Alles Gute zum 25. Geburtstag, Felix. Diesen Beitrag habe ich vor unserer Abreise in Aruba vorbereitet, er sollte eigentlich heute erscheinen, was er auch tut. Ich muss ihn nur ein wenig umschreiben, denn schließlich befinden wir uns nicht mehr auf dem Ozean, sondern wieder in Aruba.
Als letzte Sehenswürdigkeit in Aruba haben wir uns vor der Abreise den Nationalpark aufgehoben. Wir mieten uns für einen Tag einen Jeep mit Allradantrieb. Damit fahren wir in den Nationalpark Arikok und gleich über die Offroad-Strecke zum natürlichen Pool Conchi. Dort können wir es uns über eine Stunde lang entspannen, bevor eine große Gruppe anderer Touristen auftaucht.
Nach dem Schwimmen kommen die Höhlen. Wir besichtigen die beiden Höhlen. Wie schon bei unserem letzten Besuch ist die zweite Höhle die schönere. Von einem Raum in den nächsten geht es im Untergrund. Die einzelnen Räume sind schön beleuchtet, weil die Decke an mehreren Stellen eingebrochen ist.
Barbara, die sich vor einigen Tagen eine neue Kamera gekauft hat, prüft diese immer noch auf Herz und Nieren. Sie fotografiert begeistert und wird viele schöne Bilder aus Aruba mit nach Hause bringen.
Auch wenn sie nun mit KLM und nicht mit Sissi nach Europa kommt, wird ihr diese Reise in jedem Fall im Gedächtnis bleiben.
Meiner Meinung nach ist der dritte Tag einer mehrtägigen oder mehrwöchigen Seereise der schlimmste. Noch ist man nicht an das Leben an Bord gewöhnt und an die Bewegungen des Boots bei Nacht, wenn man schlafen möchte. Noch fallen die Schritte an Bord schwer, die Beine sind noch nicht an die See gewöhnt. Am dritten Tag ist man deswegen meist sehr müde, die meisten Tätigkeiten fallen schwer. Ich tue mich sehr schwer, eine Entscheidung zu treffen.
Barbara ist seit mehr als 40 Stunden schwer seekrank, eine Besserung ist nicht in Sicht. Wir haben alles versucht, von Reisetabletten über Bananen und Kekse, Schonkost und und und… Doch was wir auch versuchen, es bleibt nicht drin. Das ist kein guter Anfang für einen knapp vierwöchigen Törn. Es droht Dehydrierung, schwach ist sie sowieso. Unser Wasser an Bord ist nicht geeignet, dem Körper Mineralien zu geben, denn der Watermaker liefert ausschließlich reines Wasser. Nüsse, Knabberkram und die Nahrung, die sonst dem Körper gibt, was er braucht, wollen nicht an ihr Ziel.
Was haben wir für Alternativen? Einen Hafen in der Dominikanischen Republik oder in Puerto Rico anzulaufen wäre eine Option. Das Problem ist, dass die alle noch sehr weit weg sind. Letztendlich gibt es nur eine Möglichkeit. Wir drehen um und fahren zurück nach Aruba. Dort können wir in weniger als zwei Tagen ankommen. Alle anderen Ziele, die für Jens und mich vielleicht günstiger wären, fallen somit aus. Also fahren wir eine Halse und lenken Sissi wieder in die Richtung, aus der wir gekommen sind.
Sofort kommt Ruhe ins Boot. Ein Kurs vor dem Wind ist immer komfortabler und ruhiger als ein Kurs am Wind. Sissi gleitet nahezu geräuschlos durch die Wellen. Wenn nicht hin und wieder eine heftige Welle käme, die uns ordentlich rollen lässt, würde es sich für mich anfühlen, als seien wir im Hafen. Ein Blick in Barbaras Gesicht sagt mir, dass Sissi vielleicht doch nicht so ruhig liegt, wie ich es mir vorstelle. Die Entscheidung war goldrichtig. Wir ziehen die Genua noch ein Stück heraus und fahren maximale Geschwindigkeit. Der Navigationscomputer berechnet eine Ankunftszeit noch am Dienstag.
In der Nacht frischt der Wind etwas auf. Wir kommen teilweise auf eine Geschwindigkeit von über 7 kn. Natürlich hilft die Strömung da ein wenig mit, dennoch ist es eine wunderbare Segelei. Das Boot liegt so ruhig, dass ich Jens bei der Wachablösung fast gar nicht wecken kann. Erst bei meinem dritten Versuch berappelt er sich und kommt aus seiner Koje.
