Kühler Äppler

Ende Mai bat mich meine Schwester um Soraidas Adresse. Sie wollte mir ein Paket schicken. Es war noch im Monat Mai, als mich von Christine eine Nachricht erreichte. Das Paket sei in Aruba angekommen. Sie hat es im Tracking gesehen. Anschließend passierte gar nichts.

Post aus Deutschland

Vergangenes Wochenende dann spricht mich Soraida an. Sie hat eine Benachrichtigung bekommen, dass ein Paket abzuholen ist. Es liegt im Postamt in Oranjestad, wo ich schon einige kurzweilige Stunden im Wartebereich verbracht habe. Die Post hat nur von Montag bis Freitag geöffnet, also muss ich mich noch ein paar Tage gedulden. Das mache ich doch gerne, schließlich kenne ich den Inhalt des Pakets.

Ferienkätzchen

Ich kann nicht gleich am Montagmorgen zur Post gehen, habe ich doch eine Verabredung mit drei Dutzend spitzohrigen Tieren. Die Katzen und Kätzchen gehen vor. Zuerst gehe ich meinen Aufgaben im Tierheim nach. Nach Füttern und Reinigen kommt normalerweise noch das Streicheln und Schmusen. Das lasse ich diesmal weg, ich will vor der Mittagspause im Postamt sein. Beim nächsten Mal werde ich die süßen Kätzchen wieder ausgiebig streicheln. Der kleine Kerl auf dem Foto ist eigentlich von einer Touristenfamilie adoptiert worden. Angeblich wollten sie ihn mit nach Hause nehmen. Statt dessen haben sie ihn und seinen Bruder am Ende ihres Urlaubs wieder abgegeben. Ich versuche gar nicht, das zu verstehen.

24 Dosen Apfelwein

Mit dem Abholschein in der Hand betrete ich das Postamt. Hier liegt die Betonung definitiv auf dem Wort „Amt“. Vom Sicherheitsmann am Eingang werde ich zum ersten Schalter geschickt. Dort wird meine Identität und die Berechtigung, das Paket abzuholen, akribisch geprüft. Mein Ausweis wird kopiert, Soraidas Führerschein ebenfalls. Den musste ich nämlich auch mitnehmen. Anschließend darf ich zum nächsten Schalter aufrücken. Dort muss ich die Gebühren und den Zoll für das Paket bezahlen. Dann geht es für mich weiter in die Schlange vor dem Schalter drei, an dem ich das Paket schlussendlich in Empfang nehmen darf. Ich verlasse das Postamt fröhlich.

Kühler Apfelwein

Jetzt heißt es wieder warten. Mein Kühlschrank funktioniert gut, er ist aber nicht sehr schnell. Ich lege eine der 24 Dosen direkt unter das Kühlaggregat. Diesmal fällt mir das Warten sehr, sehr leicht, denn aus dem Gedanken an ein Paket Apfelwein wurde echter Apfelwein. Diesen Geschmack gibt es auf Aruba sonst nicht.

Die Abendsonne wirft lange Schattten

Als die Abendsonne beginnt, immer längere Schatten zu werfen, beschließe ich, dass der Apfelwein nun auf Trinktemperatur ist. Unter leisem Zischen öffnet sich die Dose. Das Gerippte bekommt endlich wieder einmal eine standesgemäße Füllung. Andächtig genieße ich den Moment, ich mache eine Aufnahme des goldenen Trankes in der Sonne.

Das zischt wie Apfelwein

Wie unglaublich gut das schmeckt. Der hiesige sogenannte Cider ist im Prinzip Zuckerwasser mit Apfelaroma. Aus dem Apfelwein schmecke ich fast die einzelnen Äpfel heraus. Wenn ich die Augen schließe, kann ich den Main durch Frankfurt fließen sehen. Der Lärm der nebenan startenden Flugzeuge wäre auch in Frankfurt ortstypisch. Viel zu schnell ist die Dose geleert. Auf jeden Fall werde ich mir Dosen für meinen Geburtstag aufheben.

Leer…

Ein fantastisches Sommergetränk. Ich werde beim nächsten Besuch im Superfood noch Sprudelwasser mitbringen. Bei 34°C Außentemperatur kann man auch mal einen Gespritzten probieren. Danke, Christine!!!

Freiheit für Jip

Ich sitze am Salontisch und blicke auf all die Gegenstände, die sonst in der Bugkoje und in der Segellast lagern. Es ist später Nachmittag und unerträglich heiß. Der Hurrikan Elsa hat uns in Aruba für ein paar Tage den Passat geklaut. Ich versuche mich an einem Beitrag für das Blog. Plötzlich bleibt mein Ventilator stehen. Auch das Internet ist von Aruba abgeschnitten, zumindest aber von meinem Boot.

