Esel

Wir mieten uns Motorroller, denn auf Bonaire gibt es keinen ÖPNV. Ein Auto wollen wir nicht mieten, dazu ist die Insel viel zu klein. Seit dem ersten März gibt es auf Bonaire die Helmpflicht. Wie es der Gesetzgeber hier mit dem Filmen während der Fahrt mit dem Smartphone aussieht, ist mir nicht bekannt. Ich habe hier noch keinen Polizisten gesehen.

Motoselfie

Mit den Motorrollern fahren wir los, erst einmal in den Süden der Insel. Den Norden nehmen wir uns für den folgenden Tag vor. Zuerst fahren wir am Flughafen vorbei und an den Salinen. Anschließend kommen die Pelikane, Flamingos und der Leuchtturm.

An diesem Leuchtturm sind wir auf der Seeseite schon einmal vorbei gefahren

Die Rollervermieterin hat uns erklärt, dass man die Strecke im Süden in etwa einer Stunde fahren kann. Wir haben nach drei Stunden noch nicht einmal die Hälfte und müssen uns deswegen beeilen, weil wir noch zu den Eseln wollen.

Die Esel gehören zur Saline wie die Sklaven auch. Als man die Esel zur Salzproduktion nicht mehr brauchte, hat man sie einfach freigelassen und sie haben sich auf der Insel vermehrt. Seit 1993 gibt es das Donkey Sanctuary. Man hat viele Esel eingesammelt und ihnen auf einer Fläche von ca. sechs Fußballfeldern Größe Raum zum artgerechten Leben gegeben.

Jens im Eselreservat

Der Eintrittspreis ist mit 9$ pro Nase meiner Meinung nach angemessen. Es gibt hier wirklich sehr viele Esel. Ich will noch einen Eimer Karotten für die Fütterung erwerben, doch den verkauft mir die Eselwärterin nicht. Sie meint, dass wir mit den Rollern keine Chance hätten. Wenn die Esel merken würden, dass wir Futter für sie haben, würden sie uns umzingeln und wir kämen nicht mehr weiter. Ist okay, wir müssen sie ja nicht füttern.

Eselprozession zum Mittagessen

Auf einem Aussichtsturm haben wir einen guten Überblick. Es gibt wirklich sehr viele Futterstationen für die Esel und überall sehen wir Esel bei ihrer Mahlzeit. Wenn die jetzt alle auf unsere Karotten stürmen würden – nicht auszudenken.

Futterstationen

Auf unserer Weiterfahrt durch den Eselpark sehen wir plötzlich am Rande des Wegs einen schwarzen Schatten. Schnell halten wir die Roller an und mit den Kameraobjektiven auf das seltene Tier. Wir sehen die erste Katze auf Bonaire. Bisher haben wir noch keine gesehen. Ein paar Hunde, die im Schatten liegen, haben wir schon gesehen, aber im Vergleich zu den anderen karibischen Inseln ist es wenig. Und es werden hier keine Hühner gehalten. Jedenfalls nicht auf der Straße.

Katze unter Eseln

Dann gibt es noch eine Aufzuchtstation für Jungtiere und für Tiere, die etwa im Straßenverkehr verwundet worden sind. Diese werden auf Bonaire im Eselreservat abgeliefert und die Leute versuchen rührig, sie aufzupäppeln. Am Morgen unseres Besuchs ist ein einsames Eselbaby abgegeben worden, das noch nicht einmal einen Tag alt ist. Die freiwilligen Pflegerinnen päppeln es mit der Milchflasche auf.

Eselbaby. Hier hat er eine Überlebenschance

Um das Ganze zu komplettieren oder warum auch immer sind noch ein paar Schildkröten zu sehen.

Eselsschildkröte

Und eine Gruppe von fünf Flamingos wurde auch gespendet. Die Besitzer der Flamingos hatten diese viele Jahre im Garten stehen, dann sind sie zurück nach Holland gegangen und haben die Vögel dem Eselparadies geschenkt.

Eselflamingos

Zuletzt kommt dann noch das Altersheim. Es gibt hier tatsächlich ein Altersheim für Esel. Zuerst habe ich das Schild gelesen und gestaunt: Wenn die Esel älter als 30 Jahre werden, kommen sie hier ins Altersheim und bekommen spezielles, altersgerechtes Futter. Ich wusste gar nicht, dass ein Esel so alt werden kann.

Altersheim

Liebe Leser, jetzt wisst ihr zumindest ein wenig, was Salz, Sklavenhaltung und Esel miteinander zu tun haben.

