, am Ende mit etwas Zucker karamellisiert. Dann dürfen sie abkühlen. Es riecht im Boot schon sehr lecker.

Röstzwiebel trifft auf Teig

Nach ein paar Stunden (und ein paar Partien Schach) ist der Vorteig ein wenig gegangen und der endgültige Teig wird geknetet. Anschließend kommen die Zwiebeln hinein. Es ist viel Kneten notwendig, um den Geschmack gleichmäßig im Brotteig zu verteilen. Dann darf der Teig wieder gehen.

Der tiefe Schnitt ist notwendig, damit das Brot beim Backen nicht aufreißt.

Der Teig wird zuletzt zu einem Brot geformt und darf bei Raumtemperatur noch eine Stunde gehen. Dann ist es soweit, Eike heizt den Ofen an. Das Brot kommt auf eine mittlere Schiene, damit es unten nicht anbrennt, sondern rundherum eine gleichmäßige Farbe bekommt. Mit zunehmender Backzeit riecht es immer leckerer, unsere Mägen fangen an zu knurren, obwohl wir gerade eine Portion Spaghetti Bolognese zu uns genommen haben.

Fertiges, leckeres Zwiebelbrot. Ich war zu gierig, um das ganze Brot zu fotografieren. Wir haben erst einmal kräftig zugeschlagen.

Während das fertige Brot abkühlt, nehme ich schon einmal die Butter aus dem Kühlschrank. Es gibt für mich kaum etwas Besseres, als ein frisches Zwiebelbrot, das mit Butter bestrichen und leicht gesalzen wird. Lecker. Eike ist bei meinem Butterbrot zunächst skeptisch, dann aber vom Geschmack begeistert. Vor dem Schlafen spielen wir noch ein oder zwei Partien.

Vor dem Schlafen noch eine Runde die Schachfiguren tanzen lassen.

So oder so ähnlich sehen sie aus, unsere Tage in der Isolation. Das ist zum Glück morgen vorbei. Ich werde uns in der Apotheke erst einmal Tests besorgen. Sind diese negativ, werden wir am Tag darauf noch einmal unser Glück mit einem PCR-Test versuchen. Ich hoffe ja, dass der Alptraum dann vorbei ist und wir endlich abreisen können. Edward kann uns das Auto in den kommenden Tagen nicht dauerhaft überlassen. Wir werden es uns mit ihm teilen müssen. Wenn er morgens um 7 Uhr zur Arbeit gehen muss, kommt er vorher bei uns vorbei und sammelt mich auf. Ich fahre dann mit und behalte das Auto, bis Edward wieder Feierabend macht. Das genügt für unsere Zwecke vollkommen.


Brotrezept:

Vorteig:
200g Mehl (Wir nutzen hier das in Aruba erhältliche Allzweck-Weizenmehl)
130 ml Wasser
1/2 Päckchen Hefe

Alles zusammen wird zu einem relativ festen Teig geknetet. Der wandert dann über Nacht in den Kühlschrank.

Endgültiger Teig:
300g Mehl
200 ml Wasser
1/2 Päckchen Hefe
1/2 TL Salz
Ein Schuss Olivenöl
1 TL Zucker

Am nächsten Morgen wird der Vorteig mit den übrigen Zutaten zum endgültigen Teig geknetet. Der darf dann wiederum für einige Stunden in den Kühlschrank. Anschließend wird aus dem Teig das Brot geformt und bei Raumtemperatur eine Stunde gehen gelassen. Der Ofen kann nun für 20 Minuten angeheizt werden. Jetzt bekommt der Teig seinen Einschnitt. Ist der Ofen heiß, wird das Brot etwa 50 Minuten bis zur gewünschten Bräunung gebacken.

Alle Zeitangaben beziehen sich auf unseren Bordbackofen. Für ein Zwiebelbrot werden im endgültigen Teig das Olivenöl und der Zucker weggelassen. Statt dessen werden die fein geschnittenen Zwiebeln im Öl dunkel geröstet und mit Zucker karamellisiert.

Kühler Äppler

Ende Mai bat mich meine Schwester um Soraidas Adresse. Sie wollte mir ein Paket schicken. Es war noch im Monat Mai, als mich von Christine eine Nachricht erreichte. Das Paket sei in Aruba angekommen. Sie hat es im Tracking gesehen. Anschließend passierte gar nichts.

Post aus Deutschland

Vergangenes Wochenende dann spricht mich Soraida an. Sie hat eine Benachrichtigung bekommen, dass ein Paket abzuholen ist. Es liegt im Postamt in Oranjestad, wo ich schon einige kurzweilige Stunden im Wartebereich verbracht habe. Die Post hat nur von Montag bis Freitag geöffnet, also muss ich mich noch ein paar Tage gedulden. Das mache ich doch gerne, schließlich kenne ich den Inhalt des Pakets.

