Erste Geige

Genug der Zigarren, der Fahrer unserer Fahrradrikscha fährt uns für 10 Dollar eine Stunde durch die Altstadt. Dabei bemüht er sich immer wieder, uns die Sehenswürdigkeiten zu erklären, gerät dabei aber ganz ordentlich aus der Puste. Als wir ihm sagen, dass er uns nicht so viel erzählen muss, ist er sehr dankbar. Er fährt uns an einige Ecken, zu denen wir wahrscheinlich nicht hingelaufen werden, und möchte am Ende noch ein Selfie mit uns machen. Gerne! Nach der Stunde ist die Cohiba auch abgebrannt, das Timing ist perfekt.

Altstadtgasse

Wir spazieren langsam wieder in unser Quartier. Nach stundenlangem Herumlaufen sind unsere Beine müde und wir wollen uns setzen und ein wenig lesen. Am Vormittag sieht man von unserem Viermieterpärchen nicht viel, dafür sind sie abends beide sehr aktiv und kommen zumeist spät in der Nacht nach Hause. Geigenklänge erfüllen das Haus. Maury hat seine elektrische Geige an eine Lautsprecherbox angeschlossen und spielt Karaoke-Versionen verschiedener Songs ein, zu denen er die erste Geige spielt.

Dieselbe Gasse etwas weiter drinnen

Er möchte wissen, welche Musik wir gerne hören. Mit Heavy Metal kann er nicht viel anfangen, wie die meisten Menschen in Kuba nicht. Mir fällt aber ein Titel ein, den er garantiert nicht kennt und in dem eine Geige die Hauptrolle spielt: „Am Fenster“ von City. Er kennt das Stück wirklich nicht, hört kurz in Youtube hinein und spielt den Geigenpart nach einer halben Minute mit. Das macht den Berufsmusiker aus. Hinterher bedankt er sich dafür, dass ich ihm den Song genannt habe. Ich denke, er wird ihn in sein Repertoire aufnehmen.

Festung mit Leuchtturm – Militär ist da immer noch drin.

Unterhaltungen mit ausschließlich Spanisch sprechenden Menschen sind kompliziert, denn bis auf wenige Grußformeln und Essensbestellungen ist mir die Sprache immer noch fremd. Mir kommen allerhöchstens Worte auf Papiamento in den Sinn, die aber im Spanischen nicht unbedingt einen Sinn ergeben. Also unterhalten wir uns mit Hilfe des Übersetzers von Google. Die Internetverbindung im Gebäude ist – ähm – verbesserungsfähig. Etwa so wie in Deutschland auf dem platten Land. Mal hat das Telefon einen Balken, mal nicht. Das ist aber nicht Schuld von Cubacel, das liegt am hohen Gebäude, in das das Funksignal nur schwer seinen Weg findet.

Prachthotel mit Kugeltaxi

Google kann zwar auch das gesprochene Wort übersetzen, davon machen wir keinen Gebrauch Das Datenvolumen ist streng limitiert, vergleichsweise teuer und muss für Youtube genutzt werden. Wir schreiben auf dem Smartphone des Vermieters. Dabei korrigiert mich die spanische Tastatur immer wieder bei den englischen Eingaben. Übersetzungen zwischen Deutsch und Spanisch spare ich mir gleich, auf einer spanischen Tastatur kann man nicht ordentlich Deutsch schreiben.

Maury beklagt sich darüber, dass die Preise so exorbitant gestiegen sind. Ein Bier würde jetzt 100 Pesos kosten (4 Dollar), das wäre Betrug und die Leute wären zornig auf der Straße. Der Preis für ein Pfund Schweinefleisch mit Schwarte und Knochen sei von 50 Pesos auf 150 Pesos gestiegen. Alle seine Freunde seien zornig auf die Regierung. Auch der Preis für seinen geliebten kubanischen Kaffee hätte sich vervierfacht. Wenn es so weiter gehen würde, müssten sich die Menschen bald gegenseitig aufessen.

Schlange für Brot

Das liegt alles daran, dass der Peso nun irgendwie an den US-Dollar gekoppelt wurde. Es kommt mir ein wenig vor wie vor gut 30 Jahren in Deutschland. Als die D-Mark in die DDR kam und die Preise auch gestiegen sind. Als die Menschen plötzlich zwar Waren kaufen konnten aber kein Geld mehr hatten, diese auch zu bezahlen. Die Löhne in Kuba steigen zwar, die Preise steigen aber schneller. Und freischaffende Künstler wie unser Vermieter sind derzeit ganz ohne Einkommen. Es gibt in Kuba keine Arbeitslosenversicherung wie in Deutschland.

Auch im Restaurant nebenan steigen die Preise, zuallererst die Bierpreise. Der Wirt nimmt jetzt auch 100 Pesos für ein Bier (statt 75 Pesos zuvor). Eigentlich ist es ein günstiger Preis, man bezahlt dort nicht mehr als auf der Straße. Damit kann er keinen Gewinn machen. Absurderweise gibt es die Portion Spaghetti für 75 Pesos, damit ist eine Mahlzeit billiger als ein Getränk. Überhaupt ist das Essen in den Restaurants in Havanna gut und günstig.