Wind

Wind. Die notwendige Voraussetzung für das Segeln. Er bläst nie in der richtigen Stärke, kommt meist aus Richtung des Ziels und manchmal ändert sich die Windstärke auch innerhalb weniger Sekunden. Dieser Beitrag ist all jenen gewidmet, die ihr Schiff durch einen Windpiloten oder eine andere Windfahne steuern lassen und manchmal daran fast verzweifeln.

Nachmittags sind wir auf einem gemütlichen Halbwindkurs. Ich würde es einen Kochkurs nennen, denn es fällt Jens leichter, auf einem gemütlichen Kurs die Lasagne zuzubereiten. Am Abend will ich dann wieder etwas mehr Höhe laufen. Der optimale Kurs liegt etwa bei 45°, das sind ca. 80° zum Wind. Eigentlich ist das ja noch ein Halbwindkurs, gegen 20 Uhr ist die Windfahne entsprechend justiert und Sissi fährt Kurs 45°. Ich mache mich ans Spülen des Geschirrs.

Eine Bö fällt ein, Sissi läuft an den Wind und ich falle mit einem Teller in der Hand durch den Salon. Das geht so nicht, das muss ich besser justieren. Also klettere ich wieder ins Cockpit, verstelle das Leeruder der Windfahne und Sissi läuft wieder Kurs 45°. Leider kann ich auf dem Kurs den zweiten Teller nicht spülen, denn Sissi luvt in der nächsten Bö wieder hoffnungslos an und bleibt erneut auf Kurs 70° hängen.

Gegen 21 Uhr habe ich das Geschirr gespült. Zwischendrin war ich noch drei- oder viermal oben und habe die Windsteuerung neu justiert. Jetzt werden Nägel mit Köpfen gemacht. Ich rolle die Genua ein paar Umdrehungen ein, das hilft normalerweise in dieser Situation. Schon fährt Sissi brav ihre 45°.

Innerlich klopfe ich mir auf die Schultern, denn ich habe noch vor kurzen gegenüber anderen Seglern geprahlt, wie sauber Sissi mit der Windfahne ihren Kurs hält. Ich schaffe es nicht einmal bis zur Mülltonne in der Vorschiffskoje. Schwupps, es fällt wieder eine Bö ein, Sissi luvt wieder an und dreht diesmal so weit, dass wir in die Wende fahren. Ich kann es gerade noch vermeiden und rolle die Genua noch etwas kleiner.

Um 22 Uhr kämpfe ich immer noch mit der Justierung. Ich will Kurs 45° fahren, der Wind gibt es her. Nur die Wellen sind unangenehm, es gibt heftige Schläge. Inzwischen bin ich ziemlich frustriert. Allerdings sind die Böen heute aus echte Ausnahmen. Der Wind bläst mit 3 Bft, die Böen gehen bis zu 5 Bft. Das alles soll die Windfahne wegstecken, den Kurs ordentlich halten und die Fahrt soll nicht zu unkomfortabel sein.

Ich entscheide mich gegen 23 Uhr, den Kurs von 45° auf ca. 25° zu ändern, gehe nach hinten und zupfe an der Windfahne. Eine Welle kommt über das Cockpitdach und ergießt sich über mich. Danke. Sissi nimmt den neuen Kurs gut an. Ich ziehe mich um, ohne das dass Schiff nach Luv in den Wind dreht. Sissi gleitet weich durch die Wellen. Wenn jetzt eine Bö einfällt, luvt sie noch bis ca. 45° an. Lässt die Bö nach, geht unser Kurs wieder auf komfortable 25° zurück. Geht der Wind ganz runter, fahren wir für ein paar Minuten halt genau nach Norden.

Natürlich sind wir jetzt nicht mehr ganz so schnell, die Genua ist recht klein geworden. Aber wir fahren geradeaus. Unsere Geschwindigkeit pendelt zwischen 3,9 kn (Windstärke 3) und 5,9 kn (Windstärke 5). Insgesamt also ein breites Spektrum Wind, das wir verarbeiten müssen.

Am nächsten Morgen beim Kaffee erzählt mir Jens, dass er die Einstellung der Windfahne erst wieder geändert hat, als sich der Wind etwas gedreht hat. Jens will nicht nach Westen zurück fahren.

Mein Fazit: Auch wenn ein bestimmter Kurs zum Wind theoretisch möglich ist, kann es sein, dass man ihn wegen der Böen und Wellen praktisch nicht fahren kann. Es lässt sich nicht erzwingen.

Jens scheint es nicht so gut zu gehen, denn wir hatten sehr viele Reste der Lasagne übrig. Normalerweise öffnet er seine 12 Lasagnemägen und saugt die Pasta einfach ein. Ich konnte vier Portionen in den Gefrierschrank werfen. Die nächste Lasagne müssen wir nur noch aufwärmen.

8. Etmal:120 nm
Position: 27°55‘N 56°46‘W