Die Zeit läuft schneller und schneller

Alles ist relativ im Leben. Noch vor wenigen Wochen habe ich darüber lamentiert, dass uns verschiedene Defekte in Aruba festhalten, dass uns die Einreisebestimmungen anderer Länder an der Weiterreise hindern und dass die Zeit lang wird. In weniger als einer Woche wird Barbara hier eintreffen und die Crew ist komplett. Wir haben einen Mietwagen für eine Woche, werden Barbara Aruba zeigen, einen Großeinkauf machen und die Segel setzen. Das fällt mir schwerer denn je.

Ein seltener Anblick. Eines Morgens sind alle Fischerboote unterwegs. Der komplette Steg ist leer. Die Wetterlage verspricht einen guten Fang.

Regelmäßigen Lesern dieses Blogs wird aufgefallen sein, dass die Zahl der Beiträge drastisch gesunken ist. Das ist nur zu einem kleinen Teil darauf zurückzuführen, dass sich hier kaum Neuigkeiten ereignen, zum größeren Teil liegt es daran, dass die Neuigkeiten nicht für das Blog geeignet sind.

Spielende Kinder in der Mainstreet in Oranjestad

Am Dienstag nach Ostern mache ich mich auf den Weg, einen neuen Keilriemen zu besorgen. Soraida kennt alle Autoteile-Läden und fährt mich von einem zum nächsten. Leider genügt das nicht. Ich war ja sehr froh, als ich beim Kauf von Sissi den Mercedes-Automotor mitgekauft habe. Das Modell wurde auf der ganzen Welt millionenfach verkauft. So hatte ich die Hoffnung, dass ich auch überall auf der Welt Ersatzteile für diesen Motor bekommen kann, es gibt schließlich auf unserem Planeten viel mehr Autos als Boote.

Morgenster

Der erste Stopp ist bei Morgenster. Der Laden ist übrigens nach seiner Adresse benannt, denn die Straße an der er liegt heißt ebenfalls Morgenster. Ich habe den alten Keilriemen mit, der Angestellte schaut in seinem Computer und verschwindet dann im Lager. Ich bin optimistisch. Nach einer halben Ewigkeit kommt der junge Mann wieder zurück und meint, dass er eigentlich einen haben müsste, den aber nicht finden konnte. Okay, so gibt es die Dinger wohl in Aruba. Auf zum nächsten Laden, gleich gegenüber auf der anderen Straßenseite.

Unlimited AutoPartsCenter

Dieses Geschäft wird wie so viele andere auch von Chinesen betrieben. Hier gibt es keinen Computer. Der Chef ruft seine Frau und zeigt ihr den Keilriemen. Sie weiß sofort, dass sie dieses Modell nicht hat. Es dauert keine zwei Minuten. Ich warte auf Soraida, die mich nach wenigen Minuten wieder aufsammelt.

jR Autocenter

Im jR Autocenter benutzt der Angestellte auch keinen Computer. Er notiert sich die Nummer auf dem Keilriemen und misst ihn sicherheitshalber noch einmal nach. Das fängt doch schon einmal gut an, es kommt nicht gleich ein bedauerndes „nein“. Dennoch ist die Wartezeit bis zum „nein“ recht kurz. Soraida sammelt mich wieder ein und setzt mich gleich beim nächsten Laden wieder ab.

NAPA Auto & Truck Parts

Bei NAPA kann ich den Keilriemen wenigstens bestellen. Er soll bis zum Ende der kommenden Woche kommen.

Zur Sicherheit bitte ich Barbara, noch einen in Deutschland zu besorgen. Der gute alte Mercedes 190 hat es nicht in einer so großen Stückzahl nach Aruba geschafft, dass jetzt noch eine nennenswerte Anzahl auf der Insel wäre. Aruba ist geprägt von japanischen Autos, Europäer sind die große Ausnahme. Wenn die Niederlande eine Automobilindustrie hätten, wäre es wohl anders, doch die Autotransporter, die hier regelmäßig ihre Waren entladen, haben zumeist die japanische Flagge im Wind wehen. Keilriemen für Volvo Penta oder Yanmar Motoren gibt es übrigens bei Budget Marine in großer Auswahl.

Ziegen in der Mitte der Schnellstraße

So habe ich in den letzten Tagen und Wochen viel Zeit im Bus verbracht und konnte das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden. Unterwegs gibt es manchmal kuriose Anblicke, wie diese Gruppe Ziegen, die einen Kreisverkehr überquert haben und nun auf der Schnellstraße laufen.

