Hafen ohne Kino

Es gibt Tage, an denen ich im Hafen bzw. im Ort bleibe. Man kann nicht jeden Tag mit dem Bus irgendwo hinfahren. Ich kann es jedenfalls nicht. Ab und an mache ich dann einen Spaziergang durch den Hafen und schaue mir an, was es hier zu sehen gibt. Mal ist das Wetter schön, mal ist das Wetter schlecht. Manchmal ist es laut, manchmal ist es leise.

Seenotkreuzer beim Motorentest

Die Bilder in diesem Beitrag sind an verschiedenen Tagen aufgenommen worden, ich bringe sie in einen einzigen Blog. So zum Beispiel den Motorentest des Seenotkreuzers. Der weckt mich am Morgen mit einem lauten Piepen (Öldruckwarnung) auf, dann starten die Motoren. Dann riecht es im gesamten Hafen nach Dieselruß. Irgendwas ist mit den Motoren, der Mechaniker startet sie, lässt sie laufen und stoppt sie wieder. Der Kaffee schmeckt ein wenig nach Ruß. Hoffentlich gerät jetzt draußen keiner in Seenot. Nebenan der leere Platz gehört dem Polizeiboot. Der eine oder andere Segler hat hier schon am späten Abend festgemacht. Am folgenden Morgen habe ich dann immer das Polizeiboot wieder an seinem Platz gesehen. Eine unruhige Nacht für den jeweiligen Segler.

Zweirichtungs-Katamaran

Dieser Katamaran ist offenbar schon länger an diesem Steg festgemacht. Ich habe diese Bauart vorher noch nicht gesehen, es könnte ein Eigenbau sein. Auf jeden Fall sieht er aus, als könne er vorwärts wie rückwärts gleich schnell fahren. Dazu müsste er nur den Baum auf die andere Seite drehen können.

Peter Cafe Sport
Souvenirshop in Ponta Delgada

Da wäre dann noch Peter. In Horta hat er eine ganze Straße, hier gibt es noch einen Souvenirladen, der zum Peter-Konzern gehört. Auf Terceira war er nicht, dort kommen vermutlich nicht genug Segler und andere Touristen durch. Jedenfalls habe ich in Terceira keinen gesehen. Verkauft werden die gleichen Souvenirs zu den gleichen stolzen Preisen. Wenn man ein Souvenir beim berühmten Peter gekauft hat, ist es das sicher auch wert.

Die Samai ist jetzt auch in Ponta Delgada

Seit ein paar Tagen ist die Samai auch hier eingetroffen. Gemeinsam mit Michael habe ich schon über den zu erwartenden Wind geflucht. Wahrscheinlich fluchen alle Skipper jeden Tag, wenn sie die neue Wettervorhersage herunterladen. Für die nächsten 10 Tage ist kein Wind in Sicht, der uns irgendwie nach Europa helfen würde. Weder nach Portugal oder Spanien, noch nach Frankreich oder Irland kann man segeln. Entweder kommt der Wind genau von vorne, oder der Wind schläft komplett ein. Beides sind keine Optionen. Deswegen ist auch heute schon klar, dass Jens mich hier verlassen wird. Er wird nämlich bald von seinem Arbeitgeber am Schreibtisch zurück erwartet.

Blick über die alte Marina und auf das Hinterland

Lässt man die Augen in die Ferne schweifen, ohne dass sie an den hässlichen Betonburgen direkt vor dem Hafen hängenbleiben, lässt sich wieder die Schönheit der Azoren erahnen. Besonders dann, wenn die Sonne scheint. Da es in Ponta Delgada keinen Strand gibt, stürmen dann Touristen und Einheimische das Schwimmbad. Einmal gibt es das Schwimmbad im ausgedienten Hafenbecken, dann gibt es noch ein Schwimmbad mit Süßwasser direkt daneben.

