Feuerfisch Imbiss

Vor ein paar Wochen stellte mir Klaus in einer Mail die Frage, ob bei uns die Luft raus sei. Klaus kenne ich gar nicht persönlich, wir schreiben uns aber schon seit eineinhalb Jahren regelmäßig. Er ist ein viel erfahrenerer Segler als ich es bin, sitzt aber derzeit in Deutschland fest und sein Boot ist in Holland. Und ich sitze auf meinem Boot, das sich im Moment aber nur ein paar Zentimeter bewegt, soweit es die Leinen eben gestatten.

Gestern war ich wieder bei der Zahnärztin. Der Zahn, den sie vergangene Woche wieder aufgebaut hat, bereitet mir immer noch Schmerzen und siehe da, sie kann mit dem Bohrer noch ein paar Ecken und Kanten der Füllung wegnehme, wo sich der Zahn im Unterkiefer und der im Oberkiefer aneinander gerieben haben. Sie ist zuversichtlich, dass ich in Kürze schmerzfrei bin. Noch kann ich allerdings auf der Seite noch nicht kauen. Apropos kauen. Am vergangenen Samstag sind wir auswärts essen gegangen für einen guten Zweck.

Feuerfisch als Graffito in San Nicolas

In Aruba ist Speerfischen verboten, allerdings gibt es Ausnahmen. Eine Ausnahme ist die Jagd auf den Feuerfisch, der als invasive Art aus Asien in die Karibik kam und hier keine natürlichen Feinde hat. Es wird einiges unternommen, um diesen Räubern beizukommen. Sie fressen nämlich andere Fische und haben keine natürlichen Feinde in der Karibik. Deswegen hat man in Honduras versucht, die Haie an den Geschmack der Feuerfische zu gewöhnen. Richtig erfolgreich war das nicht. Einen weiteren natürlichen Feind haben die Feuerfische außerdem noch in der Karibik, den Menschen. Freiwillige schwimmen mit ihren Speeren los, um die Population in den Gewässern von Aruba wenigstens etwas auszudünnen. Die Beute wird dann an den Lionfish Snack geliefert, der jeden Samstagnachmittag öffnet (bei uns heißt er Feuerfisch, im Englischen ist es der Löwenfisch).

Lionfish Snack Aruba

Dickie und Edward holen uns am frühen Nachmittag ab. Beide kennen den Imbiss nicht, dabei befindet er sich in unmittelbarer Nachbarschaft von Edwards Wohnung bzw. des Arbeitsplatzes seiner Frau. Wie meinte Edward zurecht – man muss sich auch in der eigenen Gegend umsehen und schauen, wenn es neue Geschäfte oder Restaurants gibt. Stimmt!

Informationsplakat

Ein großes Plakat erklärt dem Kunden, warum es für die Natur gut ist, den Feuerfisch zu essen. Ich bestelle mir eine Portion Kibbeling, das sind mit einem Backteig ummantelte, frittierte Filetstücke. Jens bestellt einen Mix aus Kibbeling und Wings, Flügeln. Die sind aus den seitlichen Flossen gemacht und sehen auf dem Teller auch sehr gut aus. Allerdings haben sie Gräten, die Kibbeling-Stücke nicht.

Mischung aus Kibbeling und Wings

Seit ich Holland vor knapp zwei Jahren verlassen habe, konnte ich keinen ordentlichen Kibbeling mehr finden. Zwar verkauft der Fischladen im Superfood hier ebenfalls Kibbeling, doch Jens hat diesen nach einem Test für sehr, sehr schlecht befunden. Es wird ein tiefgefrorenes Industrieprodukt verkauft, dabei gibt es in Aruba so guten Fisch. Das Essen aus dem Lionfish-Snack ist von vorne bis hinten hausgemacht.

Jens und Dickie – einer wartet noch, einer hat schon sein Essen

Neben uns warten noch zwei amerikanische Touristen auf ihr Essen, deswegen dauert alles ein wenig. Auf viel Kundschaft gleichzeitig ist der Imbiss nicht eingestellt. Und nebenbei kommen immer wieder telefonische Bestellungen rein, der Imbiss scheint beliebt zu sein. Als endlich mein Essen auch seinen Weg zu mir findet, ist mir klar warum. Das Fleisch des Feuerfischs hat einen feinen Geschmack, eine schöne Konsistenz und damit ist der Kibbeling einfach nur lecker.

Kibbeling, ich habe zuerst gegessen und dann das Bild gemacht

Nach der Mahlzeit machen wir das, was dem Arubaner die liebste Freizeitbeschäftigung ist. Wir fahren einfach mit dem Auto noch eine Runde über die Insel, besuchen Baby Beach und entspannen uns zu den Reggae-Klängen aus dem Autoradio. Nach einem traumhaft kitschigen Sonnenuntergang lassen wir den Abend am Steg ausklingen.

Das bringt uns alles zwar nicht weiter, es bringt uns der nächsten Insel keinen Meter näher. Aber es tut gut, die tägliche Routine zu durchbrechen, andere Menschen zu treffen und einfach nur Spaß zu haben. Ich empfinde es im Moment gerade sehr schwer, mich selbst zu motivieren. Wir hatten gerade ein schönes Wetterfenster, um in die Ostkaribik weiterzusegeln. Das ist nun geschlossen. In der kommenden Woche gibt es sogar ein zweitägiges Flautenloch, sagt mir mein Wetterorakel. Dann würden wir Diesel verbrennen oder in der karibischen See herum torkeln.

Wettervorhersage

Das bedeutet, dass ich keinerlei Prognose mehr über einen möglichen Abfahrtstermin wage. Wenn ich von einer Weiterfahrt rede, werde ich inzwischen ausgelacht. Die Einheimischen machen mir sogar Angebote für Immobilien, was ich nicht mehr lustig finde. Das Gute im Schlechten ist, dass mein Fußgelenk inzwischen wieder fast normale Maße angenommen hat und ich mich auf dem Vorschiff nicht mehr unsicher fühlen würde.

Brötchenteig

Aruba ist klebrig aber Aruba ist nicht das Ende. Wir werden diese Insel verlassen, das ist sicher. Wann das der Fall sein wird, ist noch nicht endgültig geklärt. Jeder hat Hochs und Tiefs in seinem Leben, ich befinde mich gerade in einem Tief. Deswegen freue ich mich, dass Jens heute versucht, frische Brötchen zu backen. Ich bin auf das Ergebnis gespannt und darauf, ob ich sie auf der linken Seite auch kauen kann.

2 Antworten auf „Feuerfisch Imbiss“

  1. Oh Mensch… ich fühle sehr mit Dir und schicke virtuell Kraft und Geduld.
    Robert Frost sagte folgendes, was ich irgendwie unschlagbar wahr und tröstlich finde:
    Ich kann das, was ich über das Leben gelernt habe, in drei Wörtern zusammenfassen: Es geht weiter.
    Ganz liebe Grüße aus Porto Santo
    Christina @Serenity

  2. Moin Jörg, das wird schon wieder. Zahnweh, Fußweh und schlechte Wetterprognosen sind vielleicht etwas viel Frust auf einmal. Auf dieser Seite des Atlantiks sieht es jedoch aus anderen Gründen nicht rosiger aus, insofern nutze die Zeit in der Karibik noch ein wenig.
    Gruß Klaus

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