An einem schönen Tag auf Barbados wollen Jens und Jörg schnorcheln gehen. Ich habe dazu keine Lust, Burti auch nicht. Wir wollen an Land gehen und einen Ausflug machen.
Wir haben auch keine Lust, den Touristenhorden hinterher zu traben. Wir wollen eine individuelle Tour machen, die es so in keinem Reiseführer gibt. Also gehen wir zum nächsten Busbahnhof und steigen in den nächsten Bus. Wir wissen nicht, wo der Bus hinfahren wird. Wir wissen auch nicht, wie lange es dauern wird. Die Einheimischen, die wir in der Warteschlange treffen, wollen unser Ziel wissen. Wir kennen es nicht. Die Leute halten uns für komplett beknackt. Ein gelber Bus fährt vor, beschriftet mit „Sam Lords Castle“. Wir steigen ein und es geht los. Eineinhalb Stunden fährt uns der Bus über die Insel, immer weiter durch Vororte von Bridgetown, dann am Flughafen vorbei und dann noch eine halbe Stunde weiter. An der Endstation werden wir mitten in der Pampa rausgeworfen.
Zunächst einmal gibt es hier nicht viel zu sehen. Haben wir den falschen Bus genommen? Die Sonne brennt vom Himmel, Schatten gibt es nicht viel. Nur an der Kreuzung, an der wir den Bus verlassen haben, stehen ein paar Bäume herum.
Wir entscheiden uns dafür, erst einmal an der Bar vorbei zu laufen und dann noch etwas die Straße entlang. Die Bar ist ausgestorben, wir wissen aber jetzt, dass wir auf dem Rückweg kalte Getränke bekommen werden.
An einer kleinen Seitenstraße biegen wir ab, laufen in Richtung des Meeres. Wir wollen versuchen, an den Strand zu gelangen. Viel Hoffnung haben wir nicht, es ist kein Weg zum Strand ausgeschildert und der asphaltierte Weg verwandelt sich bald in Schotter und später in eine Trecker-Fahrspur. Ein paar Pfützen zeugen von Regenschauern, die vor kurzem erst herunter gekommen sein müssen.
Der Weg wird unwegsamer, die Sonne brennt heißer und wir wollen nicht mehr allzu weit gehen. Unsere Klamotten sind durchgeschwitzt und die mitgenommenen Wasservorräte gehen immer mehr zur Neige.
Anscheinend war die Idee mit dem Überraschungsbus doch nicht so gut. Wir hätten lieber schnorcheln gehen sollen. Oder einfach den Tag mit den Einheimischen Rum saufend verbringen sollen. Oder an Bord bleiben und das Nichtstun pflegen. Doch dann gehen wir um eine Ecke und wie aus dem Nichts taucht die schönste karibische Bucht auf, die wir uns jemals hätten vorstellen können.
Wir klettern über eine steile, halb verfallene Treppe an den Strand herunter und laufen bis zum Meer. Alles ist ein wenig unwirklich.
Zwischen den Palmen stellt sich bei uns ein gewisses Dschungelgefühl ein. Es liegen hier keine leeren Getränkedosen herum, kein Müll und kein Dreck. Nur ein paar Kokosnüsse faulen am Boden, von Tieren leer gefressen.
Es ist einsam, außer uns gibt es hier keine Menschen. Es herrscht Ruhe und Frieden. Die Wellen brechen sich, das Wasser leuchtet in den schönsten Blautönen. Herrlich.
Wir laufen mit nackten Füßen durch den Sand, die Wellen spülen um unsere Unterschenkel. Wir könnten hier noch Stunden verbringen. Zum Baden ist es zu gefährlich. Entspannen können wir hier gut. Die Freude ist groß.
So stellt man sich die Karibik vor, wenn man die Prospekte der Reiseveranstalter sieht. Solche Bilder bekommen die Kreuzfahrttouristen nicht zu sehen. Hier gibt es nichts, nicht einmal einen Rumverkäufer.
Auf dem Rückweg zur Bushaltestelle kehren wir in allerbester Stimmung in der kleinen Bude gegenüber von der Billard Bar ein. Es gibt kalte Cola und kaltes Bier. Dazu kommt Reggae-Musik aus einer Boom-Box. Die Einheimischen stellen für uns Stühle in den Schatten, damit wir einen kühlenden Luftzug abbekommen.
Die Leute sprechen zwar kein Wort Deutsch, können aber an den Zischlauten unsere Sprache erkennen. Wir kommen ins Gespräch. Es wird ein schöner Nachmittag. Einer der Locals wiegt kleine Portionen Marihuana verkaufsfertig ab, ein anderer verkauft sie an der Straße. Ein dritter verpackt selbst angebauten Tabak zu verkaufsfertigen Portionen. Ständig kommen Leute vorbei, die sich hier ihren Rauch kaufen. Alles geht ganz entspannt, selbst wir Bleichgesichter werden akzeptiert. Sitzen wir doch mit den Einheimischen zusammen und unterhalten uns angeregt.
Auf dem Rückweg nach Bridgetown fahren wir mit einem Reggae-Bus. Das Radio spielt laut, die Fenster stehen offen. Wir inhalieren den Duft der Insel noch einmal und hoffen, dass Jens und Jörg einen ebenso schönen Tag hatten.
Der Busfahrer fährt uns in seinem gelben Bus vollkommen entspannt über die Insel und durch den Stau in Bridgetown.
DISCLAIMER: In alles öffentlichen Verkehrsmitteln, Taxis, Bars, Restaurants und unter Dächern gilt auf Barbados ein Rauchverbot.