Schwimmbäder. Vor der Glasabtrennung das Salzwasser, dahinter das Süßwasserschwimmbad

Wenn sich der Tag dann dem Ende zuneigt, füllen sich die Restaurants am Hafen. Insbesondere bei den amerikanischen Touristen ist das Restaurant gegenüber von unserem Liegeplatz sehr beliebt. Ich persönlich möchte da nicht essen gehen, auch wenn der Laden hochgelobt worden ist. Bei dem wenigen Wind füllt sich das Hafenbecken mit dem Geruch alten Fetts aus der Fritteuse.

baia dos anjos

Es ist schwer, hier einen Platz zu bekommen. Jennifer, die hier mit der EMA angekommen ist, ist dort Stammkundin und der Wirt macht immer einen Tisch für sie frei. Sie hat uns angeboten, sie zu begleiten. Das wollte ich aber nicht, der Fettgeruch wird durch die größere Nähe nicht besser. Zwei gefiederten Stammkunden scheint das jedoch nichts auszumachen.

Anderswo ist es eine Katze oder ein Hund, hier watschelt ein Entenpaar um die Tische

Das Entenpaar lässt sich jeden Tag im Restaurant beobachten. Die Gäste sind offenbar angetan von den beiden Vögeln. Zumindest springen sie nicht auf die Tische, um direkt vom Teller zu essen. In so manchem Hafenort machen das die Möwen wie eine Plage.

Flaute

Wenn das Wasser wie Öl zwischen den Booten liegt, herrscht Flaute. Ein Azorenhoch befindet sich ein paar hundert Kilometer nördlich von uns und bewegt sich nicht von der Stelle. In Deutschland und Westeuropa sorgt es für schönes Wetter und hohe Temperaturen über einen langen Zeitraum. Hier sorgt es für Flaute über einen genauso langen Zeitraum. Das Hoch bewegt sich nicht von der Stelle, mal wandert es fünfzig Meilen nach Westen, mal wandert es wieder nach Osten zurück. Mal ist es mehr rund, mal erscheint es länglich auf der Wetterkarte. Doch es ist und bleibt ein Azorenhoch. Das nervt.

Uferpromenade in der Flaute

Doch das Leben könnte schlimmer sein. Wir sind gesund, befinden uns an einem schönen Ort und die Preise hier sind auch okay. Die Preise sind sehr okay, wenn man wie wir aus der Karibik kommt. Ein großes Bier kostet 2€, dafür bekommt man in der Karibik nicht einmal ein kleines Bier. Ein Essen im Restaurant mit Vorspeise, Hauptgericht und Getränken kostet zwischen 35€ und 45€ – für zwei Personen. Dafür bekommt man in Aruba nicht einmal ein Hauptgericht. Und der Einkauf im Supermarkt für zwei bis drei Tage ist selten teurer als 20€. Für den Diesel bezahlen wir lediglich 1,75€. Das Leben ist doch schön hier.

Für uns ist alles sehr günstig. Für die Einheimischen nicht. Beim Friseur habe ich gelernt, dass der Mindestlohn im Monat bei 600€ liegt. Das ist in etwa auch der Mindestlohn in Aruba, doch dort kann man sich noch weniger davon kaufen.

24 Stunden und 7 Tage in der Woche Hamburger aus der Mikrowelle kaufen können.

Selbst wenn man morgens um 3 Uhr noch Hunger hat, könnte man an den Hamburger-Automaten gehen und ein fettiges Brötchen mit Fleischklops ziehen. Diese Art Automat würde ich eher nach Holland verorten, er scheint sich hier aber auch zu rechnen. Wobei ich noch nie einen Menschen gesehen habe, der dort etwas kauft. Die Hauptgeschäftszeit beginnt wohl erst, wenn schon alle anderen Etablissements geschlossen haben. Dann bin ich aber auf dem Boot und liege im Bett.

Borealis in Ponta Delgada

Seit Aruba habe ich keinen Kreuzfahrer mehr gesehen. Hier ist am 1. Juli wieder einmal einer angekommen. Ein leeres Kreuzfahrtschiff. Schiffe in dieser Größenordnung sind mir lange nicht begegnet – außer auf dem offenen Ozean. Dort stören sie mich nicht so sehr wie hier. Der Koloss von knapp 300 Metern Länge verdrängt mehr Wasser als alle Segelboote, die in der Marina liegen. Wahrscheinlich kann man noch die kleinen Inselfrachter dazu nehmen und kommt nicht auf dieselbe Tonnage wie dieser eine Brummer. Ich möchte mir nicht vorstellen, wie es im Ort aussieht, wenn der seine Menschenfracht über die Insel ergießt. Nein, Kreuzfahrtschiffe braucht kein Mensch.

