Happy Island

Wie versprochen schreibe ich nun einen Beitrag über das, was mir in Aruba besonders gefällt. Die Insel versteht sich als glückliche Insel und das stimmt. Ich habe hier einen einzigen unfreundlichen Menschen kennengelernt. Der ist von Beruf Busfahrer. Nicht nur freundlich, die Menschen hier sind hilfsbereit. Wenn sie amerikanischen Touristen gegenüber hilfsbereit sind, erwarten sie eine Gegenleistung in Form von Dollarscheinen. Ich zahle das nicht. Ich bin schon so lange auf diesem Planeten, dass sie sich an mich gewöhnt haben.

Die lange Phase der wirtschaftlichen Dürre hat einige allerdings so sehr in die Armut getrieben, dass die Autos eigentlich immer auf Reserve laufen. Selbstverständlich entschädige ich die Leute für ihre Fahrdienste mit Sprit. Das dient auch meinem Selbstschutz, ich möchte nicht in der arubanischen Einöde wegen Spritmangel liegenbleiben.

Die Menschen hier sind also glücklich, freundlich und hilfsbereit. Außerdem sind sie nett zueinander im Straßenverkehr. Selbst den vierspurigen „Highway“ kann man problemlos zu Fuß überqueren, ohne dass man Gefahr läuft, überfahren zu werden. Einerseits ist der Verkehr dünn, andererseits bremsen sie immer sofort für Fußgänger. Das gilt auch für alle anderen Straßen. Das gilt auch anderen Autofahrern gegenüber. Wenn zum Beispiel ein Linksabbieger aus der Gegenrichtung den Verkehr blockiert, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass einer meiner Vorderleute ihm die Vorfahrt schenkt und ihn abbiegen lässt.

Der einzige Wermutstropfen ist, dass der vorstehende Absatz für die Autos gilt, deren Kennzeichen mit einem A beginnt. Die Kennzeichen von Mietwagen beginnen mit einem V. Die Touristen haben keine Ahnung von den hiesigen Gewohnheiten. Das schafft manchmal brenzlige Situationen.

Wunderschöne Installation. Ich sammle diese Schönheiten jetzt.

Freitag vergangene Woche erhalten wir im Donkey Sanctuary eine Nachricht, dass wir die Bierdosen aus dem Kühlschrank räumen müssen. Die Regierung hätte entschieden, dass der Verkauf von Alkohol wegen der anhaltend hohen Zahl von Covid-19 Neuinfektionen ab Mitternacht verboten sein würde. Selbstverständlich gebe ich diese Information an die anderen Segler weiter. Einige hatten sie schon aus anderen Quellen, andere waren sehr dankbar. Ich bitte Edward, mich für einen Biereinkauf zum Supermarkt zu fahren. Er holt mich sogar im Donkey Sanctuary ab, fährt mich zum Supermarkt und dann in die Marina. Jetzt kann ich die Prohibition aussitzen – falls sie kommt.

Am Sonntag sind die Bierdosen wieder im Kühlschrank. Falscher Alarm. Statt der Prohibition haben wir jetzt eine Ausgangssperre von 22 Uhr bis 5 Uhr morgens.

Socks und Swa beobachten ihre Umgebung

Das Donkey Sanctuary hat derzeit Personalprobleme. Krankmeldungen und die Anordnung von Quarantäne machen es schwer, alle Dienste zu besetzen. Jutta wird in dieser Woche aus Deutschland zurück kommen. Ich hoffe, sie macht wieder mit. Freie Dienste gibt es im Moment genug. Letzte Woche habe ich meine Knochen nach vier aufeinanderfolgenden Tagen recht gut gespürt.

Wenn die Fallzahlen nicht wieder nach unten gehen, werden noch weitere Maßnahmen diskutiert. Shelter at home beispielsweise. Das gab es im März/April schon einmal. Man darf dann nur mit einem triftigen Grund auf die Straße. Wie sie das in Verbindung mit dem Tourismus organisieren wollen, ist mir ein Rätsel. Das Problem ist im Augenblick, dass die Menschen hier so glücklich sind. Sie sind schwer von ihren Partys zu trennen. Kann man nicht am Strand oder in der Strandbar feiern, macht man es eben zu Hause und verbreitet das Virus dort.

