Aruba macht Arbeit

Nach ein paar Tagen Entspannung haben wir die anstrengenden Tätigkeiten aufgenommen. Wir beseitigen die Schäden, die die Überfahrt von Kuba nach Aruba hinterlassen hat. Wir beseitigen die Ursachen für diese Schäden. Und wir beseitigen neue Schäden, die nach der Überfahrt entstanden sind. Und uralte Schäden, die schon vorhanden waren, bevor wir in den Niederlanden im Sommer 2019 gestartet sind. Dabei machen wir Entdeckungen, die wir lieber nicht gemacht hätten. Wenn man als Landratte keine Ahnung hat, sollte man sich die Ahnung irgendwo besorgen oder man bezahlt hinterher mit Dollarnoten und Schweiß.

Todo-Liste. Nicht vollständig.

Vor ein paar Jahren waren wir mit Sissi in Schottland. Dabei haben wir festgestellt, dass nach hartem Segeln gegen den Wind ein paar Tropfen Wasser in der Vorschiffskabine sind. Die Ursache haben wir nie gefunden, es hat sich auch nicht wiederholt. Nahe Roscoff, an dem Tag als uns das Großsegel gerissen ist, hatten wir ein wenig Wasser im Salon. Sofort waren die Lüfter unter Verdacht, denn es ist ordentlich Wasser über das Deck geflossen. Warum mussten wir Esel auch gegen neun Windstärken ansegeln? Die Lüfter können jetzt wohl von ihrer Mütze befreien, ich spreche sie frei von jedweder Verantwortung für den Wasserschaden.

Den Dimmer für die Lampe musste ich auf See ausbauen. Er wurde ständig in Salzwasser gebadet. Auch die Lampe ist ordentlich rostig. So war das nicht gedacht.

Auf der langen Überfahrt über den Atlantik beklagte sich über gelegentliche Feuchtigkeit in der Vorschiffskoje. Langsam bildete sich ein Verdacht auf eine Undichtigkeit des Ankerkastens. Die Feuchtigkeit ging, den Ankerkasten haben wir in Varadero geprüft, als Sissi auf dem Trockenen stand. Er sieht super aus. Die Feuchtigkeit geriet wieder in Vergessenheit, wir hatten andere Probleme zu lösen. Wir haben das Problem ausschließlich in der Vorschiffskoje verortet.

Wir brauchen eine neue Holzdecke.

Nach dem Abnehmen der ersten Luke war mir klar, wo die ganze Feuchtigkeit herkommt. Vom Dichtungsband war nicht mehr viel übrig, die Schraublöcher von Salztürmchen überkrustet. Meine Landratten-Lebenserfahrung sieht Fenster als einigermaßen wartungsfreie Öffnungen in der Wand, durch die man seine Wohnung lüften kann. Böse.

Auf der Reise feucht gewordene Dollarnoten müssen getrocknet werden.

Wie dichtet man diese Luken eigentlich vernünftig ab? Sicher nicht dadurch, dass man den Rahmen mit Sikaflex wieder neu einklebt. Außerdem haben die hiesigen Baumärkte das salzwassertaugliche Sika gar nicht im Angebot. Eine Fahrt zu Budget Marine später kommt Jens mit ein paar Rollen Dichtungsband zurück. Sehr gut, das Zeug ist auf Aruba zu kaufen.

Dichtungsband

Nun werden die Luken nacheinander abgenommen. Überall sehen wir, dass um die Schraublöcher Salzverkrustungen entstanden sind. Die alten Dichtungsbänder waren schon sehr alt. Sehr sehr alt. Immerhin habe ich Sissi schon seit 2017. Und da müssen die Bänder schon alt gewesen sein.

Rahmen mit Salzkruste. Alte labberige Dichtungen.

Mechanisch und chemisch werden die Fensterrahmen gereinigt und von Salz befreit. Auch das Boot wird gereinigt. Wo die neuen Gummis später dicht halten sollen darf kein Dreck oder Staub mehr sein. Dann wird der Rahmen beklebt.

Fertig beklebter Rahmen

Dann kommen die Luken wieder an Ort und Stelle. Leider tut sich an dieser Stelle einer der nächsten Abgründe auf. Durch die viele eingedrungene Feuchtigkeit und die Schiffsbewegungen drehen einige der Schrauben durch. Einige mehr, andere weniger. Insbesondere die Schrauben, mit denen die Scharniere der Luken befestigt sind, haben sehr leiden müssen.

Verschrauben

Wir holen uns Rat bei einem Schreiner in Frankfurt. Wie kann man diese Löcher im Holz wieder kleiner bekommen, damit die Schrauben wieder halten? Zuerst rät er uns zu einer Lösung, auf die wir auch schon gekommen sind. Größere Schrauben nehmen. Das bedeutet natürlich wieder eine Fahrt in den Baumarkt.

Die größten Schrauben drehen in den größten Löchern durch? Dann müssen die Löcher zugeleimt werden. Haben wir Leim? Nein, natürlich nicht. Auch das bedeutet wieder eine Fahrt in den Baumarkt.

Jetzt aber endgültig fest.

Eine Fahrt in den Baumarkt dauert mindestens eineinhalb Stunden, manchmal auch länger. Das hängt davon ab, wie lange man auf den Bus warten muss. Jetzt haben wir alles an Bord, die Fenster sind festgeschraubt und wir haben noch Ersatz für die Zukunft. Gerade überlegen wir, ob wir nicht die Baustelle mit den Seitenfenstern aufmachen sollen. Die Seitenfenster können auch heikel sein. Bisher war aber nur das neben Jens‘ Koje undicht. Das bearbeiten wir auf jeden Fall.

