Igor ist krank

Igor

Nach der Fütterung der Esel sehen Peter und ich einen Esel, der am Boden liegt und sich gar nicht für das Essen interessiert. Nach einem Mohrrüben-Schnelltest konnten wir sicher sein, dass es dem Esel nicht gut geht. Wenn ein Esel eine Mohrrübe nicht essen möchte, ist er garantiert krank. Esel lieben Karotten.

Normalerweise ist es schwer, einen Esel einzufangen. Wenn man mit einem Halfter oder einem Seil in der Hand auf den Esel zugeht, wird er sofort die Flucht ergreifen. Dieser Esel war ganz schnell eingefangen und in einem eigenen Stall separiert.

Igor ist krank. Er isst nichts.

Peter nimmt den Scanner und liest den Chip aus, damit wir wissen, mit welchem Esel wir es hier zu tun haben. Sein Name ist Igor.

Wir sind uns einig, dass wir den Tierarzt rufen müssen. Das können wir nicht mehr selbst handhaben. Selbst die proteinreichen Würfel, die die Esel in Wasser eingeweicht bekommen und über alles lieben, hat Igor verschmäht.

Ein gesunder Esel würde diesen Eimer sofort leer fressen.

Der Name wird auf den Esel gesprüht, damit er eindeutig markiert ist. Das ist wichtig, damit man ihn immer gut erkennen kann – falls er Medikamente erhält und damit jeder ihn erkennen kann. Im Donkey Sanctuary gibt es ein Buch, in dem jede Sonderbehandlung von Eseln aufgeschrieben wird. Steht dann dort beispielsweise, dass Igor jeden Tag ein Antibiotikum bekommen muss, muss ich Igor erkennen können.

Er hat auch keinen Durst

Während der Wartezeit auf den Tierarzt schauen wir alle paar Minuten nach unserem Sorgenkind. Inzwischen liegt Igor wieder auf dem Boden und sieht irgendwie ziemlich schlecht aus.

So ein Elend.

Gegen Mittag erscheint der Tierarzt. Igor wehrt sich kaum gegen die Behandlung. Das ist kein gutes Zeichen. Besondere Geräusche im Eselinneren gab es nicht zu hören. Der Tierarzt nimmt Blut ab.

Blut abnehmen bei einem Esel

Zuletzt gibt es noch eine Infusion für Igor. Anschließend sieht er sogar wieder ein wenig besser aus und frisst eine Karotte. Das freut uns.

Leider geht es Igor am folgenden Tag kaum besser, er verschmäht sein Frühstück. Esel sind einfach unglaubliche Fressmaschinen, die immer weiter essen, wenn noch Futter da ist. Das ist weiterhin ein schlechtes Zeichen. Der Tierarzt muss wieder kommen, diesmal habe ich Feierabend und sehe ihn nicht.

Infusion für einen Esel.

Bei fast allen meinen Besuchen im Donkey Sanctuary habe ich Karotten dabei. Dabei handelt es sich praktisch um die Lieblingsspeise der Esel. Wenn ich mit einer Karotte in der Hand zur Fütterung bereit stehe, drängeln sich vor meinen Augen in Sekundenschnelle ein Dutzend Esel, die alle versuchen, die Karotte für sich alleine zu haben. Sie stoßen sich gegenseitig, einige treten ihre Nahrungskonkurrenten.

Verrückt nach Mohrrüben

Ich frage bei dem chinesischen Supermarkt, bei dem ich Stammkunde bin, immer nach den Karotten, die sie nicht mehr verkaufen können. Die sehen dann nicht mehr so schön aus wie diese hier, dafür kosten sie nichts und die Esel stören sich nicht an ein paar Flecken.

Da normalerweise in Aruba alles mit Geld zu bezahlen ist, dachte ich nicht daran, dass der Chinese mir die Möhren gar schenken würde. Er meinte aber zu mir, dass er die Esel toll findet und sie auf diese Weise gerne unterstützt. Wow.