Ein Alkoholverbot gab es im Jahr 2013 schon einmal. Nur Touristen hatten das Recht, Alkohol in Bars oder Restaurants zu kaufen. Damals wollte man einen ruhigen Verlauf der Wahlen sicherstellen. An den beiden Tagen vor der Wahl durften Einheimische keinen Alkohol kaufen.

Sweety auf Eis. Hier brauchen die Katzen keinen Ofen.

Die Zahl der aktiven Infektionen stagniert inzwischen auf einem anhaltend hohen Niveau. Jeden Tag kommen 100 Neuinfektionen dazu, 100 Menschen gesunden und die Gesamtzahl liegt etwa bei 1300. Hin und wieder stirbt ein Patient. Das Krankenhaus vermeldet allerdings, dass es inzwischen längst an der Leistungsgrenze arbeitet. Man müsse die Fallzahlen unbedingt senken.

Ich habe nicht das Gefühl, dass die Arubaner jetzt weniger glücklich sind. Die Menschen hier machen mir den Aufenthalt zu einer schönen Zeit.

Starkregen

Kurz vor der Eselfütterung setzt am Sonntag ein Starkregen ein, der unsere Aktivitäten ganz schnell wegspült. Anneke und ich haben keine Lust, jetzt die Esel zu füttern. Statt dessen warten wir, bis der Regen aufhört. In diesem Land eine gute Strategie. Ich arbeite immer gerne mit Anneke zusammen, auch weil sie so schöne Geschichten hat. Zum Beispiel die über die arubanischen Krankenschwestern, die für eine gewisse Zeit in die Niederlande gegangen sind, um dort in einem Krankenhaus zu arbeiten. An einem Tag erschienen sie mit starker Verspätung am Arbeitsplatz. Auf die Frage nach dem Grund antworteten sie, dass es geregnet hätte.

In Holland erscheint mir die Strategie des Wartens nicht ganz so erfolgversprechend. Ich liebe diese Art von Geschichten.

Bavaria

Ich arbeite jetzt schon seit einigen Monaten im Donkey Sanctuary. Dabei komme ich natürlich mit so manchem Besucher in Kontakt. Viele sind überrascht von meiner Nationalität, kommen dann aber so richtig auf Touren. Ob ich denn schon im deutschen Restaurant gegessen habe, will man immer wieder von mir wissen. Das war bis gestern Abend nicht der Fall. Das Restaurant liegt in einer Gegend, in der sonst eher hochpreisige Restaurants zu finden sind. Außerdem ist die deutsche Küche bei mir an Bord einigermaßen gut repräsentiert.

Jo, Stewart und Johnny machten sich gestern gemeinsam mit mir auf den Weg zum Restaurant Bavaria. Einziger Wermutstropfen bei der Sache: Ich bin der Fahrer. Also darf ich mir die Kühlschränke mit über 100 verschiedenen Bieren nur anschauen.

Bavaria Aruba, Wirt Peter hinter dem Tresen

Es wirkt auf den ersten Blick ungemütlich. Insbesondere der Tresen, aus Bierkästen erbaut, macht einen sterilen Eindruck. Das ist eine Folge der Anti-Covid-Maßnahmen, die im Augenblick Barhocker am Tresen verbieten. Aus den Lautsprechern ertönt volkstümliche Musik, die in meinen Gehörgängen schmerzt. Peter aus Siegen, der vor zehn Jahren dieses Restaurant aufgemacht hat, erklärt mir mit inzwischen schwer niederländischem Akzent bei seiner Aussprache, dass es sich um Radio Heimatmelodie handelt, ein Internetradiosender aus Bayern. Jeder Leser ist aufgefordert, länger als eine Viertelstunde zuzuhören.

Meine Idee, einen anderen Internetradiosender aus Bayern, Rockantenne, einzuschalten, wurde mit einem Lächeln hinter der weiß-blauen Maske quittiert. Seine Gäste würden diese Musik erwarten. Die drei Amerikaner am Tisch wirkten jedenfalls nicht verstört.

