Aruba putzt sich

Die Insel brummt und vibriert. Die meisten Geschäfte sind geöffnet, allerdings sind die Souvenirläden noch so geschlossen wie die Grenzen. Alle bereiten die Grenzöffnung vor. Wahrscheinlich machen auch die Spielcasinos bald wieder auf. In der Fußgängerzone konnte ich jedenfalls gestern den Grund ausmachen, warum die Straßenbahn nicht gefahren ist. Die Palmen wurden mit der Kettensäge gepflegt.

Palmenpflege mit der Kettensäge

Bald geht es wieder los. Die Zeit der leeren Strände ist bald vorbei. Ich kann mich kaum noch erinnern, wie es damals bei unserer Ankunft war. Ich freue mich.

Volunteer

Inzwischen bin ich lange genug auf der Insel, um zu wissen, welche Lebensmittel wo zu bekommen sind. Ein wichtiger Bestandteil der Versorgung hier ist Superfood. Ein holländischer Lebensmittelmarkt. Die meisten Supermärkte in Aruba werden von Chinesen geführt und haben größtenteils Produkte aus den USA in den Regalen stehen. Im Superfood gibt es Produkte aus den Niederlanden, die es in den USA nicht gibt. Zum Beispiel frische Schlagsahne.

Liniennetzplan

Ich hätte natürlich Charly fragen können, ob er mich schnell zum Superfood fahren kann. Dazu hatte ich aber keine Lust, bisher kenne ich noch nicht so viel vom Liniennetz der hiesigen Busse. Also suche ich mir die Abfahrt der Linie 10 heraus, die bis 200 Meter an den Superfood heran fährt. Die Haltestelle befindet sich am Eagle Beach, einem sehr schönen Strand. Superfood hat einen kostenlosen Lieferservice, also muss ich meine Einkäufe nicht schleppen.

Von der Bushaltestelle sind es also 200 Meter bis zum Supermarkt oder vielmehr bis zu der Straße, die ich vor dem Supermarkt noch überqueren muss. Es ist eine vierspurige Hauptstraße. Ich muss laut lachen, es machen wirklich viele US Amerikaner Urlaub auf Aruba. Das obere Schild hat der Supermarkt anbringen lassen. Das untere Schild ist von mehreren Hotels.

Achtung. Straße. Da fahren Autos.

Liebe Gäste, wegen des schnellen Autoverkehrs empfehlen wir nicht, die Straße zum Superfood am Kreisverkehr zu überqueren. Bitte nehmen Sie statt dessen ein Taxi. Wir sorgen für ihre Sicherheit. Danke.

Ich gehe unerschrocken weiter, denn bisher kenne ich die Arubaner immer nur als sehr freundlich im Straßenverkehr. Überall halten sie für Fußgänger an, ob es einen Zebrastreifen gibt oder nicht. Unwohl habe ich mich nicht gefühlt, als ich die Straße hier überquert habe. Die Autos kommen entweder langsam aus dem Kreisverkehr oder sie bremsen in den Kreisverkehr hinein. Schafft es ein Amerikaner hier nicht lebend rüber?

Zebrastreifen am Kreisverkehr

Während der Wartezeit auf den Bus zurück nach Oranjestad gelingt mir eine Aufnahme eines der kitschigsten Divi Divi Bäume, den ich bisher gefunden habe. Er steht direkt auf dem Eagle Beach.

Divi Divi am Eagle Beach

Das alles hat natürlich gar nichts mit der Überschrift dieses Beitrags zu tun. Erst einmal wollte ich das Foto des Warnschilds loswerden. Dann ist es Zeit für die Esel. Vor ein paar Monaten sagte ich zu Jens, dass ich mich als Volunteer im Donkey Sanctuary melde, wenn es mir auf der Sissi zu langweilig wird. Jutta fand die Idee ebenfalls gut, Charly und Ute ebenfalls.

Heute ist unser erster Arbeitstag. Wir sind unglaubliche 20 Minuten zu früh am Eingangstor und haben noch Zeit, kurz die Ruine der nahegelegenen Balashi Goldmine zu besichtigen.

In der Ruine der Balashi Goldmine

Am Donkey Sanctuary werden wir zunächst von einer ganzen Reihe Pfaue begrüßt, die ebenfalls zum Inventar gehören. Es gibt nicht nur 120 Esel, sondern fünf Katzen, einige Hühner und ziemlich viele Pfaue.

