Schluss mit Kuba

Dies ist der letzte Beitrag zum Thema Kuba. Dann ist Schluss, dann kommen wir wieder nach Aruba.

Der Eingang zu Chinatown in Havanna. Es gibt hier allerdings nur wenige Chinesen in den chinesischen Restaurants.

Sowohl Jens als auch ich waren sicher nicht das letzte Mal in unserem Leben in Kuba. Je nachdem wie aufgebracht die Bevölkerung ist, wird es früher oder später zu Veränderungen geben. Viele Kubaner hoffen auf Joe Biden und dass er das Embargo aufheben wird. Tourismus könnte fürs Erste eine Lösung sein. Die einzigen Produkte, die in Kuba hergestellt werden und auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig sind, sind Zigarren und Rum. Davon alleine wird die Wirtschaft nicht gesunden.

Kirche

Eine (unvollständige) Liste der Dinge, nach denen wir immer wieder gefragt worden sind, weil sie entweder gar nicht zu bekommen oder nur zu irrwitzigen Preisen erhältlich sind:

Glockenturm

– Handys, ob mit oder ohne Tasten, ob mit intaktem oder gesprungenem Display
– alte und gerne auch defekte Laptops
– Zahnpasta, Duschgel, Flüssigseife, Waschmittel, Putzmittel
– Einwegfeuerzeuge, voll oder leer. In Kuba können sie jedes Feuerzeug nachfüllen.
– Speiseöl, Salz und Pfeffer
– T-Shirts

Hühnchendenkmal

Außerdem ist es toll, wenn man ein paar Kleinigkeiten für die vielen Kinder auf der Straße dabei hat. Es geht nicht um Stifte und Papier für die Schule, davon haben sie genug. Mit Kaugummis, Bonbons und Schokoriegeln macht man sich Freunde fürs Leben.

Der Mangel an Feuerzeugen hat sich bei unserem Vermieterpaar in Havanna in krasser Weise gezeigt. Beide sind Raucher. Gekocht wird auf dem Gasherd. Die pragmatische Lösung ist, wenn kein Feuerzeug im Haus ist, dass eine Flamme des Gasherds ununterbrochen brennt, gerne auch mal 24 Stunden am Tag, ob jemand zu Hause ist oder nicht.

Einer der schöneren oldtimer

Kreditkarten funktionieren im ganzen Land gar nicht oder nur selten. Kurz vor unserem Trip nach Havanna ist das Schweizer Segelboot Lupina in die Marina von Santiago gekommen. Am letzten Abend vor unserer Abfahrt fragt mich Skipper Köbi, ob ich ihm bei seinem Problem behilflich sein könne. Ihm ist dass Bargeld ausgegangen. Nach mehreren Telefonaten mit seiner Bank in der Schweiz hat er erfahren, dass die Schweizer Kreditkarten in Kuba gar nicht funktionieren, auch nicht in den Bankfilialen. Die Schweiz hält sich an das Embargo. Deswegen Vorsicht! Ich helfe Köbi mit 1000 Dollar aus und bin mir sicher, dass das Geld auf meinem Konto ist, bevor ich Aruba erreiche. (Nachtrag: So wäre es auch fast gewesen, wenn ich meine eigene IBAN schreiben könnte…)

Gelber Oldtimer

Wir hatten mehrere tausend Dollar in kleinen Scheinen dabei – alle waren 20-Dollar-Scheine, viele davon schon abgegriffen, ein wenig eingerissen oder hatten Spuren von diesen Stiften, mit denen man die Echtheit prüft. Damit fühlten wir uns gut gerüstet. Wir lagen damit nicht ganz falsch aber auch nicht ganz richtig.

Den besten Umtauschkurs gibt es für nigelnagelneue 100-Dollar-Scheine, die noch vollkommen unbenutzt sind. Ich rede hier vom Umtauschkurs auf der Straße, wobei Straße nicht wörtlich zu nehmen ist. Am liebsten habe ich in privaten Wohnungen getauscht, wo man den Deal nicht sehen konnte. Am besten tauscht man bei den Menschen, zu denen man schon eine Beziehung aufgebaut hat. Natürlich muss man über den Umtauschkurs Verhandlungen führen, doch eine einmal getroffene Vereinbarung wird auch penibel eingehalten. Anstelle der Dollar-Scheine funktionieren Euros genauso gut. Doch Vorsicht: Viele neigen zu Vereinfachungen und setzten einen Umtauschkurs von Dollar zu Euro mit 1:1 an.