Die Speisekarte ist schon ziemlich gut und repräsentiert Süddeutschland, vom Schwarzwald bis zur österreichischen Grenze. Über die Zubereitung und den Geschmack kann ich nicht klagen, mein gar nicht so süddeutscher Sauerbraten war sehr lecker. Nur das Rotkraut war nicht mein Fall – ich war allerdings vorgewarnt. Peter erklärte mir, dass es hier nicht traditionell geht, sondern süß sein muss. Okay. Stewart war von seiner Schweinshaxe mehr als begeistert. Jo hat sich die Hälfte ihres Gulaschs einpacken lassen, sie war völlig überwältigt von der Portionsgröße. Auch Johnny musste sich Essen einpacken lassen. In Sachen Portionsgröße ist es hier wirklich typisch deutsch. Mein Fazit: Ich komme wieder, wenn ich Lust auf eine Schweinshaxe habe.


In Sachen Covid-19 kommt die Insel nicht so recht zur Ruhe. Vor knapp drei Wochen schrieb ich, dass die Zahl der aktiven Fälle auf knapp 300 angestiegen war. Wohlgemerkt, wir sind bei Null gestartet. Heute sind wir bei 1165 aktiven Fällen bei einer Gesamtzahl von inzwischen 1670. Die erste Welle verursachte gerade einmal 102 Infektionen. Im Schnitt wächst die Zahl täglich um ca. 60 Fälle.

Die positiv getesteten Touristen sind nur zu einem geringen Teil beteiligt, die meisten der Infektionen geschehen lokal. Das ist bedauerlich, Einheimische sind quasi gefährlicher als Touristen. Wobei die meisten Touristen allerdings nicht länger als eine Woche hier bleiben. Die können positiv sein, am Flughafen negativ getestet werden und entwickeln die Symptome vielleicht erst nach dem Rückflug.

Die Maßnahmen der Regierung sind irgendwie halbherzig. Die Bars sind geschlossen, allerdings nicht alle. Die Spielcasinos sind geöffnet. Private Partys sind verboten, Touristen können sich jedoch beliebig in den Hotelanlagen zusammenrotten. Nun kommt als neue Maßnahme eine altbekannte Maßnahme hinzu – die Ausgangssperre. Sie gilt ab morgen von Mitternacht bis fünf Uhr morgens, damit sich das Virus in der Nacht nicht mehr lokal übertragen kann. Ich halte es für wirkungslosen Aktionismus, der mir einigermaßen egal sein kann, weil ich in dieser Zeit sowieso schlafe. Darauf eine gute Nacht!

Ein schöner Tag

Johnny hat sich ein Auto gemietet, einen Jeep mit Allradantrieb. Damit fahren wir seit Montag über die Insel, ich darf den Fremdenführer spielen. Mit an Bord sind Jo und Stewart, die seit ein paar Tagen mit ihrem Segelboot Patronus vor Oranjestad ankern.

Für heute ist ein Badetag im natürlichen Pool Conchi angesagt. Dort war ich zuletzt vor ein paar Monaten zusammen mit Edward und Shelley. Ich kann mich noch an den Weg erinnern, den wir zusammen gefahren und gegangen sind, also dirigiere ich Johnny zu der Pferdefarm mit dem Parkplatz.

Von dort aus wandern wir gemütlich eine Dreiviertelstunde am Ufer entlang und genießen die Landschaften, die sich auf dieser Strecke dreimal grundlegend ändern. Es beginnt mit der Überquerung eines Gebirgszugs, die in einer steppenartigen Umgebung endet.

Autowrack in der Steppe

Nicht einmal einen halben Kilometer später laufen wir dann durch tiefen Sand. Mit Schuhen ist es unangenehm, ohne Schuhe unerträglich. Entweder läuft man auf dem Sand in seinen Schuhen oder barfuß im glühend heißen Sand.

Glühend heißer Sand

Freudig legen wir die letzten Meter nach dem Sandstrand mit Blick auf den Felsen „Klein Aruba“ zurück, denn gleich nach der nächsten Felszunge wartet auf uns die Belohnung. Ein Bad im natürlichen Pool. Die See ist rau, das verspricht großen Badespaß. Die Sonne glüht auch schon sehr, sehr heiß. Eine Abkühlung tut Not.

