Willkommen an Bord, Barbara

Heute ist Freitag, der Tag des deutschen Bieres. Deswegen will ich im Superfood ein paar Dosen deutsches Bier einkaufen, doch anscheinend zelebriert man in Aruba diesen Tag ebenfalls. Wo sonst immer deutsches Bier im Regal steht, ist heute alles leergefegt. Das ist schade.

One Happy Art Island

Seit Montag haben wir ein neues Crewmitglied an Bord, Barbara. Barbara und ich kennen uns schon seit Jahrzehnten. Als frisch gebackene SKS-Besitzerin lässt sie sich die Chance nicht entgehen, für uns die Nachtschicht zu übernehmen und dafür zu sorgen, dass wir auf unserer Atlantiküberquerung genug Schlaf bekommen. Als sie am Montag an Bord angekommen ist, fiel sie nach zehn Minuten in tiefen Schlaf. Die Reise von Frankfurt über Amsterdam nach Aruba war anstrengend.

Blühender Divi Divi Baum

Gleich am Dienstag starten wir das Touristenprogramm. Wir fahren mit dem Mietwagen, den wir für eine Woche haben, erst einmal kreuz und quer über die Insel. Dabei passieren wir auf der Straße nach San Nicolas einen blühenden Divi Divi Baum. Die sieht man gar nicht so häufig, die Blüten sehen sehr schön aus.

Die Blüten. Der Baum ist schon fast verblüht

Bis zum Sonntag wird das Besichtigungsprogramm noch weiter gehen. Wir nehmen uns jeden Tag zwei oder drei Programmpunkte vor. Das gibt uns auch die Möglichkeit, den einen oder anderen Programmpunkt zu wiederholen, wenn etwas schief gegangen ist – zum Beispiel mit den Fotos. Das ist eine ganz lustige Geschichte…

Barbara, Jörg und Jens – die neue Crew der Sissi

In Deutschland sind derzeit ja viele Geschäfte geschlossen, auch die Fachgeschäfte, in denen man eine Kamera kaufen könnte. Deswegen ist Barbara nur mit ihrem Telefon ausgerüstet nach Aruba geflogen. Wir haben ihr den Vorschlag gemacht, die Kamera doch hier zu kaufen, schließlich ist jetzt viel Platz in ihrem Gepäck. Sie musste eine ganz ordentliche Menge Ersatzteile nach Aruba tragen. Nach einem kurzen Spaziergang in Oranjestad konnte Barbara ihre neue Kamera erwerben.

Barbara fotografiert Street Art

Was gibt es besseres, um mit der neuen Kamera eine Probefahrt zu unternehmen, als die schönen Bilder, die auf die Wände so vieler Häuser in San Nicolas gemalt worden sind, alle zu fotografieren. Es gibt verschiedene Lichtsituationen, manchmal sind die Blickwinkel nicht so einfach und schließlich die ganz profane Bedienung des neuen Geräts.

Auch als „Engel“

Jetzt kenne ich ihre neue Kamera sehr gut. Irgendwie ist es möglich, bei der Benutzung mit der Nase irgendwelche Kamerafunktionen zu aktivieren und wichtige Einstellungen zur Belichtung zu verändern. Irgendwann stellt Barbara fest, dass viele Aufnahmen überbelichtet sind. Ein paar Minuten später schießt die Kamera dann plötzlich Bilderserien, die sich als Belichtungsreihen entpuppen. Noch ein paar Minuten später finde ich endlich heraus, wie man die Funktion wieder ausschalten kann. Spaßig. Meine zehn Jahre alte Nikon sieht da manchmal ziemlich alt aus. Das Objektiv kann allerdings noch mithalten.

Barbara spaziert an Mangel Halto Beach

Den Ausflug nach San Nicolas beenden wir am Strand von Mangel Halto. Das ist ein sehr schöner Strand, an den sich nur wenige Touristen, dafür um so mehr Einheimische aufhalten. Zum Glück bleibt die Kamera im Auto, denn die Strömung in Mangel Halto ist so stark, dass sie einmal Barbara die Füße wegzieht. Das endet mit sehr nassen Klamotten. Natürlich wird dieser Moment nicht dokumentiert.

Die See tost am natürlichen Pool

Absichtlich gehen wir natürlich auch ins Wasser. Einer meiner Favoriten ist der natürliche Pool an den Ruinen der Goldmine. Wie immer ist die See außerhalb des Pools rau. Und wie immer lässt es sich im Pool gut aushalten.

Hier kann man es aushalten.

Die anderen Besucher verschwinden nach wenigen Minuten. Die meisten haben einfach nicht genug Zeit, weil sie Teil einer geführten Tour sind oder den Mietwagen gleich zurückgeben müssen. Das ermöglicht uns, uns komplett zu entspannen und schöne eineinhalb Stunden zu verbringen. Denn wenn Segler eines haben, dann ist es Zeit.