Pfaue. Für die habe ich gar kein Kochrezept

Ich muss es vorweg stellen. Es sind nicht nur die Esel, die mich hierher geführt haben. Die sind zwar hochintelligent und ziemlich knuffig, doch den Ausschlag geben die Katzen. Streichelbare, verschmuste Katzen.

Ich bin sooooo müde.

Uns wird erklärt, wo das Futter steht, wieviel Futter die Esel bekommen, wo der Kot hingeschafft wird und wie die Tränke geputzt wird. Wir füttern, fegen und putzen. Genauer gesagt schleppe ich Säcke mit Futterpellets und Heuballen, während Jutta und Ute “Poop” zusammen rechen.

Zufriedene Kunden

Fühlt sich bei folgender Beschreibung jemand an ein Essensbuffet erinnert? Zuerst wird die Essensglocke geläutet, dann kommen alle Esel angelaufen. Natürlich stehen schon zwei Dutzend Esel vor der leeren Futterkrippe und warten. Die anderen kommen von hinten und wollen die in der ersten Reihe weg schubsen. Dabei sind sie laut, schnauben und brüllen sich gegenseitig an.

Je weiter ich mit dem Füllen der Tröge komme, desto mehr Ruhe kehrt an der Futterstelle ein. Der Tumult ist einem leisen Schmatzen gewichen, es wird auch nicht mehr geschubst.

Mmmh

Einige Esel, die sich in diesem harten Kampf nicht behaupten können, werden separat gefüttert. Die Katzen bekommen ebenfalls Futter, ich darf sie aber leider nicht füttern. Kommt noch. Nach der Eselfütterung streichle ich noch zwei Katzen ordentlich durch.

Zwei Tage in der Woche wollen wir ab sofort bei den Eseln mitarbeiten. Normalerweise machen das Studenten aus den USA. Die sind aber derzeit nicht da.

Entspannt ausstrecken.

Zuletzt möchte ich noch ein Video verlinken, das auf der Webseite des Donkey Sanctuary verlinkt ist und erst von 210 Menschen gesehen wurde. Es zeigt die Esel und die Umgebung, in der sie leben. Mehr Fotos werde ich in naher Zukunft liefern.

Neue Normalität

Wir schreiben den 4. Juni 2019. Um 13:29 Uhr fahren Jens und ich mit dem ICE nach Holland und leben von nun an auf Sissi. Heute schreiben wir den 4. Juni 2020, ein Jahr ist vergangen. Bis zum 14. März 2020, den Tag der Grenzschließung, hat unser langer Segeltörn die Erwartungen mehr als erfüllt.

ICE nach Amsterdam

Fast drei Monate sind seit dem 14. März vergangen. In gewisser Weise waren es drei verlorene Monate. Durch den kompletten Shutdown auf Aruba, der in Verbindung mit einer strikten nächtlichen Ausgangssperre viel restriktiver als in Deutschland war, war es praktisch unmöglich, mit Arubanern in Kontakt zu kommen. Wie offen und freundlich diese Menschen sind, zeigt sich erst jetzt so richtig.

Inzwischen habe ich ein Dutzend arubanische Telefonnummern gespeichert. Tendenziell werden es noch mehr werden. Also möchte ich mir eine SIM-Karte besorgen, die ich hier auch benutzen kann. Es gibt auf Aruba zwei Anbieter, Digicel und Setar. Zunächst probiere ich es bei Digicel, denn an Bord liegt noch eine Digicel-Karte von Bonaire. Die würde hier funktionieren, aber eine kurze Nachfrage bei den Arubanern ergibt, dass sie alle bei Setar sind. Netzübergreifende Anrufe zwischen Setar und Digicel sind teuer. Und nur Setar bietet echte 4G Daten. Also spaziere ich zum Platzhirsch.

Warteschlange vor dem Setar-Laden

Die neue Normalität gebietet Abstand. Vor dem Laden sind alle zwei Meter Wartepunkte auf den Boden geklebt. Die Leute stehen brav an. Vordrängeln wird nicht geduldet, denn an der Eingangstür steht ein Wachmann. Der winkt die Wartenden persönlich in den Wartesaal, wenn wieder Platz genug ist.

Wartesaal mit genau positionierten Stühlen

Drinnen gibt es angenehm klimatisierte Luft, nicht allzu kalt. Außerdem gibt es für mich eine Wartenummer und mir wird ein Sitzplatz zugewiesen, auf dem ich zu warten habe. Die Stühle sind genau positioniert. Nach nur eineinhalb Stunden wird meine Nummer aufgerufen. Es ist nicht leicht, beim Platzhirsch Kunde zu werden. Als ich endlich dran bin, erhalte ich nach wenigen Minuten meine SIM-Karte. Nun habe ich eine arubanische Telefonnummer. Und ich kann telefonisch bei Dominos eine Pizza bestellen, ohne dabei arm zu werden. Die Telekom-SIM-Karte kostet 3,89€ pro Minute beim Roaming.