Vorbereitung eines Trauerzuges

Oder diese Beerdigung: Hier sammeln sich die Mitglieder des Drag Clubs, haben ihre Rennautos auf Anhängern mitgebracht, um einem ihrer Clubmitglieder die letzte Ehre zu erweisen. Das geht nicht ohne eine gewisse Geräuschentwicklung vor sich, denn die Motoren der Drag-Racer sind in Betrieb und werden immer mal wieder hochgedreht.

Flor de Oriente

Bei Jens und mir hat sich ein kleines Ritual eingebürgert. Etwa einmal in der Woche gehen wir in das Flor de Oriente, ein holländisches Restaurant in Oranjestad. Dort wird sehr lecker aus frischen Zutaten gekocht und es gibt nicht nur das übliche Fast-Food, das sonst auf Aruba sehr verbreitet ist. Der Geschmack der Speisen ist hier mehr an den europäischen Geschmack als an den amerikanischen Geschmack ausgerichtet.

Restaurantkaterchen im Flor de Oriente

Außerdem können wir im Flor immer mal wieder die niedlichen kleinen Kätzchen streicheln. Sie sind noch sehr jung, dafür haben sie ein superweiches Fell. Wenn sie sich nicht gerade von einem umfallenden Stuhl erschrecken lassen, kann man sie sogar auf den Schoß nehmen und streicheln. Manchmal kommt es auch zu einer Begegnung der besonderen Art.

Scientologen von der Freewinds

Die Freewinds war schon des öfteren Thema des Blogs. Bei unserem letzten Besuch im Flor kommen plötzlich diese drei Gestalten die Straße entlang gelaufen. Innerlich denke ich, dass mich das gerade sehr nervt. Wenn ich die sonst bei ihrer „Arbeit“ sehe, desinfizieren sie zumeist die Tische in den Restaurants, dann gehen sie zum nächsten Restaurant weiter. Ich will nicht, dass sie unseren Tisch desinfizieren, ich bin am essen. Doch so weit kommt es nicht. Die drei stellen sich mit Laser-Entfernungsmessern auf und vermessen mal eben die Terrasse des Restaurants. Die Besitzerin schaut dabei zu. Sie wurde nicht um Erlaubnis gefragt, sie unterbindet das Treiben aber auch nicht. Der Abstand der Tische zueinander wird ebenfalls vermessen. Rein technisch ist das hier kein Problem, denn die Tische stehen noch weiter auseinander, als von den Regeln gefordert. Es fühlt sich aber komisch an.

Abendessen – frisch gekocht und vakumiert

Um mit Soraida einmal ein gemeinsames ungestörtes Wochenende verbringen zu können, habe ich über einen Esel-Bekannten ein Apartment bekommen können. Das Abendessen bereite ich an Bord vor und verpacke es so, dass es nur noch im Wasserbad aufgewärmt werden muss. Ich besorge uns eine Tarnkappe, denn der Bus ist auf der Insel bekannt wie ein bunter Hund.

Tarnkappe.

Mit diesem kleinen, unauffälligen Mietwagen können wir uns unerkannt in Aruba bewegen. Für Soraida fühlt sich der Beifahrersitz etwas ungewohnt an. Doch die entgegenkommenden Busfahrer reagieren nicht auf ihre Grüße, die sie anscheinend vollautomatisch versendet. Wir sind unsichtbar.

Es wird ein wunderschönes Wochenende. Es ist toll, ein Wochenende mit einem Menschen zu verbringen, den man liebt.

Sandpiste bei Spanish Lagoon

Ich bin also zu meinem Vergnügen unterwegs. Und was macht Jens in dieser Zeit? Er fühlt sich wohl. Und er kümmert sich darum, dass unser Cockpit wieder einen schönen neuen Anstrich bekommt. Ansonsten fährt er mit den Bordfahrrad über die ganze Insel oder schnürt seine Laufschuhe für abendliche körperliche Ertüchtigung.

Vier Schichten Farbe und vier Schichten Lack sollten für längere Zeit genug sein. Der letzte Anstrich hat nur zwei Jahre gehalten und bestand aus zwei Schichten Farbe und zwei Schichten Lack.

Frisch gestrichen – der Cockpitfußboden. Danke Jens.

In der letzten Nacht habe ich nicht gut geschlafen. Ein dickes amerikanisches Fischerboot hat am Nachmittag tausende Liter Diesel getankt und dann die ganze Nacht mit laufendem Motor neben uns geparkt. Die Klimaanlage muss laufen. Ich mag das nicht.

Rücksichtslose Nachbarn