Alle Bilder in Havanna hat Jens aufgenommen.

Essen im Restaurant

Da es in unserer Herberge kein Frühstück gibt, laufen wir nach dem Aufstehen immer in die Altstadt, wo sich die Restaurants befinden. Dort vermeiden wir die Restaurants an den großen Plätzen, wo sich „Reinholer“ mit einer riesigen Speisekarte auf jeden einzelnen Touristen stürzen. Auf dieser Speisekarte findet sich alles, nur keine Preise. Wir suchen die kleinen Restaurants in den Nebenstraßen, wo uns zumeist eine handgeschriebene Speisekarte mit guten Preisen lockt. Die Mambo Bar können wir empfehlen, genau wie das Teniente del Rei 360. Im Durchschnitt kostet die warme Mahlzeit 150 Pesos. Gerne hätte ich die beiden Plätze verlinkt, leider haben sie keinen Eintrag in Google.

Verkaufsstände auf der Straße

Insbesondere bei gedruckten Speisekarten sollte man nicht vor Hunger sabbernd das Gericht aussuchen, das man am liebsten essen möchte. Es lohnt sich, die Kellnerin oder den Kellner zu fragen, was überhaupt verfügbar ist. Grundsätzlich verfügbar sind Fisch und Hühnchen. Der Fisch ist immer frisch und das Hühnchen lässt sich nicht mit dem bei uns bekannten trockenen, geschmackfreien Fleisch vergleichen. Hühnchen sind in Kuba sehr saftig und lecker.

Gelegentlich verfügbar sind Schweinefleisch, Oktopus, Shrimps und Lobster. In allen Restaurants wird frisch gekocht, dabei kommen keinerlei helfende Pülverchen zum Einsatz – die bei uns so beliebten Conveniance Produkte sind in Kuba einfach nicht verfügbar. Als Beilagem gibt es immer Reis (schwarzer oder weißer Reis), frittierte Bananen bzw. Plantains (Kochbananen) und Gemüse. Wir würden das Gemüse als Salat bezeichnen, denn es besteht (je nach Verfügbarkeit) aus grünem Salat, Tomaten und Gurkenscheiben. Manchmal haben sie auch Süßkartoffeln. Jens mag keine Bananen, doch die frittierten isst er gerne – sie sehen nicht mehr aus wie Bananen, schmecken nicht mehr nach Bananen und haben eine andere Konsistenz.

Tanz auf Stelzen

Was wir in Kuba nie auf den Speisekarten gefunden haben sind Pommes Frites. Ich denke, dass es am Mangel von Speiseöl und am Mangel von Kartoffeln liegt. Speiseöl ist sehr schwer erhältlich. Wir haben einige Flaschen aus den Beständen von Sissi verschenkt. Zum Beispiel hat eine Flasche unseres in Martinique erworbenen Sonnenblumenöls den Silvesterschmaus eines der Marina-Bediensteten erst möglich gemacht. Er hat in seiner Nachtschicht versucht zu angeln, dabei haben wir zusammen auf dem Steg gesessen und uns über Kuba unterhalten. Als er mir erzählte, dass er seit Tagen versucht, Speiseöl für Silvester zu bekommen, bot ich ihm spontan eine Flasche an. Nach unserer Rückkehr aus Havanna durfte ich dann auf seinem Telefon die Bilder des opulenten Mahls (Schwein, Reis, Gemüse) ansehen.

Meiner Meinung nach sind die Frauen in Kuba die schönsten Frauen, die wir in der Karibik gesehen haben. Sie sind schlank und haben wunderschöne Körper. Es gibt auch keine Männer, die ihre fette Plautze vor sich hertragen. Die Menschen sind nicht ausgemergelt und abgemagert, sie sind einfach nur schlank. Das kommt sicher von der gesunden Ernährung.