Nach dem erfrischenden Bad

Der Segler hat Zeit und der Segler hat sie nicht. Meine gemeinsame Zeit mit Soraida geht ihrem vorläufigen Ende entgegen. Das stimmt Soraida traurig und mich macht es ebenfalls nicht fröhlicher. Auf der einen Seite wächst die Aufbruchsstimmung, die Freude auf die Segeltage und darauf, dass wir der Heimat jeden Tag ein wenig näher kommen werden. Andererseits werden wir beide sentimental, wenn wir an die bevorstehende längere Trennung denken. Bis wir uns wiedersehen können, wird bestimmt ein halbes Jahr vergehen.

Von unserem Besuch am Pool hat Jens dieses kleine Video zusammengeschnitten.

Glückliche Menschen auf einer glücklichen Insel

Wie beginne ich diesen Beitrag am besten? Am besten fange ich mit meinen neuen Gewohnheiten an. Nach dem Morgenkaffee gehe ich zumeist an die Bushaltestelle und fahre ein paar Runden mit Soraida mit, bis sie Feierabend macht. Auf jeder Runde kommen wir am Impfzentrum in Santa Cruz vorbei und sehen die langen Schlangen derer, die auf ihre Impfung warten. An der nächstgelegenen Bushaltestelle warten dann fast immer Fahrgäste, die gleich beim Einsteigen stolz erzählen, dass sie ihre Impfung jetzt bekommen haben. Was mir besonders auffällt, dass diese Menschen alle mit einem Lächeln unter ihrer Maske in den Bus einsteigen, dass sie sich besonders fröhlich unterhalten. Manchmal laufen Menschen auch einfach nur am Bus vorbei und zeigen stolz auf das Pflaster an ihrem Oberarm. Inzwischen sind etwa 30 Prozent der hiesigen Bevölkerung geimpft.

Bushaltestelle in Santa Cruz. Der Hund ist nicht geimpft.

Vor knapp zwei Wochen war ich unterwegs auf der Suche nach einem neuen Keilriemen und konnte diesen bei Napa bestellen. Obwohl ich die Zusage hatte, dass die Lieferung bis Ende kommender Woche erfolgt, habe ich noch zusätzlich einen in Deutschland bestellt, den Barbara mitbringen wird. Ich bin schon zu lange in Aruba, als dass ich auf Terminzusagen hier auch nur einen Euro wetten würde. Es ist Freitag und damit ist es das Ende der Woche, als ich mit Soraida an Napa vorbeifahre. Vor der Tür steht tatsächlich ein Lieferwagen mit Teilen, ich gehe rein und frage nach. Sie müssen die Lieferung noch überprüfen und rufen mich an, wenn meine beiden Keilriemen mitgekommen sind.

Der Lieferwagen steht vor der Tür. Ist der Keilriemen mit dabei?

Ich bin schnell wieder auf der Straße und nach wenigen Minuten sammelt mich Soraida wieder ein. Die Spannung steigt. Gewinnt Deutschland oder Aruba? Der Liefertermin für den Keilriemen aus Deutschland ist Montag, 17:30 Uhr, wenn KLM aus Amsterdam landet.

Während ich eine weitere Runde im Bus mitfahre, bringt sich auf dem Parkplatz ein Gabelstapler in Position und lädt den Lieferwagen ab.

Die Lieferung wird abgeladen.

Soraida macht Feierabend. Ich spaziere noch ein wenig die Main Street entlang, dann schlendere ich zum Boot. Kaum habe ich Jens den Stand der Dinge mitgeteilt, klingelt mein Aruba-Telefon. Napa ist am Apparat. Die beiden bestellten Keilriemen seien in der Lieferung drin gewesen. Nach kurzem Nachdenken spaziere ich zur Bushaltestelle und lasse mich zu Napa fahren. Jetzt sind die Dinger da, jetzt kann ich einen davon auch einbauen.

Der neue Keilriemen. Hergestellt in Mexiko.

Ich gehöre jetzt auch zu den glücklichen Menschen in Aruba. Zwar habe ich keine Impfung bekommen, dafür aber ein wichtiges Ersatzteil. Ich stehe an der Bushaltestelle und starre ein wenig in den Himmel. Es fühlt sich für mich unwirklich an, dass ich nach so langer Zeit Aruba für eine ganze Weile verlassen werde. Alles hier fühlt sich so vertraut an, derweil ist Frankfurt sehr weit von mir entfernt. Segeln, einige Wochen auf dem Wasser verbringen, auch das fühlt sich fremd an. Es wird hoffentlich nicht lange dauern, bis ich mich daran wieder gewöhnt haben werde. Wie wird es sich anfühlen, Aruba weit entfernt im Kielwasser zu haben?