Wir wollen diese Möhre. Sofort!

Am Dienstag gehe ich wieder zu Igor und habe sicher wieder eine Möhre für ihn im Gepäck.

Ein schöner Tag

Johnny hat sich ein Auto gemietet, einen Jeep mit Allradantrieb. Damit fahren wir seit Montag über die Insel, ich darf den Fremdenführer spielen. Mit an Bord sind Jo und Stewart, die seit ein paar Tagen mit ihrem Segelboot Patronus vor Oranjestad ankern.

Für heute ist ein Badetag im natürlichen Pool Conchi angesagt. Dort war ich zuletzt vor ein paar Monaten zusammen mit Edward und Shelley. Ich kann mich noch an den Weg erinnern, den wir zusammen gefahren und gegangen sind, also dirigiere ich Johnny zu der Pferdefarm mit dem Parkplatz.

Von dort aus wandern wir gemütlich eine Dreiviertelstunde am Ufer entlang und genießen die Landschaften, die sich auf dieser Strecke dreimal grundlegend ändern. Es beginnt mit der Überquerung eines Gebirgszugs, die in einer steppenartigen Umgebung endet.

Autowrack in der Steppe

Nicht einmal einen halben Kilometer später laufen wir dann durch tiefen Sand. Mit Schuhen ist es unangenehm, ohne Schuhe unerträglich. Entweder läuft man auf dem Sand in seinen Schuhen oder barfuß im glühend heißen Sand.

Glühend heißer Sand

Freudig legen wir die letzten Meter nach dem Sandstrand mit Blick auf den Felsen „Klein Aruba“ zurück, denn gleich nach der nächsten Felszunge wartet auf uns die Belohnung. Ein Bad im natürlichen Pool. Die See ist rau, das verspricht großen Badespaß. Die Sonne glüht auch schon sehr, sehr heiß. Eine Abkühlung tut Not.

50 Meter vor dem Eingang zum natürlichen Pool baut sich plötzlich ein Park Ranger vor uns auf. Wir hätten am Haupteingang keine Eintrittkarte gekauft und müssten deswegen zurück laufen. Ärgerlich. Und doch logisch. Mein letzter Besuch war im Mai. Damals war der Nationalpark noch geschlossen, also konnte uns auch keiner eine Eintrittskarte verkaufen. Die Park Ranger waren zu Hause. Heute arbeiten sie.

Auf dem Rückweg zum Auto sind wir 15 Minuten schneller. Wir wollen endlich ins Wasser. Wir kaufen Eintrittskarten und essen Sandwiches, bevor Johnny den Jeep auf die offizielle Straße nach Conchi lenkt.

Johnny lenkt

Die Strecke, die wir nun zu Conchi zurücklegen müssen, ist als Piste für Allradfahrzeuge ausgewiesen. Es liegen einige dicke Brocken herum, die meiste Zeit ist sie aber gut zu fahren. Je mehr Bodenfreiheit das Auto hat, desto besser ist es. Johnny hat den Ehrgeiz, es auf jeden Fall bis zum Parkplatz zu schaffen. Wir sind genug gewandert für heute.

Gegenverkehr – ein Kleinbus mit Allradantrieb

Insgesamt ist im Park nicht viel los. Zwischendurch kommt uns ein Kleinbus entgegen, der mit Allradantrieb die Besucher vom Besucherzentrum zum Pool bringt. Bei der Begegnung sehen wir, dass die beiden Passagiere ordentlich durchgeschüttelt werden. Johnny fährt lieber langsam. Das ist schonend für Menschen und Material, meine Bandscheiben danken es ihm.

Ziel in Sicht

Nach einer schier endlos langen Fahrt durch Staub und über Steine kommt endlich der natürliche Pool in Sicht. Wir freuen uns alle auf die Erfrischung.