Relax

Auch Katzen brauchen diese Dinger nicht. Diese wunderschöne und sehr gesprächige Katze lebt seit drei Jahren in Ponta Delgada auf einem australischen Segelboot. Das Ehepaar ist mit drei Katzen und einem Hund hier geblieben. Die beiden sagen, dass das Wetter hier viel angenehmer sei als in Australien. Alles sei viel billiger, sie würden beide nicht mehr zurück wollen. Den Katzen jedenfalls geht es gut.

Regenklamotten

Meine Regenklamotten sind durch. Insbesondere die Regenhose nutzt mir nicht mehr viel. Wenn ich mich ins regennasse Cockpit setze, habe ich sofort einen nassen Hintern. Das ist unangenehm. Die Segel-Regenkleidung war teuer und darf nach über 10 Jahren auch durchaus kaputt gehen, der Zeitpunkt ist unangenehm. Also bin ich auf der Suche nach etwas Neuem. Eigentlich hatte ich darauf gehofft, in Horta entsprechende Kleidung zu finden. Dort habe ich lediglich einen Shop mit Musto-Segelbekleidung gesehen. Das ist sozusagen der Rolls Royce unter den Marken und entsprechend bepreist. In Terceira habe ich mich nicht einmal auf die Suche gemacht, denn dort kommen nicht so viele Segelboote durch. Also mache ich mich in der größten Stadt der Azoren auf die Suche, in Ponta Delgada.

Minibus steht abfahrbereit am Hafen

Ponta Delgada ist an einen steilen Hang gebaut. Wenn man sich zu Fuß fortbewegt, weiß man nach ein bis zwei Stunden, was man getan hat. Zum Glück gibt es die Minibusse, deren vier Linien praktisch das gesamte Stadtgebiet abdecken.

Vier Minibus-Linien fahren durch Ponta Delgada

Leider gibt es keinen Fahrplan an den Haltestellen. Lediglich die Linien werden ausgehängt und die Fahrpreise. Der „Fahrplan“ sagt lediglich, dass die Busse von Montag bis Freitag zwischen 7:30 Uhr und 19:30 Uhr fahren. Wie oft sie fahren, darüber schweigt er sich aus. In Praia auf Terceira fährt der Minibus stündlich, manchmal fährt er auch gar nicht. Deswegen sind meine Erwartungen zu Anfang nicht besonders groß. Die Fahrpreise sind günstig, eine Einzelfahrkarte kostet 50 Cent.

Minibus Tarif

Ich finde heraus, dass es einen Decathlon in Ponta Delgada gibt. Hier erhoffe ich mir, günstige Segelkleidung zu finden. Normalerweise haben sie eine Eigenmarke im Programm, die lange nicht so teuer ist wie Musto. Zum Decathlon komme ich mit der grünen Linie. Vorher installiere ich mir noch die PDL Minibus-App auf meinem Telefon. Ich bin erstaunt. Der Standort der Busse wird in Echtzeit in der App angezeigt. Außerdem sagt mir die Software, wie lang der nächste Bus noch zu meiner Haltestelle brauchen wird. Das ist gar nicht so schlecht, das würde ich mir in Frankfurt auch öfter mal wünschen.

Die Standorte der Minibusse in Echtzeit. Die Busse sind jeweils in ihrer Linienfarbe dargestellt
Die grüne Linie mit allen Haltestellen und den beiden Bussen.
Fahrzeit bis zu der jeweiligen Haltestelle. Alles sehr praktisch.