Strommast karibischen Typs

Der neue Keilriemen ist jedenfalls nach wenigen Minuten eingebaut. Nach dem Motorstart sieht es viel besser aus, es sieht so aus wie es aussehen muss. Mir fällt noch eine kleine Undichtigkeit im äußeren Kühlwasserkreislauf auf, also ziehe ich alle Schlauchschellen noch einmal nach. Dann ist auch diese Undichtigkeit beseitigt und der Motor ist bereit für die Rückfahrt.

Die Zeit läuft schneller und schneller

Alles ist relativ im Leben. Noch vor wenigen Wochen habe ich darüber lamentiert, dass uns verschiedene Defekte in Aruba festhalten, dass uns die Einreisebestimmungen anderer Länder an der Weiterreise hindern und dass die Zeit lang wird. In weniger als einer Woche wird Barbara hier eintreffen und die Crew ist komplett. Wir haben einen Mietwagen für eine Woche, werden Barbara Aruba zeigen, einen Großeinkauf machen und die Segel setzen. Das fällt mir schwerer denn je.

Ein seltener Anblick. Eines Morgens sind alle Fischerboote unterwegs. Der komplette Steg ist leer. Die Wetterlage verspricht einen guten Fang.

Regelmäßigen Lesern dieses Blogs wird aufgefallen sein, dass die Zahl der Beiträge drastisch gesunken ist. Das ist nur zu einem kleinen Teil darauf zurückzuführen, dass sich hier kaum Neuigkeiten ereignen, zum größeren Teil liegt es daran, dass die Neuigkeiten nicht für das Blog geeignet sind.

Spielende Kinder in der Mainstreet in Oranjestad

Am Dienstag nach Ostern mache ich mich auf den Weg, einen neuen Keilriemen zu besorgen. Soraida kennt alle Autoteile-Läden und fährt mich von einem zum nächsten. Leider genügt das nicht. Ich war ja sehr froh, als ich beim Kauf von Sissi den Mercedes-Automotor mitgekauft habe. Das Modell wurde auf der ganzen Welt millionenfach verkauft. So hatte ich die Hoffnung, dass ich auch überall auf der Welt Ersatzteile für diesen Motor bekommen kann, es gibt schließlich auf unserem Planeten viel mehr Autos als Boote.

Morgenster

Der erste Stopp ist bei Morgenster. Der Laden ist übrigens nach seiner Adresse benannt, denn die Straße an der er liegt heißt ebenfalls Morgenster. Ich habe den alten Keilriemen mit, der Angestellte schaut in seinem Computer und verschwindet dann im Lager. Ich bin optimistisch. Nach einer halben Ewigkeit kommt der junge Mann wieder zurück und meint, dass er eigentlich einen haben müsste, den aber nicht finden konnte. Okay, so gibt es die Dinger wohl in Aruba. Auf zum nächsten Laden, gleich gegenüber auf der anderen Straßenseite.

Unlimited AutoPartsCenter

Dieses Geschäft wird wie so viele andere auch von Chinesen betrieben. Hier gibt es keinen Computer. Der Chef ruft seine Frau und zeigt ihr den Keilriemen. Sie weiß sofort, dass sie dieses Modell nicht hat. Es dauert keine zwei Minuten. Ich warte auf Soraida, die mich nach wenigen Minuten wieder aufsammelt.

jR Autocenter

Im jR Autocenter benutzt der Angestellte auch keinen Computer. Er notiert sich die Nummer auf dem Keilriemen und misst ihn sicherheitshalber noch einmal nach. Das fängt doch schon einmal gut an, es kommt nicht gleich ein bedauerndes „nein“. Dennoch ist die Wartezeit bis zum „nein“ recht kurz. Soraida sammelt mich wieder ein und setzt mich gleich beim nächsten Laden wieder ab.

NAPA Auto & Truck Parts

Bei NAPA kann ich den Keilriemen wenigstens bestellen. Er soll bis zum Ende der kommenden Woche kommen.

Zur Sicherheit bitte ich Barbara, noch einen in Deutschland zu besorgen. Der gute alte Mercedes 190 hat es nicht in einer so großen Stückzahl nach Aruba geschafft, dass jetzt noch eine nennenswerte Anzahl auf der Insel wäre. Aruba ist geprägt von japanischen Autos, Europäer sind die große Ausnahme. Wenn die Niederlande eine Automobilindustrie hätten, wäre es wohl anders, doch die Autotransporter, die hier regelmäßig ihre Waren entladen, haben zumeist die japanische Flagge im Wind wehen. Keilriemen für Volvo Penta oder Yanmar Motoren gibt es übrigens bei Budget Marine in großer Auswahl.