Die raue See tut was sie kann, immer wieder brechen sich die Wellen an den Felsen, die den Pool bilden. Das Wasser spritzt im hohen Bogen über uns Badende.

Welle bricht am Felsen

Wir lernen ein junges amerikanisches Paar kennen. Beide haben gerade die Universität abgeschlossen und machen eine Woche Urlaub auf Aruba. Es entwickelt sich ein langes Gespräch, als wir erwähnen, dass wir seit Wochen bzw. Monaten mit unseren Segelbooten auf Aruba festsitzen. (Das geschieht eigentlich immer, wenn man im Gespräch mit Nichtseglern das Boot erwähnt.)

Als eine große Gruppe Touristen mit unzähligen Strandbuggys auftaucht entscheiden wir, gemeinsam nach San Nicolas zu fahren und den Street-Art Spaziergang zu machen.

Street Art in San Nicolas

Rechtzeitig vor Sonnenuntergang schaffen wir noch die farbenfrohe Runde. Wir beenden den Abend mit ein paar Bier und kleinen Snacks. Auf dem Weg zurück nach Oranjestad sind wir alle vier glücklich über den gelungenen Tag. Auch die Wanderung entlang der Küste wurde von allen als wunderschön gelobt.

Covid-19 Roller

Regelmäßig steht dieser Motorroller vor dem Parlamentsgebäude. Ich nehme ihn heute als Symbolbild, da die Bierflaschen und das Kakaogetränk inzwischen zu oft zu sehen waren.

Entsetzt stelle ich gerade fest, dass ich seit sechs Tagen keinen Blog mehr veröffentlicht habe. Das liegt natürlich daran, dass ich im Augenblick viel unterwegs bin. Vor sechs Tagen waren wir bei 279 aktiven Covid-19 Fällen. Gestern Nachmittag waren wir bei 679 Fällen. Während ich diese Zeilen schreibe, ist die 700er Marke wohl längst geknackt. Die ersten fünf Kranken wurden ins Krankenhaus eingeliefert. So sieht es im Augenblick aus.

Nicht nur deswegen genießen wir die Zeit, die wir uns so schön wie möglich gestalten.

Update: Wir sind heute bei 776 Fällen gelandet. Der nächste Tote ist zu beklagen.

Explosiv

Aruba befindet sich nun in einem Lernprozess. Die Zahl der Covid-19 Fälle ist so hoch, wie sie während der ersten Welle niemals war. Im Juni war die Insel ohne Fälle. Am 10. Juli gab es schon wieder vier Fälle, die ersten frischen Touristen aus den USA konnten einreisen.

Irgendwann in den letzten Wochen ist nach meinen Informationen ein Barkeeper aus dem Urlaub in den Niederlanden zurückgekommen. Er wurde bei seiner Einreise getestet und war negativ. Also ging er wieder zur Arbeit. Blöderweise war er jedoch trotzdem positiv. Ein großer Teil der Infektionen soll auf diese Bar zurückzuführen sein.

Am 3. August waren wir noch bei 12 Fällen, die ersten fünf Fälle wurden bekannt, in denen sich die Menschen hier auf Aruba angesteckt haben. Am 4. August stieg die Zahl auf 17, die Regierung verkündete die ersten Verschärfungen. Am 5. August wurden 39 neue Fälle bekannt. Am 6. August kamen weitere 92 Fälle hinzu. Heute dann 133. Die Gesamtzahl liegt damit bei 279 aktiven Fällen. Das explodiert hier bedauerlicherweise gerade etwas.

Busfahrer mit Maske und Scheibe

Am weitreichendsten ist die Pflicht, in öffentlichen Verkehrsmitteln Maske zu tragen. Damit habe ich an und für sich kein Problem. Allerdings hält manch ein Busfahrer gar nicht mehr an, wenn der Fahrgast ohne Maske an der Haltestelle wartet. Das geht mir auf den Keks, draußen kann schließlich nichts passieren. Dann wäre da noch die Sache mit dem Knoblauch… Man ist dem eigenen Atem des Todes schon ziemlich ausgeliefert.