Am Morgen wecken mich zunächst die Stimmen von Barbara und Jens. Sie spricht. Sie spricht mehr als nur ein paar Worte. Das halte ich für ein gutes Zeichen. Immerhin, sie fühlt sich etwas besser. Nein, auch auf dem Vorwindkurs hat der Nachtschlaf nicht geholfen, die Seekrankheit aus dem Hirn zu fegen. Die Entscheidung umzukehren war goldrichtig. Gegen Mitternacht erwarten wir, den Hafen Barcadera wieder zu erreichen. Gegen Mitternacht wird das Geschaukel enden. Während ich diese Zeilen schreibe, führt jede größere Welle zu einem Stöhnen seitens Barbara. Es sind zum Glück keine 12 Stunden mehr.
Es ist Tag 2 unserer Reise. Wir rechnen unsere Tage immer von Mittag bis Mittag Bordzeit, wenn wir unser Etmal bestimmen. Regelmäßige Leser des Blogs wissen schon, dass es sich hierbei um die von Mittag bis Mittag zurückgelegte Strecke handelt. Ich lese das Etmal also am Bordcomputer ab und trage es ins Logbuch ein. Der Wind ist nahezu perfekt. Wir segeln den härtest möglichen Kurs am Wind, das ist gleichzeitig der härteste Kurs für Sissi und ihre Crew. Da der Wind nur drei bis vier Windstärken hat und sich die Welle in Grenzen hält, fahren wir viel komfortabler, als es auf dem Rückweg von Kuba nach Aruba war. Die Luken sind wasserdicht, die haben wir prima repariert. Unsere Batterien platzen vor Strom, der Wassertank ist so voll, dass wir den überschüssigen Strom nicht einmal im Watermaker verheizen können. Die Zubereitung des vakumierten Gemüses ist wirklich einfach, wir sind sehr glücklich mit dieser Strategie. Doch wir sind nicht glücklich.
Erst versuchen wir den ganzen Nachmittag, Barbara wieder auf die Beine zu bekommen. Seekrankheit ist böse. Es ist ja nicht nur so, dass man sich lediglich übel fühlt. Die Nahrungsaufnahme ist ein Problem, die Aufnahme von Flüssigkeit noch mehr. Immer wieder erinnern wir sie daran, dass sie trinken muss. Leider ist es weiterhin so, dass der Eimer ein ständiger Begleiter von Barbara ist. Das einzige verfügbare Mittel gegen Reisekrankheit sind Tabletten, die sich im Magen auflösen. Leider bleiben sie nicht lange genug im Magen drin. Ich fange an, mich mit den Anlaufhäfen in der Dominikanischen Republik und in Puerto Rico zu beschäftigen. Dementsprechend schicke ich auch eine Anfrage an Stefan von der Roede Orm, der uns in Wetterfragen und auch sonst unterstützt.
Jens meldet sich vom Abendessen ab. Ihm geht es ebenfalls nicht richtig gut. Damit hat er für seine Verhältnisse 24 Stunden Verspätung. Normalerweise ist er am ersten Tag krank und dann nie wieder. Mit zwei Kranken an Bord fühle ich mich nicht mehr so richtig wohl. Wir fahren in die Nacht. Den tollen Sternenhimmel kann ich nicht richtig genießen, ich mache mir Sorgen.
Als ich die Mails um Mitternacht abrufe, kommt eine Antwort von Stefan mit der Frage, warum wir nicht nach Aruba zurück fahren. Er hat ja recht. Aruba ist der nächstgelegene Hafen, auch wenn wir dafür knapp 200 Meilen zurück fahren müssen. Die Tatsache sticht mir in den Bauch wie ein Messer. Der Gedanke ist valide und im Prinzip der einzig richtige Gedanke. Ich sitze unter dem Sternenhimmel und denke daran, wie klebrig Aruba wirklich ist. Ich hoffe, dass ich Barbara morgen früh munter im Cockpit sitzen sehe und dass ihre Krankheit ausgestanden ist.
Morgens um 10:30 Uhr werde ich wach. Barbara liegt in ihrem Bett. Jens geht es gut, er hat seine Wache überlebt. Wir besprechen die Situation. Wenn es bis zum Abend nicht besser wird, kehren wir um. Auf dem Rückweg nach Aruba wird sich die Seekrankheit wahrscheinlich in wenigen Stunden legen, weil wir dann nicht mehr am Wind, sondern viel komfortabler vor dem Wind fahren. Außerdem spielt uns die Strömung in die Hände, wir werden zurück wesentlich schneller unterwegs sein. Ich will das nicht. Natürlich freue ich mich darauf, Soraida wieder zu sehen. Sich dann aber innerhalb weniger Tag wieder verabschieden zu müssen, wird eine harte Nummer werden. Also hoffen wir, dass wir Barbara im Laufe des Nachmittags wieder fit bekommen können.