Ferienkätzchen

Ich kann nicht gleich am Montagmorgen zur Post gehen, habe ich doch eine Verabredung mit drei Dutzend spitzohrigen Tieren. Die Katzen und Kätzchen gehen vor. Zuerst gehe ich meinen Aufgaben im Tierheim nach. Nach Füttern und Reinigen kommt normalerweise noch das Streicheln und Schmusen. Das lasse ich diesmal weg, ich will vor der Mittagspause im Postamt sein. Beim nächsten Mal werde ich die süßen Kätzchen wieder ausgiebig streicheln. Der kleine Kerl auf dem Foto ist eigentlich von einer Touristenfamilie adoptiert worden. Angeblich wollten sie ihn mit nach Hause nehmen. Statt dessen haben sie ihn und seinen Bruder am Ende ihres Urlaubs wieder abgegeben. Ich versuche gar nicht, das zu verstehen.

24 Dosen Apfelwein

Mit dem Abholschein in der Hand betrete ich das Postamt. Hier liegt die Betonung definitiv auf dem Wort „Amt“. Vom Sicherheitsmann am Eingang werde ich zum ersten Schalter geschickt. Dort wird meine Identität und die Berechtigung, das Paket abzuholen, akribisch geprüft. Mein Ausweis wird kopiert, Soraidas Führerschein ebenfalls. Den musste ich nämlich auch mitnehmen. Anschließend darf ich zum nächsten Schalter aufrücken. Dort muss ich die Gebühren und den Zoll für das Paket bezahlen. Dann geht es für mich weiter in die Schlange vor dem Schalter drei, an dem ich das Paket schlussendlich in Empfang nehmen darf. Ich verlasse das Postamt fröhlich.

Kühler Apfelwein

Jetzt heißt es wieder warten. Mein Kühlschrank funktioniert gut, er ist aber nicht sehr schnell. Ich lege eine der 24 Dosen direkt unter das Kühlaggregat. Diesmal fällt mir das Warten sehr, sehr leicht, denn aus dem Gedanken an ein Paket Apfelwein wurde echter Apfelwein. Diesen Geschmack gibt es auf Aruba sonst nicht.

Die Abendsonne wirft lange Schattten

Als die Abendsonne beginnt, immer längere Schatten zu werfen, beschließe ich, dass der Apfelwein nun auf Trinktemperatur ist. Unter leisem Zischen öffnet sich die Dose. Das Gerippte bekommt endlich wieder einmal eine standesgemäße Füllung. Andächtig genieße ich den Moment, ich mache eine Aufnahme des goldenen Trankes in der Sonne.

Das zischt wie Apfelwein

Wie unglaublich gut das schmeckt. Der hiesige sogenannte Cider ist im Prinzip Zuckerwasser mit Apfelaroma. Aus dem Apfelwein schmecke ich fast die einzelnen Äpfel heraus. Wenn ich die Augen schließe, kann ich den Main durch Frankfurt fließen sehen. Der Lärm der nebenan startenden Flugzeuge wäre auch in Frankfurt ortstypisch. Viel zu schnell ist die Dose geleert. Auf jeden Fall werde ich mir Dosen für meinen Geburtstag aufheben.

Leer…

Ein fantastisches Sommergetränk. Ich werde beim nächsten Besuch im Superfood noch Sprudelwasser mitbringen. Bei 34°C Außentemperatur kann man auch mal einen Gespritzten probieren. Danke, Christine!!!

Feuerfisch Imbiss

Vor ein paar Wochen stellte mir Klaus in einer Mail die Frage, ob bei uns die Luft raus sei. Klaus kenne ich gar nicht persönlich, wir schreiben uns aber schon seit eineinhalb Jahren regelmäßig. Er ist ein viel erfahrenerer Segler als ich es bin, sitzt aber derzeit in Deutschland fest und sein Boot ist in Holland. Und ich sitze auf meinem Boot, das sich im Moment aber nur ein paar Zentimeter bewegt, soweit es die Leinen eben gestatten.

Gestern war ich wieder bei der Zahnärztin. Der Zahn, den sie vergangene Woche wieder aufgebaut hat, bereitet mir immer noch Schmerzen und siehe da, sie kann mit dem Bohrer noch ein paar Ecken und Kanten der Füllung wegnehme, wo sich der Zahn im Unterkiefer und der im Oberkiefer aneinander gerieben haben. Sie ist zuversichtlich, dass ich in Kürze schmerzfrei bin. Noch kann ich allerdings auf der Seite noch nicht kauen. Apropos kauen. Am vergangenen Samstag sind wir auswärts essen gegangen für einen guten Zweck.