Ziegen in der Mitte der Schnellstraße

So habe ich in den letzten Tagen und Wochen viel Zeit im Bus verbracht und konnte das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden. Unterwegs gibt es manchmal kuriose Anblicke, wie diese Gruppe Ziegen, die einen Kreisverkehr überquert haben und nun auf der Schnellstraße laufen.

Vorbereitung eines Trauerzuges

Oder diese Beerdigung: Hier sammeln sich die Mitglieder des Drag Clubs, haben ihre Rennautos auf Anhängern mitgebracht, um einem ihrer Clubmitglieder die letzte Ehre zu erweisen. Das geht nicht ohne eine gewisse Geräuschentwicklung vor sich, denn die Motoren der Drag-Racer sind in Betrieb und werden immer mal wieder hochgedreht.

Flor de Oriente

Bei Jens und mir hat sich ein kleines Ritual eingebürgert. Etwa einmal in der Woche gehen wir in das Flor de Oriente, ein holländisches Restaurant in Oranjestad. Dort wird sehr lecker aus frischen Zutaten gekocht und es gibt nicht nur das übliche Fast-Food, das sonst auf Aruba sehr verbreitet ist. Der Geschmack der Speisen ist hier mehr an den europäischen Geschmack als an den amerikanischen Geschmack ausgerichtet.

Restaurantkaterchen im Flor de Oriente

Außerdem können wir im Flor immer mal wieder die niedlichen kleinen Kätzchen streicheln. Sie sind noch sehr jung, dafür haben sie ein superweiches Fell. Wenn sie sich nicht gerade von einem umfallenden Stuhl erschrecken lassen, kann man sie sogar auf den Schoß nehmen und streicheln. Manchmal kommt es auch zu einer Begegnung der besonderen Art.

Scientologen von der Freewinds

Die Freewinds war schon des öfteren Thema des Blogs. Bei unserem letzten Besuch im Flor kommen plötzlich diese drei Gestalten die Straße entlang gelaufen. Innerlich denke ich, dass mich das gerade sehr nervt. Wenn ich die sonst bei ihrer „Arbeit“ sehe, desinfizieren sie zumeist die Tische in den Restaurants, dann gehen sie zum nächsten Restaurant weiter. Ich will nicht, dass sie unseren Tisch desinfizieren, ich bin am essen. Doch so weit kommt es nicht. Die drei stellen sich mit Laser-Entfernungsmessern auf und vermessen mal eben die Terrasse des Restaurants. Die Besitzerin schaut dabei zu. Sie wurde nicht um Erlaubnis gefragt, sie unterbindet das Treiben aber auch nicht. Der Abstand der Tische zueinander wird ebenfalls vermessen. Rein technisch ist das hier kein Problem, denn die Tische stehen noch weiter auseinander, als von den Regeln gefordert. Es fühlt sich aber komisch an.

Abendessen – frisch gekocht und vakumiert

Um mit Soraida einmal ein gemeinsames ungestörtes Wochenende verbringen zu können, habe ich über einen Esel-Bekannten ein Apartment bekommen können. Das Abendessen bereite ich an Bord vor und verpacke es so, dass es nur noch im Wasserbad aufgewärmt werden muss. Ich besorge uns eine Tarnkappe, denn der Bus ist auf der Insel bekannt wie ein bunter Hund.

Tarnkappe.

Mit diesem kleinen, unauffälligen Mietwagen können wir uns unerkannt in Aruba bewegen. Für Soraida fühlt sich der Beifahrersitz etwas ungewohnt an. Doch die entgegenkommenden Busfahrer reagieren nicht auf ihre Grüße, die sie anscheinend vollautomatisch versendet. Wir sind unsichtbar.

Es wird ein wunderschönes Wochenende. Es ist toll, ein Wochenende mit einem Menschen zu verbringen, den man liebt.

Sandpiste bei Spanish Lagoon

Ich bin also zu meinem Vergnügen unterwegs. Und was macht Jens in dieser Zeit? Er fühlt sich wohl. Und er kümmert sich darum, dass unser Cockpit wieder einen schönen neuen Anstrich bekommt. Ansonsten fährt er mit den Bordfahrrad über die ganze Insel oder schnürt seine Laufschuhe für abendliche körperliche Ertüchtigung.

Vier Schichten Farbe und vier Schichten Lack sollten für längere Zeit genug sein. Der letzte Anstrich hat nur zwei Jahre gehalten und bestand aus zwei Schichten Farbe und zwei Schichten Lack.

Frisch gestrichen – der Cockpitfußboden. Danke Jens.

In der letzten Nacht habe ich nicht gut geschlafen. Ein dickes amerikanisches Fischerboot hat am Nachmittag tausende Liter Diesel getankt und dann die ganze Nacht mit laufendem Motor neben uns geparkt. Die Klimaanlage muss laufen. Ich mag das nicht.

Rücksichtslose Nachbarn