Ich steige also in den nächsten Bus ein und drücke dem Busfahrer meine 50 Cent in die Hand. Dann geht die wilde Reise los. Nach wenigen Minuten bin ich schon am Ziel und stehe vor dem Sportgeschäft, dessen Gebäude mit EU-Mitteln kofinanziert wurde. Ich staune und kann es nicht glauben, wofür die EU manchmal Steuergelder ausgibt. Als ob ein europaweit agierender Konzern nicht selbst seinen Laden finanzieren könnte. Dann gibt es nicht einmal gescheite Klamotten zu kaufen. Die Segelkleidung ist in etwa das, was man auf den Azoren brauchen kann, wenn man bei einigermaßen schönem Wetter von Insel zu Insel fährt. So ist es eben, wenn man in einen Laden für die Anwohner geht. Die guten Sachen bestellen die im Internet.

Bushaltestelle der grünen Linie

Ich bin schnell wieder an der Bushaltestelle. Die App zeigt mir, dass der nächste Bus in drei Minuten kommen wird. Das ist auch so, die Echtzeit-Daten lügen nicht. Im Anflug auf die Haltestelle ist einer der vollelektrischen Minibusse.

Vollelektrisch und voller Fahrgäste

Leider hat dieser Bus gefühlt nur etwa fünf Sitzplätze. Irgendwo im Inneren mussten auch die Batterien Platz finden. Ich muss stehen, die Sitzplätze sind selbstverständlich alle belegt. Dafür hat dieses Fahrzeug den Antritt eines Formel-1 Wagens. Elektrofahrzeuge können aus dem Stand heraus mit unglaublicher Kraft beschleunigen. Ich muss mich an die Haltestangen klammern, der Busfahrer reizt sein Fahrzeug komplett aus. Nach drei Stationen habe ich genug, der Bus ist am Supermarkt angekommen.

Elektrischer Minibus noch einmal in seiner ganzen Pracht

Ich nutze die Gelegenheit, um unsere Bordvorräte wieder etwas aufzustocken. Dann fahre ich mit einem konventionellen Dieselbus zu Sissi zurück. So weit, so gut. Nur Regenkleidung habe ich noch nicht bekommen können. Eine Internetrecherche ergibt, dass im Nachbarort ein Händler für Berufsbekleidung sitzt. Das Angebot sieht gut aus, er hat auch die wasserdichte Kleidung, die von Berufsfischern benutzt wird. Also nehme ich am nächsten Tag den Bus zu diesem Ladengeschäft. Leider hat die Kleidung für Fischer drei Wochen Lieferzeit, doch ich finde andere Regenkleidung im Sortiment. Für 25€ bekomme ich eine garantiert wasserdichte Hose und Jacke. Sehr schön, Mission erfüllt. Beim nächsten Regentag sitze ich nicht mit nassem Hintern im Cockpit.

Segeln nach Sao Miguel

Die Wettervorhersage ist einigermaßen günstig, noch weht der Wind. So entscheiden wir, dass es an der Zeit ist, Terceira zu verlassen und zu unserem letzten Stopp auf den Azoren zu fahren, der Insel Sao Miguel. Auf den Azoren gibt es nur zwei Möglichkeiten, das Boot ein- bzw. auszuklarieren. Die eine Möglichkeit ist in Horta, das kennen wir schon. Die andere Möglichkeit ist in Ponta Delgada auf Sao Miguel. Zwischendurch muss man sich zwar ebenfalls auf den Inseln an- bzw. abmelden, international geht es jedoch nur an den beiden genannten Orten. Am Abreisetag machen wir noch einen kleinen Spaziergang zum Supermarkt. Dann kocht Jens uns vor der Abreise noch eine leckere Carbonara. Die Strecke ist nur 90 Meilen kurz und wir wollen nicht vor Sonnenaufgang ankommen. Anschließend lichten wir den Anker und es geht los.

Wir verlassen Praia da Vitoria

Der Wind weht recht ordentlich, wir können gleich nach der Hafenausfahrt Segel setzen. Unten im Salon klappern wie üblich die Gegenstände, die wir vor der Abfahrt nicht ordentlich verstaut haben. Es ist irgendwie immer dasselbe. Kaum liegt man eine Woche vor Anker oder im Hafen, schon verteilen sich die Dinge über das ganze Boot. Nach und nach bringen die Sissi in den Segelmodus. Der Motor ist aus, der elektrische Autopilot wird durch die Windfahne ersetzt. Ruhe stellt sich ein. Entspannung auch. Wie die großen Kreuzfahrtschiffe, von denen dieses Jahr kein einziges die Azoren anlaufen wird, fahren wir über Nacht und sind am nächsten Morgen an einem neuen Ort.