Bei den ganzen Eseln musste ich auch immer mal wieder an meine ehemaligen Arbeitskollegen denken. Wir Softwareentwickler haben vor knapp 20 Jahren eine interne Software namens ESEL programmiert. Damit wird (wahrscheinlich) heute noch bei der Denic gearbeitet. Ich hoffe, die Software kommt jetzt langsam auch ins Altersheim, auch wenn sie noch nicht 30 Jahre alt geworden ist. Ganz viele liebe Grüße nach Frankfurt am Main!

Schreck in der Morgenstunde

Ein Rumpeln und Dröhnen holt mich aus meinem Schlaf. Es herrscht ein Riesenlärm draußen, ich muss nachsehen, worum es sich handelt. Ein Riesenpott, die Aidaperla, ist gerade dabei an der winzigen Betonpier festzumachen.

Ankunft des Kreuzfahrtschiffs

Ich wusste, dass es praktisch keine Inseln in der Karibik gibt, an denen keine Kreuzfahrtschiffe ankommen. Dass es uns aber mal so hart treffen würde, hätte ich nicht gedacht. Piepen von der Bordsprechanlage, Durchsagen in mehreren Sprachen und Lärm von der Maschine. Ich lege mich wieder ins Bett.

Aidaperla neben Sissi

Als ich um acht Uhr nicht mehr schlafen kann, der Lärm von dem fetten Pott hat nicht aufgehört, hat Jens zum Glück den Kaffee schon fertig. Wir werden heute mit unseren Motorrollern flüchten. Das ist ja nicht auszuhalten. Beim Kaffee sehen wir den Passagieren zu, wie sie die Prozession zur Immigration machen. Warum können sie die Leute nicht wegen des Coronavirus auf See aussperren? Sind halt schon entspannt, die Holländer.

Im gelben Haus befindet sich die Einwanderungsbehörte

Ein Kreuzfahrtschiff mit mehr als 3500 Passagieren ist auf Bonaire angekommen. Bonaire selbst hat nur 18000 Einwohner. Das ist schon ein ganz schöner Brocken. Die Wassertaxis fahren die Kreuzfahrer im Akkord nach Klein Bonaire, einer vorgelagerten Insel mit beliebten Sandstränden.

Wassertaxi

Der Kreuzfahrer ist so mächtig, er dreht sogar den Wind. Wir liegen normalerweise mit dem Bug nach Osten, weil der Wind immer aus Ost kommt. Jetzt liegen wir mit dem Bug nach Süden, denn dieser fette Pott ist so nah, dass er den Wind einmal um 90° gedreht hat. Mmmpf. Das passt jetzt mit unserer Sonnenschutzplane nicht mehr richtig.

Ich fahre mit Jens an Land, der möchte eine ausgedehnte Wanderung im Nationalpark machen. Dann gehe ich noch in den Telefonladen und muss hinter drei deutschen Kreuzfahrern in der Schlange stehen, die alle eine SIM-Karte für ihre Telefone brauchen. Ich habe eine SIM-Karte und will sie nur aufladen. Das dauert aber, weil die Deutschen im Kreuzfahreralter nun einmal nicht so sehr des Englischen mächtig sind. Und weil bestimmte Worte wie “Handy” oder “Prepaid” in diesem Sprachraum nicht existieren bzw. eine andere Bedeutung haben. Aber der Deutsche meint ja, dass er besser verstanden wird, wenn er lauter spricht…

Als ich fertig bin und zurück zu Sissi gehe, fallen mir fast die Gläser aus der Brille. Das habe ich ja noch gar nicht gesehen. Es ist nicht nur ein Kreuzfahrer auf Bonaire gelandet, sondern es sind deren zwei.

Zwei Kreuzfahrer

Also sind etwa 7000 Kreuzfahrer zusätzlich zu den normalen Touristen auf dem Inselchen. Wow. Können sich die Reedereien nicht wenigstens untereinander absprechen? Wenn wir jetzt ausklarieren wollten, wäre das wegen der vielen Menschen nicht möglich. Wir wollen sowieso bleiben, haben wir doch die Roller noch bis zum Abend gemietet und die Insel noch nicht komplett gesehen.

Ich trinke noch einen Kaffee im Cockpit, da kommt plötzlich von hinten ein Wassertaxi. Dort sind einige echt angetrunkene (es ist 10:30 Uhr am Morgen) Deutsche drauf. Die grölen zu mir rüber. Die grüßen die deutsche Flagge an unserem Heck. Die zeigen mir den Hitlergruß. Ich zeige ihnen den Mittelfinger. Ich hasse Kreuzfahrer. Nicht die Menschen, die meisten sind völlig normal und total nett. Die Schiffe, die dahinter stehende Industrie und das, was sie aus den Reisezielen macht.

Walskelett
Infotafel zum Walskelett