Nachtrag:
Wenn man eine Arbeit das erste Mal in seinem Leben tut, kommt nicht immer gleich ein perfektes Ergebnis raus. Wir haben lernen müssen, dass man mit dem Vinylband besser nicht zu kleinteilig puzzelt.

Lernprozess

Links oben im Ausschnitt sieht man, wie wir die Ecken zuerst beklebt haben. Wasser konnte zwischen den einzelnen Stücken hindurch, wie sich beim Wasserschlauch-Dichtigkeitstest ergeben hat – von innen viel zu schön an den Wassertropfen zu sehen, die wieder ihren Weg in den Salon fanden. Rechts oben im Ausschnitt die neue Lösung, die kein Wasser mehr nach innen lässt.

Zimmerwarmes Bier

Bier ist übrigens ein guter Indikator für den Gesundheitszustand der Bordelektrik. Ist es warm, sollte man nicht den Kühlschrank unter Generalverdacht stellen. Am letzten Freitag hatte ich das Gefühl, dass der Kühlschrank in den Abendstunden nicht so richtig läuft, war aber zu müde, dem Problem auf den Grund zu gehen. Ist der Kühlschrank kaputt, kann ich ihn sowieso nicht reparieren.

Am Samstag lief der Kühlschrank vollkommen normal. In den Abendstunden stellte er seine Tätigkeit ein. Das Bier ist warm. Gewohnheitsmäßig fällt mein Blick auf den Batteriemonitor und ich muss entsetzt feststellen, dass die Batterien zu 80% entladen sind. Nun schlägt er auch Alarm. Warum nicht früher? Weil er ausgeschaltet war…

Batteriemonitor. Eigentlich sehr zuverlässig.

Das Landstrom-Ladegerät scheint komplett die Grätsche gemacht zu haben. Ich messe alle Leitungen durch und komme zu diesem Schluss. Also muss der Motor die ganze Nacht laufen, um die Batterien wieder auf ein brauchbares Niveau zu laden. Klar – tagsüber läuft der Kühlschrank auch mit leeren Batterien, unsere Solarzellen machen einen guten Job.

Ich kaufe für einen vierstelligen Betrag ein neues Landstrom-Ladegerät. Wieso heißt der Laden eigentlich Budget-Marine? Du brauchst bei dem Laden ein ordentliches Budget. Es ist leider das einzige verfügbare Modell. Das ist am Montagnachmittag gegen 15 Uhr auch eingebaut. Nur lädt es die Batterien nicht. Ich messe die Leitungen noch einmal durch, die Plusleitung scheint defekt zu sein. Gestern hatte sie noch Durchgang. Komisch. Also öffne ich den Kabelkanal und finde ein ausgeglühtes Pluskabel vor, das dank eines Wackelkontakts sicherlich auch mal Durchgang hat.

Ladegerät bei der Arbeit

Das alte Batterieladegerät will ich trotzdem nicht mehr haben. Zwei durchgescheuerte Kabel, ein Kurzschluss und die Sicherung des Ladegeräts ist nicht geschmolzen. Außerdem fehlt noch eine Sicherung im Pluskabel, nämlich die gegen das Bordnetz. Wenn ich diese Leitung mit 100 A absichere, kann hier nichts mehr anbrennen. Im Wortsinne. Also muss ich noch eine Sicherung kaufen.

Hoffentlich haben die Batterien keinen Schaden genommen. In den nächsten Tagen werden wir das einmal testen müssen. Immerhin können wir in Aruba Ersatzteile kaufen. In Kuba wäre das nicht möglich gewesen.

Chapo ist abgefahren

Dinge verändern sich, andere Dinge bleiben gleich. Nach unserer Rückkehr nach Aruba fanden wir die Chapo an der Stelle im Hafen, an der sie die letzten zehn Monate gelegen hat. Es scheint alles wie immer zu sein, doch die Chapos sind in Aufbruchsstimmung. Sie wollen in die Dominikanische Republik fahren, in das einzige Land in der Umgebung, das geöffnet hat, gut erreichbar ist und keinen PCR-Test von den Einreisenden verlangt. Zum Glück reicht die Zeit noch, dass Charly uns mit dem Propeller helfen kann.

Ankunft der Chapo im März 2020

Lange ist es her, dass die Chapo angekommen ist. Das war in den unruhigen Tagen im März 2020, als die meisten Länder ihre Grenzen geschlossen hatten und Segler auf dem offenen Wasser das Problem hatten, dass ihre vor langer Zeit geplanten Ziele nicht mehr anlaufbar waren. Damals war die Freude über die gelungene Atlantiküberquerung und den sicheren Hafen groß. Auch Jutta und Charly hätten sich vergangenen März nicht vorstellen können, im kommenden Januar noch in Oranjestad zu liegen.

Nun sind sie nach vier Tagen Überfahrt in der Dominikanischen Republik angekommen. Auf ihrer Überfahrt mussten sie Wind bis 56 kn verarbeiten. So viel haben wir auf dem Weg von Kuba zurück nicht auf die Mütze bekommen.

Die Chapo fährt ab

Jetzt kommen wir mehrmals täglich am leeren Liegeplatz vorbei und fragen uns, wann dort wieder ein Boot liegen wird. Spätestens im Juni wird die Chapo hier wieder liegen, denn Jutta und Charly wollen die Hurrikansaison auf Aruba verbringen.

Leerer Liegeplatz