Sissi ist jetzt im Segelmodus

Das üppige Abendessen macht uns ein wenig Müde. Jens meint, er müsse früh zu Bett gehen, denn er hat schließlich die zweite Wache ab 3 Uhr morgens. Ich bleibe alleine im Cockpit zurück und genieße das ruhige Segeln. Viel Wind haben wir nicht, doch es reicht immerhin für vier bis fünf Knoten Fahrt. Nach einer Stunde zeigt sich die Sonne noch einmal am Horizont. Wir fahren nicht in den Sonnenuntergang, wir fahren in die Nacht und lassen den Sonnenuntergang im Kielwasser.

Terceira wird immer kleiner und verschwindet nach und nach im Dunst

Nach drei Stunden nimmt die Geschwindigkeit von Sissi mehr und mehr ab. Wir laufen nur noch mit drei Knoten vor dem Wind. Die starken Wind der vergangenen Tage und ein riesiges Tiefdruckgebiet hunderte von Meilen nördlich von uns bringen jedoch eine heftige Dünung, die Sissi brutal schaukeln lässt. Wieder und wieder knallt die Genua und verteilt heftige Schläge in das Rigg und das ganze Boot. Ich versuche, ein wenig anzuluven. So haben wir bei schlechterem Kurs etwas mehr von dem immer weiter abflauenden Wind. Auch das können wir nicht lange durchhalten, bei den Schlägen im Rigg wird es mir Angst und Bange. Die Belastung ist durch diese Schläge höher, als wenn der Wind konstant mit Windstärke sieben blasen würde. Es hilft nichts, seglerisch ist hier nichts mehr zu machen. Auch eine neue Wettervorhersage verspricht nichts Gutes. Der Wind aus dem Tank muss her. Ich starte den Mercedes und berge die Segel. So viel zum Segeln nach Sao Miguel, in der ganzen Nacht soll der Wind nicht wieder kommen.


Begeistern kann mich wieder einmal das portugiesische Mobilfunknetz. In der ganzen Nacht haben wir lediglich für drei Stunden keine Netzabdeckung. Selbst 30 Meilen vor Terceira kann ich noch ruckelfrei YouTube schauen. Bei der Wachablösung meint Jens, dass er kein Auge zugetan hat. Das geht mir ähnlich, die Dünung lässt mich in meiner Koje hin und her rutschen. Am Ende siegt aber die Müdigkeit, ein paar Stunden Schlaf werden es doch.

Morgens um 10 Uhr vor Sao Miguel

Im Wellenschatten der Insel legt Jens sich noch einmal für ein paar Stunden aufs Ohr. Inzwischen ist sogar wieder eine leichte Brise da, doch die würde vielleicht für drei Knoten Fahrt ausreichen. Jetzt kommt es auf zwei Stunden mit dem Motor nicht mehr an. Man kann sich an das Gebrumme auch gewöhnen. Es ist stark bewölkt, doch einmal erwische ich ein paar Sonnenstrahlen, die die grüne Insel schön beleuchten. Der Morgenkaffee ist der pure Genuss und außerdem eine Notwendigkeit.

Sonnenschein beim Morgenkaffee

Im Funk ist einiges los, auf dem AIS kann ich zwei portugiesische Kriegsschiffe und einen Seenotrettungskreuzer beobachten. Die Spuren, die sie hinter sich ziehen, deuten auf Seenotrettungsübungen hin. Besonders nett finde ich, dass der Kapitän eines der Kriegsschiffe einen Segler anfunkt. Er weist ihn darauf hin, dass er gleich eine 180° Drehung machen wird, damit der Segler aus der Gefahrenzone heraus bleiben kann. Ob der Segler alles wirklich versteht? Ein Englisch sprechender Portugiese funkt mit einem Franzosen. Der Franzose macht jedenfalls eine 180° Drehung, doch die geht in den Wind und dient wohl eher dem Setzen der Segel.