Open Air Werkstatt für Rikschas

Mit wem man sich auch unterhält, ob in Havanna oder in Santiago, die Menschen in Kuba sind aufgebracht. Der extreme Mangel an allem, die gestiegenen Preise und die Regierung, die nicht das macht, was die Menschen von ihr erwarten. Manch einer spricht von einer weiteren Revolution. Wir haben Email-Adressen mit einigen Kubanern ausgetauscht und werden das Geschehen im Land in der Zukunft verfolgen.

Kuba ist eine große, fruchtbare Insel. Eigentlich könnte die Landwirtschaft genug Produkte hervorbringen, um die Menschen im Land zu ernähren. Der aktuelle Mangel an frischen landwirtschaftlichen Produkten ist zu einem Teil die Folge des extremen Covid-Shutdowns im vergangenen Jahr. Von März bis September ging im ganzen Land gar nichts. Die Menschen durften nicht zur Arbeit gehen, auf den Äckern wurde die Ernte nicht eingebracht und ist verrottet. Wenn es Ernte gab, konnte sie nicht in die Städte transportiert werden, weil Verkehr innerhalb des Landes verboten war. So konnte Kuba mit einer hervorragenden Bilanz aus der ersten Covid-Welle gehen, doch die Bevölkerung muss nun einen hohen Preis zahlen.

Treppe zum Kapitol

Ein anderer Grund für die fehlenden Lebensmittel im Land ist die Tatsache, dass die Regierung einen guten Teil der Produktion ins Ausland verkauft hat, um Devisen in die leeren Kassen zu spülen. Der einfache Kubaner kann sich davon nichts kaufen und sieht nur die leeren Märkte. Das trägt zur Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Regierung bei.

Aktuell steigen die Covid-Zahlen in Kuba wieder, sicherlich eine Folge von Weihnachten und Silvester. An unserem letzten Tag in Havanna wollten wir ein Taxi buchen und aufs Land ins Grüne fahren. In der Nähe sind „Las Terrazas“, berühmte Wasserfälle und eine Badestelle darunter. Unsere Vermieterin hat sich bemüht, einen Taxifahrer zu finden, der uns dorthin fährt. Leider war das Bemühen vergebens. Gleich zwei Fahrer haben unsere schönen grünen Geldscheine abgelehnt, weil die Regierung das Reisen über Provinzgrenzen hinweg untersagt hat.

Friseur auf der Straße

Kuba ist eine sichere Insel. Wir haben nie Angst gehabt, in einer dunklen Ecke überfallen und ausgeraubt zu werden. Straßenkriminalität findet nicht statt. Auch wenn alle wussten, dass wir sprichwörtlich die Taschen voller Dollars haben, war das nie ein Problem. Hätten wir ein Handy verloren, wäre es natürlich nicht im Fundbüro gelandet. Wir mussten aber niemals Angst haben, dass man uns die teure Elektronik aus den Händen reißt. Die halbe Flasche Shampoo, die wir am Abend in der Dusche der Marina haben stehen lassen, war selbstverständlich am nächsten Morgen weg. Wir hatten aber niemals Angst, dass man uns in Boot einsteigen und die ganzen schönen Waren aus unseren Vorratslasten ausräumen würde.

Erste Geige

Genug der Zigarren, der Fahrer unserer Fahrradrikscha fährt uns für 10 Dollar eine Stunde durch die Altstadt. Dabei bemüht er sich immer wieder, uns die Sehenswürdigkeiten zu erklären, gerät dabei aber ganz ordentlich aus der Puste. Als wir ihm sagen, dass er uns nicht so viel erzählen muss, ist er sehr dankbar. Er fährt uns an einige Ecken, zu denen wir wahrscheinlich nicht hingelaufen werden, und möchte am Ende noch ein Selfie mit uns machen. Gerne! Nach der Stunde ist die Cohiba auch abgebrannt, das Timing ist perfekt.

Altstadtgasse

Wir spazieren langsam wieder in unser Quartier. Nach stundenlangem Herumlaufen sind unsere Beine müde und wir wollen uns setzen und ein wenig lesen. Am Vormittag sieht man von unserem Viermieterpärchen nicht viel, dafür sind sie abends beide sehr aktiv und kommen zumeist spät in der Nacht nach Hause. Geigenklänge erfüllen das Haus. Maury hat seine elektrische Geige an eine Lautsprecherbox angeschlossen und spielt Karaoke-Versionen verschiedener Songs ein, zu denen er die erste Geige spielt.