Seit einigen Tagen warte ich angespannt auf ein Paket aus der Heimat. Jens hat es vor knapp zwei Wochen in den Niederlanden zur Post gebracht.

Man beachte die Schreibweise des „S“ in FAST. Das ist Programm.

Am späten Vormittag erreicht mich ein Bündel von Nachrichten auf Whatsapp, die alle von einer mir unbekannten Rufnummer aus Aruba kommen.

„Ho“
„Hi“
„My name is luis from UPS“
„Can i hafe your name?“
„Are you the owner of Yacht Sissi?“

„My name is Jörg and I am the owner of Sissi.“

„Hi sir“
„My name is Luis from UPD“
„Ups“
„Are you in Aruba?“

„Yes I am. I hope you have a parcel for me.“

„Correct i have a transit shipment for you, but we connot delivered, customer must to picked up at Cargo Building due that the shipment is in Transit.“
„Our location is…“
„You will not pay duties“
„But our handling is“
„48.86 USD“

Das Paket liegt schon hinter Sissi am Steg

Ich bitte Charly, mich zum Flughafen zu fahren. Dort befindet sich die Niederlassung von UPS. Später bekomme ich ein schlechtes Gewissen. Mit Gesichtsmaske stehe ich im Büro und darf erst einmal knapp zehn Minuten warten, bis Luis ein Telefongespräch mit seiner Freundin beendet hat. So viel Zeit muss immer sein.

Dann legt er sich aber sofort für mich ins Zeug. Als erstes kassiert er die Gebühren. Ich zahle mit Bargeld in der Hoffnung, den Prozess vielleicht ein klein wenig beschleunigen zu können. Das Gegenteil ist der Fall – Luis findet keine 1.14 USD. Ein Kollege im Hinterzimmer kann aber wechseln. Ich darf ein paar Papiere unterschreiben, andere Zettel werden lautstark gestempelt. Dann erklärt mir Luis, dass diese Papiere nun zum Zoll müssen.

Er verschwindet für eine knappe Viertelstunde, dann sind zu dem Papierstapel noch weitere Zettel dazugekommen. Dann erklärt mir Luis, dass er nun das Paket holen geht. Schon nach 20 Minuten ist er wieder da. Ich muss die Papiere und das Paket nun zum Zoll nach Oranjestad fahren. Bzw. Charly muss mich dorthin fahren, wir sind inzwischen schon eine knappe Stunde für die Abholung des Pakets unterwegs.

Äppler an Bord

Der Hafen in Oranjestad ist weitestgehend verwaist. Trotzdem findet Charly keinen Parkplatz, Parken ist dort nicht vorgesehen. Da ich nicht weiß, wo der Zoll ist, lasse ich das Paket im Auto. Es fährt mit Charly zur Tankstelle. Zwar liegt ein Kreuzfahrer an der Pier, es ist jedoch nur ein Teil der Crew an Bord. Ich frage den Pförtner, wo sich der Zoll befindet. Der zeigt auf das benachbarte Gebäude. Dort befindet sich eine Art Käfig, in den ich gehe und an einem winzigen Fenster anklopfe.

Das Fenster öffnet sich einen Spalt und ich werde nach meinem Anliegen gefragt. Nun hätte ich das Paket präsentieren müssen. Der Zöllner gibt sich jedoch mit den Papieren zufrieden und sagt, dass er mir glaubt, ich würde das Paket an Bord bringen. Klar! Selbstverständlich!

Der teuerste Apfelwein meines Lebens

Noch nie in meinem Leben habe ich einen Apfelwein getrunken, der pro Glas sechs Euro kostet. Jeder Schluck ein Euro. Und er schmeckt richtig, richtig gut. Danke!