Ich gehe auf die Fehlersuche. Auf dem Steg treffe ich Paul, den Besitzer der Marina. Er überprüft gerade die Stromversorgung seines Boots. Okay, wir haben ein Stromausfall am kompletten Steg. Das Marina-Restaurant Fish House hat ebenfalls keinen Strom. Also betrifft der Stromausfall sogar die ganze Marina. Nach einer halben Stunde wird es mir zu bunt. Ich fahre nach Oranjestad in meine Lieblingsbar. Dort erwarte ich Freunde zu treffen und mehr Informationen zu bekommen.

Nachts in Oranjestad

Ich treffe Paul (den ich bei den Eseln kennengelernt habe, nicht den aus der Marina), seine Freundin Sanne (die 50% der Bar besitzt) und Germille (der Pizzabäcker in der Bar). Gerade tragen sie das Mobiliar hinein, die Bar hat nämlich auch keinen Strom. Die für den Abend angekündigte Band kann nicht spielen. Germilles Vater ist ein wichtiger Mann bei den örtlichen Elektrizitätswerken. Germille meint, sie würden ihn nur in ganz üblen Situationen aus dem Feierabend rufen. So bekommen wir ziemlich zeitnah exklusive Informationen, denn Paul stellt uns Internet über seinen mobilen Hotspot zur Verfügung. Angeblich ist eine Turbine im Kraftwerk zerstört worden sein. Der Stromausfall betrifft die ganze Insel und soll die ganze Nacht dauern. Germille hofft, dass seine Lebensmittel im Kühlschrank die Nacht überleben. Die Sorgen habe ich nicht. Die Bar schließt kurz nach Einbruch der Dunkelheit.

Ätsch, wir haben einen Generator

Auf dem Weg zurück fällt mir auf, dass die Straßen voll sind. Mir kommen die Worte von Anneke wieder ins Gedächtnis, dass sich die Leute bei Stromausfall in die Autos setzen und herumfahren, weil die Klimaanlage im Haus nicht mehr funktioniert. Großer Blackout, viele Autos. Es staut sich an allen Ecken. Die Marina erstrahlt in Festbeleuchtung, denn direkt neben dem Eingangstor brummt nun ein Dieselgenerator. Zurück auf Sissi nehme ich es noch als schwaches Geräusch wahr. Ist nicht schlimm, so klingt halt Strom. Der Ventilator funktioniert wieder und das Internet ebenfalls.

Beim letzten Katzenbesuch hatte ich eine wunderschöne Aufgabe. Der kleine Jip, der seit Wochen von den anderen separiert in einem Käfig sitzt, hat seinen Durchfall auskuriert. Er darf jetzt zu den anderen Kätzchen. Das freut ihn richtig. Die Aufnahmen sind kurz vor und nach dem Öffnen der Käfigtür entstanden. Ich würde den Kleinen ja so gerne nehmen.

Keine Panik, ich nehme ihn nicht. Katzen haben meiner Meinung nach auf Segelbooten nicht allzu viel verloren. Jetzt darf ich bloß nicht schwach werden in der nächsten Zeit. Alleine die Formalitäten beim Grenzübertritt mit einer Katze will ich nicht haben.

Der Generator jedenfalls ist heute verstummt, trotzdem geht der Strom wieder. Schön. Ich muss noch Karotten kaufen, dann bin ich bereit zum Besuch der Esel heute Nachmittag.

Leben auf der Baustelle

Schon wieder fällt mir auf, dass ich einige Tage nichts veröffentlicht habe. Dabei ist es nicht so, dass hier nichts passieren würde. Außer am vergangenen Freitag, da war nämlich der Wahltag in Aruba. Dank eines Verkaufs- und Ausschankverbots für Alkohol waren die Bars geschlossen. Auch der Genuss von Alkohol in der Öffentlichkeit war mit Geldbuße belegt.

Geschlossen am Wahltag

Das hält die Arubaner natürlich nicht davon ab, sich nicht trotzdem zu betrinken. Die Wartezeit ist lang, bis die Stimmen alle ausgezählt sind. Um halb drei Uhr in der Nacht steht das Ergebnis fest, gewonnen hat die MEP. Das ist die Partei, die schon vorher die Regierung geführt hat. Die Regierung, die wegen eines Korruptionsskandals zurücktreten musste.

Es gibt jedoch auch Stimmen die behaupten, dass die Konkurrenz (AVP) recht froh ist um den Wahlsieg des Gegners. Die Einwohner werden in nicht allzu ferner Zukunft Einschnitte hinnehmen müssen oder höhere Steuern bezahlen, da der Staatshaushalt aufgrund von Covid-19 ziemlich in Schieflage geraten ist. Wenn der Name der eigenen Partei damit verknüpft ist, schmälert das in der fernen Zukunft die Chancen auf Wahlsiege.

