Der Motor tuckert im Leerlauf, der Autopilot hält Kurs. Ich nutze den ruhigen Flusslauf, um die Fender und Leinen einzusammeln und zu verstauen. Normalerweise macht das meine Crew. Der Yachtclub liegt hinter mir, ich fahre an der nächsten Marina vorbei. Dabei drückt mir der Kaffee ordentlich auf die Blase. Der Flusslauf ist frei, keine feindlichen Boote in Sicht. Also springe ich schnell runter auf die Toilette. Dann höre ich einen Schrei und es rumpelt. Quasi mit offenem Hosenlatz stürme ich nach oben und sehe das Malheur. Sissi hat ihren Anker an einer ordnungsgemäß in der Marina festgemachten Segeljacht im Heckkorb eingefädelt. Scheiße.
Wahrscheinlich verläuft der Strömung nicht 100% mit dem Fahrwasser, sondern strömt auch durch die Marina. Der Autopilot konnte da bei der geringen Drehzahl den Kurs nicht halten. Normalerweise hätte meine Crew das Ruder bedient, wenn ich die Toilette bediene. Das fängt ja gut an mit dem Einhandtörn. Kräftige Rückwärtsgas befreit Sissi, ich drehe um und lege an einem freien Landeplatz an. Derweil fängt ein anderer Marinalieger mein Opfer wieder ein. Ich verstehe zunächst gar nicht, wieso sich das Boot plötzlich in den Strom gedreht hat. Dann wird es mir klar: Die kleine Berührung hat den Steg zerrissen, der war wohl schon ein wenig morsch. Ausgerechnet an der Stelle, an der die Klampe des anderen Segelboots war.
Der Hafenmeister kommt. Nicht, weil der Steg kaputt ist oder weil ich das Boot gerammt habe, sondern weil ich auf dem Parkplatz eines Fischerboots festgemacht habe. Ich erkläre ihm die Situation. Er klettert an Bord meines Opfers und kann keinen Schaden feststellen. Zum Steg meint er nur, dass ich das nicht gewesen bin. Er wusste wahrscheinlich auch, dass das Holz seine besten Tage schon hinter sich hat. Nach wenigen Minuten kann ich die Fahrt fortsetzen.
Raus aus der Bucht, Segel rauf und Motor aus. Der Wind ist gut, ich kann meinen Wunschkurs anlegen. Das Wetter ist irisch. Den ganzen Tag sehe ich die Sonne nicht, dafür regnet es in verschiedenen Stärken. In der Dunkelheit muss ich später ein paar beweglichen Leuchttürmen ausweichen, die Fischerboote sind heller als die meisten Leuchttürme. Jetzt würde ich normalweise meine Crew wecken und ein paar Stunden schlafen. Das geht natürlich Einhand nicht. Den ganzen Abend schon lege ich mich immer mal eine halbe Stunde hin und stelle mir den Wecker, wenn ich nicht gerade um Leuchttürme herumsegle. Morgens um fünf bin ich müde aber glücklich, denn die irische Südküste liegt hinter mir. Ich kann den Kurs nach Norden ändern.
Drei Stunden lang kämpfe ich mich nun durch heftige Wellen vor Rosslare. Ich habe den Kurs zu früh geändert, bin zu dicht an die Küste gekommen und darf das jetzt ausbaden. Außerdem war ich drei Stunden zu früh da. Ich wollte mit auflaufender Tide diesen Bereich befahren, hier sind die Strömungen am größten. So kommt mir die Strömung entgegen, der Wind von hinten bringt hohe Wellen und das alles macht keine Freude.
Gegen Mittag beruhigt sich die Situation wieder. Jetzt treibt mich die Strömung, auch die Wellen sind angenehmer geworden. Es reicht sogar für einen Blog mit Bild. Es sind jetzt weniger als 120 Meilen bis Douglas. Morgen Nachmittag muss ich zum Hochwasser (+/- 2 Stunden) ankommen, damit der Hafen geöffnet hat. Hochwasser ist etwa um 15 Uhr. Wenn ich zwischen 13 und 15 Uhr ankomme, kann ich gleich hinein fahren und muss nicht warten. Das schaffen wir, Sissi und ich und der Windpilot!
1. Etmal: 116 nm
Position: 52°25’N 5°49’W