Feuerfisch als Graffito in San Nicolas

In Aruba ist Speerfischen verboten, allerdings gibt es Ausnahmen. Eine Ausnahme ist die Jagd auf den Feuerfisch, der als invasive Art aus Asien in die Karibik kam und hier keine natürlichen Feinde hat. Es wird einiges unternommen, um diesen Räubern beizukommen. Sie fressen nämlich andere Fische und haben keine natürlichen Feinde in der Karibik. Deswegen hat man in Honduras versucht, die Haie an den Geschmack der Feuerfische zu gewöhnen. Richtig erfolgreich war das nicht. Einen weiteren natürlichen Feind haben die Feuerfische außerdem noch in der Karibik, den Menschen. Freiwillige schwimmen mit ihren Speeren los, um die Population in den Gewässern von Aruba wenigstens etwas auszudünnen. Die Beute wird dann an den Lionfish Snack geliefert, der jeden Samstagnachmittag öffnet (bei uns heißt er Feuerfisch, im Englischen ist es der Löwenfisch).

Lionfish Snack Aruba

Dickie und Edward holen uns am frühen Nachmittag ab. Beide kennen den Imbiss nicht, dabei befindet er sich in unmittelbarer Nachbarschaft von Edwards Wohnung bzw. des Arbeitsplatzes seiner Frau. Wie meinte Edward zurecht – man muss sich auch in der eigenen Gegend umsehen und schauen, wenn es neue Geschäfte oder Restaurants gibt. Stimmt!

Informationsplakat

Ein großes Plakat erklärt dem Kunden, warum es für die Natur gut ist, den Feuerfisch zu essen. Ich bestelle mir eine Portion Kibbeling, das sind mit einem Backteig ummantelte, frittierte Filetstücke. Jens bestellt einen Mix aus Kibbeling und Wings, Flügeln. Die sind aus den seitlichen Flossen gemacht und sehen auf dem Teller auch sehr gut aus. Allerdings haben sie Gräten, die Kibbeling-Stücke nicht.

Mischung aus Kibbeling und Wings

Seit ich Holland vor knapp zwei Jahren verlassen habe, konnte ich keinen ordentlichen Kibbeling mehr finden. Zwar verkauft der Fischladen im Superfood hier ebenfalls Kibbeling, doch Jens hat diesen nach einem Test für sehr, sehr schlecht befunden. Es wird ein tiefgefrorenes Industrieprodukt verkauft, dabei gibt es in Aruba so guten Fisch. Das Essen aus dem Lionfish-Snack ist von vorne bis hinten hausgemacht.

Jens und Dickie – einer wartet noch, einer hat schon sein Essen

Neben uns warten noch zwei amerikanische Touristen auf ihr Essen, deswegen dauert alles ein wenig. Auf viel Kundschaft gleichzeitig ist der Imbiss nicht eingestellt. Und nebenbei kommen immer wieder telefonische Bestellungen rein, der Imbiss scheint beliebt zu sein. Als endlich mein Essen auch seinen Weg zu mir findet, ist mir klar warum. Das Fleisch des Feuerfischs hat einen feinen Geschmack, eine schöne Konsistenz und damit ist der Kibbeling einfach nur lecker.

Kibbeling, ich habe zuerst gegessen und dann das Bild gemacht

Nach der Mahlzeit machen wir das, was dem Arubaner die liebste Freizeitbeschäftigung ist. Wir fahren einfach mit dem Auto noch eine Runde über die Insel, besuchen Baby Beach und entspannen uns zu den Reggae-Klängen aus dem Autoradio. Nach einem traumhaft kitschigen Sonnenuntergang lassen wir den Abend am Steg ausklingen.

Das bringt uns alles zwar nicht weiter, es bringt uns der nächsten Insel keinen Meter näher. Aber es tut gut, die tägliche Routine zu durchbrechen, andere Menschen zu treffen und einfach nur Spaß zu haben. Ich empfinde es im Moment gerade sehr schwer, mich selbst zu motivieren. Wir hatten gerade ein schönes Wetterfenster, um in die Ostkaribik weiterzusegeln. Das ist nun geschlossen. In der kommenden Woche gibt es sogar ein zweitägiges Flautenloch, sagt mir mein Wetterorakel. Dann würden wir Diesel verbrennen oder in der karibischen See herum torkeln.

Wettervorhersage

Das bedeutet, dass ich keinerlei Prognose mehr über einen möglichen Abfahrtstermin wage. Wenn ich von einer Weiterfahrt rede, werde ich inzwischen ausgelacht. Die Einheimischen machen mir sogar Angebote für Immobilien, was ich nicht mehr lustig finde. Das Gute im Schlechten ist, dass mein Fußgelenk inzwischen wieder fast normale Maße angenommen hat und ich mich auf dem Vorschiff nicht mehr unsicher fühlen würde.

Brötchenteig

Aruba ist klebrig aber Aruba ist nicht das Ende. Wir werden diese Insel verlassen, das ist sicher. Wann das der Fall sein wird, ist noch nicht endgültig geklärt. Jeder hat Hochs und Tiefs in seinem Leben, ich befinde mich gerade in einem Tief. Deswegen freue ich mich, dass Jens heute versucht, frische Brötchen zu backen. Ich bin auf das Ergebnis gespannt und darauf, ob ich sie auf der linken Seite auch kauen kann.