Dieselbe Gasse etwas weiter drinnen

Er möchte wissen, welche Musik wir gerne hören. Mit Heavy Metal kann er nicht viel anfangen, wie die meisten Menschen in Kuba nicht. Mir fällt aber ein Titel ein, den er garantiert nicht kennt und in dem eine Geige die Hauptrolle spielt: „Am Fenster“ von City. Er kennt das Stück wirklich nicht, hört kurz in Youtube hinein und spielt den Geigenpart nach einer halben Minute mit. Das macht den Berufsmusiker aus. Hinterher bedankt er sich dafür, dass ich ihm den Song genannt habe. Ich denke, er wird ihn in sein Repertoire aufnehmen.

Festung mit Leuchtturm – Militär ist da immer noch drin.

Unterhaltungen mit ausschließlich Spanisch sprechenden Menschen sind kompliziert, denn bis auf wenige Grußformeln und Essensbestellungen ist mir die Sprache immer noch fremd. Mir kommen allerhöchstens Worte auf Papiamento in den Sinn, die aber im Spanischen nicht unbedingt einen Sinn ergeben. Also unterhalten wir uns mit Hilfe des Übersetzers von Google. Die Internetverbindung im Gebäude ist – ähm – verbesserungsfähig. Etwa so wie in Deutschland auf dem platten Land. Mal hat das Telefon einen Balken, mal nicht. Das ist aber nicht Schuld von Cubacel, das liegt am hohen Gebäude, in das das Funksignal nur schwer seinen Weg findet.

Prachthotel mit Kugeltaxi

Google kann zwar auch das gesprochene Wort übersetzen, davon machen wir keinen Gebrauch Das Datenvolumen ist streng limitiert, vergleichsweise teuer und muss für Youtube genutzt werden. Wir schreiben auf dem Smartphone des Vermieters. Dabei korrigiert mich die spanische Tastatur immer wieder bei den englischen Eingaben. Übersetzungen zwischen Deutsch und Spanisch spare ich mir gleich, auf einer spanischen Tastatur kann man nicht ordentlich Deutsch schreiben.

Maury beklagt sich darüber, dass die Preise so exorbitant gestiegen sind. Ein Bier würde jetzt 100 Pesos kosten (4 Dollar), das wäre Betrug und die Leute wären zornig auf der Straße. Der Preis für ein Pfund Schweinefleisch mit Schwarte und Knochen sei von 50 Pesos auf 150 Pesos gestiegen. Alle seine Freunde seien zornig auf die Regierung. Auch der Preis für seinen geliebten kubanischen Kaffee hätte sich vervierfacht. Wenn es so weiter gehen würde, müssten sich die Menschen bald gegenseitig aufessen.

Schlange für Brot

Das liegt alles daran, dass der Peso nun irgendwie an den US-Dollar gekoppelt wurde. Es kommt mir ein wenig vor wie vor gut 30 Jahren in Deutschland. Als die D-Mark in die DDR kam und die Preise auch gestiegen sind. Als die Menschen plötzlich zwar Waren kaufen konnten aber kein Geld mehr hatten, diese auch zu bezahlen. Die Löhne in Kuba steigen zwar, die Preise steigen aber schneller. Und freischaffende Künstler wie unser Vermieter sind derzeit ganz ohne Einkommen. Es gibt in Kuba keine Arbeitslosenversicherung wie in Deutschland.

Auch im Restaurant nebenan steigen die Preise, zuallererst die Bierpreise. Der Wirt nimmt jetzt auch 100 Pesos für ein Bier (statt 75 Pesos zuvor). Eigentlich ist es ein günstiger Preis, man bezahlt dort nicht mehr als auf der Straße. Damit kann er keinen Gewinn machen. Absurderweise gibt es die Portion Spaghetti für 75 Pesos, damit ist eine Mahlzeit billiger als ein Getränk. Überhaupt ist das Essen in den Restaurants in Havanna gut und günstig.