50 Meter vor dem Eingang zum natürlichen Pool baut sich plötzlich ein Park Ranger vor uns auf. Wir hätten am Haupteingang keine Eintrittkarte gekauft und müssten deswegen zurück laufen. Ärgerlich. Und doch logisch. Mein letzter Besuch war im Mai. Damals war der Nationalpark noch geschlossen, also konnte uns auch keiner eine Eintrittskarte verkaufen. Die Park Ranger waren zu Hause. Heute arbeiten sie.

Auf dem Rückweg zum Auto sind wir 15 Minuten schneller. Wir wollen endlich ins Wasser. Wir kaufen Eintrittskarten und essen Sandwiches, bevor Johnny den Jeep auf die offizielle Straße nach Conchi lenkt.

Johnny lenkt

Die Strecke, die wir nun zu Conchi zurücklegen müssen, ist als Piste für Allradfahrzeuge ausgewiesen. Es liegen einige dicke Brocken herum, die meiste Zeit ist sie aber gut zu fahren. Je mehr Bodenfreiheit das Auto hat, desto besser ist es. Johnny hat den Ehrgeiz, es auf jeden Fall bis zum Parkplatz zu schaffen. Wir sind genug gewandert für heute.

Gegenverkehr – ein Kleinbus mit Allradantrieb

Insgesamt ist im Park nicht viel los. Zwischendurch kommt uns ein Kleinbus entgegen, der mit Allradantrieb die Besucher vom Besucherzentrum zum Pool bringt. Bei der Begegnung sehen wir, dass die beiden Passagiere ordentlich durchgeschüttelt werden. Johnny fährt lieber langsam. Das ist schonend für Menschen und Material, meine Bandscheiben danken es ihm.

Ziel in Sicht

Nach einer schier endlos langen Fahrt durch Staub und über Steine kommt endlich der natürliche Pool in Sicht. Wir freuen uns alle auf die Erfrischung.

Die raue See tut was sie kann, immer wieder brechen sich die Wellen an den Felsen, die den Pool bilden. Das Wasser spritzt im hohen Bogen über uns Badende.

Welle bricht am Felsen

Wir lernen ein junges amerikanisches Paar kennen. Beide haben gerade die Universität abgeschlossen und machen eine Woche Urlaub auf Aruba. Es entwickelt sich ein langes Gespräch, als wir erwähnen, dass wir seit Wochen bzw. Monaten mit unseren Segelbooten auf Aruba festsitzen. (Das geschieht eigentlich immer, wenn man im Gespräch mit Nichtseglern das Boot erwähnt.)

Als eine große Gruppe Touristen mit unzähligen Strandbuggys auftaucht entscheiden wir, gemeinsam nach San Nicolas zu fahren und den Street-Art Spaziergang zu machen.

Street Art in San Nicolas

Rechtzeitig vor Sonnenuntergang schaffen wir noch die farbenfrohe Runde. Wir beenden den Abend mit ein paar Bier und kleinen Snacks. Auf dem Weg zurück nach Oranjestad sind wir alle vier glücklich über den gelungenen Tag. Auch die Wanderung entlang der Küste wurde von allen als wunderschön gelobt.

Covid-19 Roller

Regelmäßig steht dieser Motorroller vor dem Parlamentsgebäude. Ich nehme ihn heute als Symbolbild, da die Bierflaschen und das Kakaogetränk inzwischen zu oft zu sehen waren.

Entsetzt stelle ich gerade fest, dass ich seit sechs Tagen keinen Blog mehr veröffentlicht habe. Das liegt natürlich daran, dass ich im Augenblick viel unterwegs bin. Vor sechs Tagen waren wir bei 279 aktiven Covid-19 Fällen. Gestern Nachmittag waren wir bei 679 Fällen. Während ich diese Zeilen schreibe, ist die 700er Marke wohl längst geknackt. Die ersten fünf Kranken wurden ins Krankenhaus eingeliefert. So sieht es im Augenblick aus.

Nicht nur deswegen genießen wir die Zeit, die wir uns so schön wie möglich gestalten.

Update: Wir sind heute bei 776 Fällen gelandet. Der nächste Tote ist zu beklagen.