Ankern

Wir liegen in Portimao vor Anker. Kaum zu glauben. Wir sind knapp zweieinhalbtausend Meilen gesegelt und haben unseren Anker sich bislang nicht in den Grund eingraben gelassen. Dabei ist Ankern die Königsdisziplin der Langfahrtsegler. Vor Anker wird die Bordkasse geschont, Ankern ist immer kostenlos. Die Marina kostet Geld.

Ankerlieger in Portimao

Ankern kann man an den schönsten Orten der Welt, die Marinas sehen überall irgendwie gleich aus. Das ist etwa so wie der Unterschied zwischen „wild campen“ und einem Campingplatz.

Vor Anker liegt man ruhig. Die Ankerkette dämpft das Rucken des Schiffs im Schwell wunderbar. Liegt man bei Schwell im Hafen, knarzen und quietschen die Festmacher erbärmlich. Oft ruckt das Schiff heftig in die Leinen ein. In der Marina ist es manchmal unkomfortabel.

Ankert man, hat man es ruhig. Keine Nachbarn am Steg, die die Nacht zum Tag machen. Keine Touristen, die gaffend die Stege entlang laufen und in das Cockpit glotzen.

Warum wir bisher nicht geankert haben? Weil man dann das Dinghi aufblasen muss, um an Land zu kommen. Weil am Ankerplatz keine warme Dusche ist. Weil wir lange keinen Motor für unser Dinghi hatten. Weil es bequemer ist, zu Fuß zum Restaurant zu spazieren. Weil… Wir haben es halt nicht gemacht.

Ankerkette

Vorgestern war also ein großer Moment. Klackernd lief die Kette über die Ankerwinsch, der Anker klatschte ins Wasser. Dann haben wir ihn ordentlich eingefahren. Er hat im ersten Versucht auf perfektem Ankergrund gehalten.

Gestern hatten wir am Ankerplatz ordentlich Wind, der Windgenerator hat 15 Ampere geliefert, was er etwa ab fünf Beaufort tut. Der Anker hat gehalten.

Jetzt hat sich der Wind gedreht, unser Anker hält immer noch bombenfest. So gefällt mir das. Jetzt endlich können wir uns Langfahrtsegler nennen. Nur das Problem mit der Dusche konnten wir noch nicht abschließend zur Zufriedenheit lösen. Entweder nutzen wir die Borddusche von Sissi, die nur kaltes Wasser liefert. Oder wir nehmen das Dinghi uns fahren in die Marina rüber. Dort verkaufen sie uns sicher eine warme Dusche.

Kleine Kachelkunde

Zugegebenermaßen habe ich noch nie vom Studienfach „Kachelkunde“ gehört, in Portugal konnte ich jedoch umfangreiche Studien über portugiesische Kachelkunst am Bau und die gemeine portugiesische Kachelfassade beginnen. Über dieses Thema könnte ich jetzt ein Buch schreiben. Wahrscheinlich würde jeder Leser über der Lektüre einschlafen, deswegen stelle ich mir lieber vor, wie es wäre, das eigene Haus mit einer portugiesischen Fassade auszustatten.

Schmuckkacheln

Zunächst einmal muss ich mir klar darüber werden, ob ich einen künstlerisch wertvollen Schmuckkachelstreifen an der Fassade möchte oder gar das ganze Haus mit solchem Kachelschmuck verziere. Solche Kacheln sieht man auf großen Flächen nur an Kirchenmauern. An Privathäusern hält es der Portugiese lieber dezenter.

Klassisches Muster

Vielleicht mache ich die Fassade mit einfachen Schmuckkacheln. Keine Motive, dafür aber eine schöne, abwaschbare Front zur Straße. Die weißen Kacheln sind an der Südseite des Gebäudes super, dann werden die Räume im Sommer nicht so warm. Und es gibt eine große Auswahl im Baumarkt.

Klassisches Muster

Nach längerem Betrachten ist mir das Muster zu unruhig. Ich schaue mir lieber noch ein paar andere Muster an, die das Auge weniger stressen.

Modernes Muster

Bei dieser Wand habe ich zuerst gedacht, sie wäre nicht ordentlich gekachelt. Hier kann sich der Anfänger ausleben und viel Eigenleistung bringen. Das Ergebnis wirkt dann aber auch so, als hätte der dreijährige Sohn des Nachbarn mitgeholfen.

Auch in anderen Farben erhältlich

In Deutschland würde ich nicht unbedingt nur weiße Kacheln empfehlen. Wenn wir das mit dem Klimaschutz einigermaßen hinbekommen, gehen vielleicht auch dunklere Farben. Nur das Rot ist mir zu intensiv.

Dezenter

Die dezenteren Farben und Formen sind aus der Ferne oft nicht mehr als gekachelte Fassade zu erkennen. Sicherlich gut für deutsche Baubehörden, doch der portugiesische Stil kommt meiner Meinung nach bei den dezenteren Kacheln nicht mehr so durch.

Außen an der Fassade und innen gehen diese hier auch im Bad

Mein Haus würde aussehen wie ein auf links gedrehtes Schwimmbad, wenn ich diese Kacheln in größerer Stückzahl an die Außenwände bringen.

Letztendlich habe ich mich am Ende für meinen Topfavoriten entschieden, eine grüne, gemusterte Kachel. Hiermit würde ich mein Haus kacheln, am besten ein Haus mit vielen Bäumen im Garten.

Favoritenkachel

Jetzt dürft ihr keinen Schreck bekommen, aus der Nähe betrachtet mag es grauenvoll aussehen. Ich kann mir aber vorstellen, wie das aussieht, wenn das ganze Haus damit gekachelt ist. Mir gefällt es.

Grün gekacheltes Haus

Der Kerl mit der Gitarre war zwar nicht schlecht, der darf aber in Lagos bleiben. Alle diese Kacheln habe ich in Lagos fotografiert, der Ort ist jedoch repräsentativ für Portugal.

Ende der kleinen Kachelkunde.

Sie sind unterwegs!

Heute sind Daphe und Gentoo in Richtung Madeira bzw. den Kanaren gestartet. Wir wünschen euch eine gute Reise und feinen Wind aus der richtigen Richtung. Die Windvorhersage sieht gut aus, wir würden dieses Wetterfenster wohl auch nutzen, wenn wir so in Eile wären. Als Teilnehmer der ARC müssen sie zur rechten Zeit in Las Palmas sein.

Leerer Liegeplatz

Damit sind wir mal wieder eines der langsamsten Boote. Die Fairytale ist uns davon gefahren und auf dem Weg ins Mittelmeer. Also werden wir Karma wahrscheinlich nicht mehr sehen. Die Milena Bonatti ist schon auf Gran Canaria. Wo sich die Tonic und die Cosa aufhalten, wissen wir nicht.

Wir sind nicht zum Ankern rausgefahren, weil heute die Roede Orm nach Lagos in die Marina kommt. Wir fahren morgen und freuen uns auf das Wiedersehen heute Abend.

Inzwischen frage ich mich nicht mehr, ob wir zu langsam sind. Wir sind genau so schnell, wie wir sein sollen und wollen. Wir fahren mit dem richtigen Tempo. Wir fahren mit unserer Geschwindigkeit und werden die Boote wieder treffen, die nicht ins Mittelmeer abgebogen sind. So viel ist sicher. Wir wissen nur noch nicht, wo und wann das sein wird.