Schmücken für die Parade

Zunächst einmal ist die Freude bei den Siegern groß. Am Samstag bekomme ich davon gar nicht so viel mit, am Sonntag wird es jedoch überdeutlich. Überall schmücken die Anhänger der MEP ihre Grundstücke in den Farben der Partei. Auch Soraidas Nachbarn sind mit von der Partie. Traditionell findet am Sonntag nach der Wahl nämlich immer eine Parade statt, ein Autokorso der Sieger über die ganze Insel. Ein letztes Mal Verkehrsstau auf den Straßen. Die Parade kommt sogar durch die echt abgelegene Ecke, in der Soraidas Haus steht.

Warten auf die Parade

Das brauche ich mir nicht anzutun. Ich flüchte zu den Eseln, dort ist der Sonntag aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens eher ruhig, denn die Touristen kennen die Schleichwege nicht. Auch die Einheimischen kommen nicht zu Besuch. Ein Grund ist sicherlich, dass die Niederlande gerade ein Fußballspiel verlieren. Ein anderer Grund ist wohl, dass die MEP-Fans am Straßenrand auf die Parade warten.

Sunchi putzt Shrimp

Um eine ausreichende Zahl von Katzen um mich herum muss ich mir nun keine Sorgen mehr machen. Am Montag bin ich vormittags im Tierheim und kümmere mich um die Katzen. Nach getaner Arbeit (füttern und reinigen) kann ich die Spitzohren nach Lust und Laune streicheln. Sie sollen an Menschen gewöhnt werden. Das mache ich doch gerne. Nur mit den Namen habe ich es noch nicht so, zum Glück tragen die meisten von ihnen Halsbänder mit ihrem Namen und einer Nummer.

Wer möchte mich adoptieren?

Gesprochen wird Holländisch, das Tierheim ist ein holländischer Ort. Inzwischen bin ich so weit, dass ich einem Gespräch in dieser Sprache durchaus folgen kann, sprechen kann ich aber noch kein Wort.

Glückskatze

Den Katzen ist das reichlich egal, ihnen genügen Futter und ein paar Streicheleinheiten. Im Gegensatz zu manch anderen Einrichtungen dieser Art gibt es hier keine Höchstdauer, die die Tiere auf eine Vermittlung warten dürfen. Das könnte ich nicht – Katzen füttern, die nächste Woche eingeschläfert werden, weil sie zu lange warten. Elvis beispielsweise ist fünf Jahre alt und wird wohl nie adoptiert werden.

Schlafender Tiger

Nach dem Essen ist erst einmal ein Schläfchen angesagt. Nach dem Schläfchen kommt ein Nickerchen und anschließend möchte der Kater sicher noch etwas dösen. Ich habe ein kleines Video von der Raubtierfütterung. Der Käfig muss von Katzen befreit werden, damit er gereinigt werden kann. Dafür stellt man den Katzen das Futter vor die Tür.

Wenn ich nicht gerade Katzen bespaße oder Esel besuche, habe ich die Arbeiten an Bord. Das wird nicht langweilig und findet auch so schnell noch kein Ende. Um die Ursache für das in die Vorschiffskoje tropfende Wasser zu finden, räume ich den Raum erst einmal aus. Nur – wohin mit all den Sachen, die sich sonst auf den Kojen und in der Segellast tummeln. Erst einmal in den Salon. Der ist jetzt total gemütlich.

Der Salon als Lagerraum

Anschließend kommt die Deckenverkleidung runter. Ich klebe auf jedes einzelne Holzteil einen Streifen Krepp. Dann werden die Teile durchnummeriert. Anschließend fotografiere ich das. Das muss reichen, um es später wieder zusammen zu setzen.

Die Deckenverkleidung ist runter

Nach der Deckenverkleidung muss noch ein Stück von der Wandverkleidung herunter. Ich fange da an, wo es immer zuerst getropft hat. Das zahlt sich aus, schnell gelange ich an die Stelle. Der Decksdurchbruch für einen der Püttinge ist undicht. Es ist eindeutig zu sehen, wo das Wasser immer heruntergelaufen ist.

Hier kommt das Wasser rein

Von oben sieht man davon natürlich nichts. Solche Schäden entstehen nicht von heute auf morgen, die Abdichtung wird über die Jahre immer schlechter. Ich gehe davon aus, dass ich alle sechs Durchbrüche neu abdichten darf, schließlich sind sie alle gleich alt.

Nicht ganz dicht.

Und wieder einmal stehe ich vor der Frage, wie ich die Reparatur am besten angehe. Ich muss mich beraten und treffe mich mit einem anderen Segler, der mir gute Tipps gibt. Davon ist die Arbeit natürlich noch nicht getan. Ich brauche einen Tag mit bedecktem Himmel, wenn ich an Deck arbeiten möchte – außer ich mache das ganz früh am Morgen.