Ankunft in Ponta Delgada

Bei unserer Ankunft sind die Übungen schon vorbei. Das passt mir gut, denn pünktlich für unser Anlegemanöver frischt der Wind mächtig auf. Gemeinsam mit uns fährt noch eine französische Segeljacht in den Hafen ein. Ich greife zum Funkgerät und versuche, mit der Marina zu sprechen. Eine Antwort erhalte ich nicht. Die habe ich auch nicht erwartet, das Hafenhandbuch hat es vorher schon so versprochen. „Versuche auf Kanal 9 die Marina zu rufen, die wird aber normalerweise nicht antworten. Die meisten Skipper suchen sich dann einen Platz im Hafen und melden sich an, wenn es ihnen passt.“

Ein Kriegsschiff hat nach Ende der Übungen wieder festgemacht.

Eines der beiden Kriegsschiffe liegt schon an der Mauer, das andere lässt gerade seinen Anker fallen. Wir fahren gemütlich daran vorbei, um in der als sehr geräumig beschriebenen Marina einen Platz zu finden. Und auf den ersten Blick sehen wir, dass noch sehr viele freie Plätze vorhanden sind. Es gibt zwei Marinas in Ponta Delgada, in der einen liegen die ganzen Einheimischen mit ihren Booten, die andere benutzen vor allem Durchreisende wie wird.

Marina der langen Wege. Hier ist meine Wanderung zur Einwanderungsbehörde grün dargestellt.

Wir finden schnell einen schönen Platz, auch der Franzose liegt gleich neben uns. Während Jens noch einmal Kaffee kocht und ich mein Anlegerbier genieße, geht der französische Skipper schon einmal mit den Papieren los. Er kommt die nächste Stunde nicht wieder. Dann schnappe ich mir unsere Bootspapiere und mache mich auf den langen Weg. Zuerst einmal zum Marinabüro. Die Dame dort ist sehr freundlich, besteht auf Vorkasse und gibt mir die Zugangskarte für den Steg und die Duschen. Während sie unsere Daten in den Computer eingibt, kann ich sehen, warum das mit dem Funk so eine Sache ist. Auf dem Schreibtisch steht ein Handfunkgerät. Das ist ausgeschaltet. Sie händigt mir die Karte mitsamt Wegbeschreibung zum Zoll und zur Immigration aus.

Beim Zoll frage ich nach dem Check-In. Der mürrische Beamte meint, ich müsse zuerst ins Marinabüro. Auf meinen Einwurf, dass ich gerade von dort komme, schickt er mich mit einer Handbewegung zur Immigration. Dann zieht er den Vorhang vor seinem Büro zu und schließt die Tür. Hilfe, ein Kunde droht mit Arbeit. Die Einwanderungsbehörde ist gleich nebenan, die Pässe werden gescannt und mir wird ein schöner Aufenthalt gewünscht. Sehr freundlich.

Moschusente im Betonambiente

Auf dem Rückweg begegnet mir noch diese Moschusente unter einer Betonbank. Insgesamt ist die Hafenfront sehr betonlastig. Wenn es hier schöne Ecken gibt, werden wir sie nicht direkt am Wasser finden. Zum Abendessen gehen wir in eines der Marinarestaurants. So groß ist die Auswahl nicht, die meisten haben noch geschlossen. Wir sind früh dran.

Calamares in einem der Marinarestaurants. Sehr leckere Panade, definitiv hausgemacht. Dennoch insgesamt ein ziemlich langweiliges Abendessen. Aber es macht satt und ist gar nicht so teuer.

Ich habe Calamares und Oktopus. Beides ist definitiv hausgemacht und gut zubereitet, kann aber nicht mit den Gerichten aus Terceira mithalten. Es ist eben nur ein Marinarestaurant und kein Laden, in den auch Einheimische gehen würden. Auf dem Rückweg mache ich noch ein Foto von Sissi an ihrem neuen Liegeplatz. Der Abend wird kurz. Die Nacht um so länger. Wir schlafen beide hervorragend.

Sissi in Ponta Delgada. Ein ruhiger Liegeplatz. Die erste Nacht seit Guadeloupe, in der wir nicht durch und durch geschaukelt werden. Wir schlafen gut.