Französisch ist in meinen Ohren eine wunderschöne Sprache. Im Alltag gestaltet es sich aber oft unmöglich, sie in ihrer vollen Pracht zu nutzen. Der Tag wäre vorbei, bevor man zu Ende gelesen oder gesprochen hätte. Während die deutsche Sprache so kreative Wortschöpfungen wie „Schienenersatzverkehr“ kennt, sagt der Franzose in derselben Situation „die Busse, die die Züge ersetzen“. Bei uns wird kombiniert, hier wird beschrieben. Okay, das ist der eine Teil der Geschichte.
Der andere Teil der Geschichte ist der Abkürzungsfimmel. Die französischen Worte für „bitte“ sind „s’il vous plaît“, praktisch überall im Alltag abgekürzt mit SVP. Wäre sonst ja auch viel zu umständlich, wenn man es ausschreiben würde. Ich gebe zu, auch wir verkürzen das Universitätsklinikum zur Uniklinik. Hier wird es zu CHU. Außer auf dem Schild am Eingang kann man den ausgeschriebenen Namen nirgends finden. Auf Wegweisern oder den Zielanzeigen der Busse gibt es nur die drei Buchstaben CHU. Wegweiser nach Pointe-à-Pitre sucht man auch meist vergeblich, es steht PAP auf den Schildern.
Als ich das CRIJ-Schild erstmals aus dem Bus heraus gesehen habe, kam mir die Idee zu diesem Beitrag. Ich denke, dass man bei uns irgendeinen griffigen Namen suchen würde. Faszinierend finde ich, dass ein ziemlich großer Teil dieser Abkürzungen auch sprechbar ist, so wie CRIJ oder CREPS. Es ist tatsächlich so, dass der große Mr. Bricolage (Mr. ist die Abk. von Monsieur) gegenüber von CREPS ist, auch die Bushaltestelle heißt CREPS.
Die Autowerkstatt bietet ihre Dienstleistungen mit oder ohne Terminvereinbarung an. Ganz einfach erkennbar an der geläufigen Abkürzung RDV für Rendez-vous. Spart gar nicht so viele Buchstaben ein, passt aber zu den Gewohnheiten.
Bei einem Spaziergang durch Basse-Terre springen mir gleich zwei Abkürzungen auf einem Motiv ins Auge. An der Wand steht in großen Lettern CCAS geschrieben, darunter auf dem Wegweiser ist eine weitere rätselhafte Buchstabenkombination: CASBT
Mein Blick wendet sich nach rechts und tatsächlich sehe ich oben am Hang sogar noch das zugehörige Gebäude der – wie soll man es übersetzen? – Wasserverwaltung? Keine Ahnung, da hört es dann bei mir auf.
Ganz alleine ist dieses Schild mit den Buchstaben C.A.F. Für die Betroffenen sicherlich vollkommen ausreichend, ich glaube man könnte es mit der schönen Wortkonstruktion Familienbeihilfekasse einigermaßen übersetzen.
Die Recherche nach G.R.E.T.A. hat mich einiges Kopfzerbrechen gekostet. Es werden nämlich nur drei Worte mit fünf Buchstaben abgekürzt. Groupements d‘établissements ist ein Fundstück auf einer französischen Regierungswebseite. Hinter den Buchstaben steckt eine Einrichtung der Erwachsenenbildung.
Die Bushaltestelle vom der Marina nahe gelegenen Einkaufszentrum ist übrigens ebenfalls ein Abkürzungswunder: Ctre Cial Bas Du Fort RN4. Ist schon recht lang auf dem Haltestellenschild. Ausgeschrieben wäre es Centre Commercial Bas Du Fort Route Nationale 4. Die Abkürzungen sind also nicht nur irgendeine Marotte, sie sind eine Überlebensstrategie für alle, die sich der französischen Sprache bedienen müssen.
Darauf ein gezapftes Bier, „bière à la pression“. Sagt doch keiner. Man bestellt eine „demi“ oder eine „pression“ oder so. Im Bistro wird jedenfalls sozialverträglich abgekürzt. Ach ja, „demi“ bedeutet übersetzt „Halbe“. Ist jedoch nur eine halbe Halbe, die der Wirt dann bringt, ein Viertelliter Bier.
wenn man so darüber nachdenkt..
es scheint nicht nur so zu sein, dass viele französische Wörter ihren Weg ins Hessische gefunden haben ( siehe Trottoir, Fisimatenten =visetez ma tente) sondern auch das Bestreben nach Abkürzungen. Aus dem Satz „Guten Tag, wie geht es dir?“, macht der Hesse doch glatt „Ei gude wie“ oder kurz „gude“…..
Da kommt doch auch keiner mit.
N’est-ce pas?