Wartemarkierungen vor dem Kino

Aufgrund der langen Wartezeit schaffe ich es gerade noch rechtzeitig zum Anpfiff des Spiels unserer Eintracht in Bremen. Wie immer höre ich den absolut neutralen Radiostream, den unsere Eintracht auf ihrer Webseite anbietet. Parallel dazu wechsle ich WhatsApp-Nachrichten mit dem eingefleischten Bremen-Fan Alfred, der mit seiner Milena Bonatti irgendwann nach dem 1:0 den Empfangsbereich des Mobilfunks verlässt und bis heute wohl keine Ahnung vom Endergebnis 3:0 für unsere Eintracht hat. Nach zwei Auswärtssiegen in Folge muss ich heute wohl auswärts essen und auswärts trinken gehen.

Pizza mit Geflügel – lieber Günter Hans, was ist das denn für ein Spatz?

Ich entscheide mich für eine Pizza und bleibe beim Essen nicht gerne alleine. Dieser freche Spatz oder Fink will ein Stück von der Torte abhaben. Er bleibt aber nicht lange, denn er wird von einem geflügelten Kollegen vertrieben.

Krakeelender Krakel

Unter großem Krakeelen wird allen anderen Vögeln mitgeteilt, dass der Herr jetzt gerne speisen möchte. Dann macht er sich unerschrocken auf den Weg zur Pizzascheibe.

Ich will auch ein Stück Pizza

Das ganze Nachmittagsessen war in höchstem Maße amüsant. Ich habe den Vögelchen dann ein paar Krümel vom Rand überlassen. Auch wenn die Restaurantbetreiber es nicht wollen, dass die Vögel gefüttert werden. Sie sind jedoch echt süß.

Vollbesetzt

Die neue Normalität gebietet Abstand. Also werden pro Bank in der Straßenbahn nur zwei Fahrgäste erlaubt. Zwischen zwei Bänken ist immer eine Bank gesperrt. Das Obergeschoss ist ebenfalls gesperrt, denn in einer Straßenbahn fahren nur drei Mann bzw. Frau Personal mit. Ein Fahrer. Ein Schaffner. Eine Fahrgastdesinfiziererin. Die dritte Person war früher Schaffner für das Obergeschoss. Jetzt darf sie jedem einsteigenden Fahrgast die Hände desinfizieren. Man braucht eine vierte Person für das Obergeschoss. Vielleicht sogar noch einen weiteren Desinfizierer.

Fahrgastdesinfiziererin

Überall wird massiv desinfiziert. Jedes Geschäft, das man betritt, hat am Eingang einen Desinfektionsmittelspender. Nach dem Besuch von drei Supermärkten hat man die Schmatze dreier verschiedener Desinfektionsmittel auf den Händen. Dann noch eine Fahrt mit der Straßenbahn und die Hände sind viermal desinfiziert. Man möge sich eine Shoppingtour vorstellen, die durch ein Dutzend Geschäfte führt…

Der einzige Bereich, in dem es nicht zu massivem Abstand und grenzenlosem Einsatz von Desinfektionsmitteln kommt, sind die Bars. Zwar stehen die Tische der Restaurants weit auseinander und die KellnerInnen tragen Mundschutz, für die Bars scheint diese Regel nicht zu gelten. Oder sie wird nicht umgesetzt. Oder noch nicht. Manche Bars haben die Tresenplätze markiert, an denen man sitzen darf. Wahrscheinlich wird hier noch nachgelegt, im Moment ist es nicht relevant.

Endlich wieder möglich – ein Barbesuch

Es zeigt sich sofort wieder, dass Bars der ideale Ort sind, um mit den Ortsansässigen in Kontakt zu kommen. Nach nur fünf Minuten und einem halben Bier sitze ich in ein Gespräch verwickelt am Tresen und wir unterhalten uns prächtig, bis die Bar um 22 Uhr schließen muss. Auch das gehört zur neuen Normalität.

Wie kommt dieses Blechschild nach Aruba?

Ich hoffe auf einen Impfstoff. Es ist schön, wieder nach draußen zu gehen. Es wäre noch schöner, wenn wir dieses Mistvieh einfach wegimpfen könnten. Manchmal sind meine Hände rot von dem vielen Desinfektionsmittel.