Mein Name ist Fire Ball

Eigentlich wollte ich nur kurz im Donkey Sanctuary vorbeischauen, weil Desiree ein Problem mit ihrem Computer und einer Laser-Graviermaschine aus China hat. Über diese Maschine werde ich demnächst auch noch ein paar Worte fallen lassen.

Seit ein paar Wochen versuchen wir dieses Gerät in Betrieb zu nehmen. Vergebens. Es ist ein Hardwaredefekt, der Hersteller meint jedoch, es läge an der Software. Die Maschine hat drei Schrittmotoren. Einer davon ist defekt, zwei funktionieren hervorragend. Wenn ich einen der funktionierenden Motoren gegen den defekten Motor tausche, wandert der Defekt mit.

Meine Vermutung ist, dass Desiree mit einem chinesischen Kundenvertröstungs-WhatsApp-Account chattet. Von dort bekomme ich jeden Tag vollkommen aussichtslose Anweisungen, die ich ausführe, die aber wirkungslos bleiben. Doch zum Thema. Wir haben einen neuen Esel.

Fire Ball. Ankunft im Donkey Sanctuary am 12. Oktober 2020

Desiree erhielt gestern früh einen Anruf, dass ein Esel in der Nähe einer vielbefahrenen Straße sei. Mit Hilfe der Feuerwehr und der Polizei von gelang es, den Esel einzufangen. Vorschläge für den Namen waren somit Sheriff und Fire Ball, eine Umfrage unter drei zufällig anwesenden Volunteers ergab dann Fire Ball als Namen. Eine solche Gelegenheit ist natürlich toll.

Bis der neue Esel kastriert ist, muss er in seinem kleinen Stall alleine ausharren. Deswegen kommt der Kontakt zu den anderen Eseln nicht zu kurz. Die sind nämlich ziemlich neugierig, wer da angekommen ist. Eine lange Prozession von Eseln führt am Stall vorbei.

Man beschnuppert sich.

Die neue Situation ist für Fire Ball noch ziemlich ungemütlich. Nach einem Leben in Freiheit ist er plötzlich ein einem winzigen Stall untergebracht. Auch wenn er eine riesige Menge Heu zur Verfügung hat, er knabbert immer nur ein paar Halme. Als wäre es ein Verbrechen, ein Esel zu sein. Dabei war es nur zu seinem Schutz. Es wird ihm sicher besser gehen, wenn er gemeinsam mit den anderen Eseln über das ganze Gelände toben kann.

Immerhin gibt es genug Nachbarn, die man kennenlernen kann. Und alle stecken ihre Nase rein, um den Neuen zu beschnuppern.

Es scheint allerdings, dass Fire Ball schon einen alten Bekannten getroffen hat. Vielleicht haben die beiden früher den einen oder anderen Streit ausgefochten. Vielleicht sind sie Geschwister. Der letzte Neuzugang vor Fire Ball war Kamino im August 2019. Damals ist der Aufenthalt an der Straße nicht so glimpflich abgegangen.

Anneke hat mir erzählt, dass Fireball sofort zu Kamino gelaufen ist, als sie ihn abgeladen haben. Die beiden haben sich auch einiges zu erzählen.

Überhaupt ist es an diesem Morgen sehr laut im Donkey Sanctuary. Jeder Esel der stolz auf seine Identität als Esel ist, beteiligt sich an dieser Unterhaltung.

Kacheln

Den letzten Beitrag über Kacheln habe ich in Portugal geschrieben. Dort gibt es viele gekachelte Hausfassaden, oftmals kleine Kunstwerke. Im Inneren des Besucherzentrums im Donkey Sanctuary ist eine Wand mit Kacheln bedeckt.

Kacheln. Gespendet zum Wohle der Esel.

Es sind Kacheln aus Delft in den Niederlanden. In den vergangenen Jahren wurden sie für 60 US$ pro Stück an die Besucher verkauft. Für die letzte Lieferung hat sich der Hersteller jedoch so viel Zeit gelassen, dass die Spender ärgerlich wurden. Auch Desiree hat sich geärgert – und zwar zweimal. Das zweite Mal bei der Lieferung, denn es hat sich herausgestellt, dass 60 Kacheln fehlen, um das Muster zu vervollständigen. Oder besser gesagt, der Hersteller ist dem Muster nicht gefolgt. Auf jeden Fall versuchen wir nun händeringend, diese 60 Kacheln an die Besucher zu bringen.

Inzwischen kann ich das auch ganz gut. Wenn ich einen Besucher am Haken habe, kann ich in vielen Fällen eine Kachel verkaufen. Das Problem an der Sache ist, dass nicht genug Besucher kommen. Gestern kam mir dann eine Idee:

Hier fehlt noch etwas…

Liebe Leserin, lieber Leser, wenn du eine Kachel haben möchtest, ist das kein Problem. Die 60 US$ entsprechen etwa 50 €. Ich kann das gerne vermitteln, es sind noch 30 Kacheln übrig. Die Produktion kann nämlich erst starten, wenn alle Kacheln verkauft sind.

Es ist okay…

…wenn du am Morgen mit nassen Füßen aufwachst und schleunigst die Luke über dem Bett schließen musst. Es ist draußen finster und Starkregen fällt über Oranjestad. Das alles entwickelt sich mehr und mehr zu einer Gewittershow, Blitze zucken über den Hafen, ohne merkliche Zeitverzögerung scheppern die Donnerschläge und werden von den Kreuzfahrtschiffen noch reflektiert. Mein Blick fällt auf einen Datenträger, den ich neulich erst aus seiner Schutzhülle befreit habe. Normalerweise liegt die Festplatte eingewickelt in Alufolie in einem Schrank. Leider vergesse ich immer wieder, neue Alufolie zu kaufen. Deswegen liegt sie auf dem Salontisch. Sicherheitshalber kommt sie in den Backofen. Dort ist sie auch in einem faradayschen Käfig. Einige Minuten später lege ich mein Ölzeug an, laufe zu meiner Eselskarre und fahre zu meiner Schicht ins Donkey Sanctuary.

Sunchi an der Kasse

Dort kümmere ich mich um die Fütterung und die Versorgung von Sonic. Anschließend kommt eine Nachricht von Desiree, dass sie aufgrund des Wetters heute nicht mit Besuchern rechnet und ich wieder schließen soll. Nachdem ich das letzte Schloss abgeschlossen habe, kommen die ersten Besucher. Ich verkaufe ihnen noch etwas Futter. Nur Bargeld, die Kreditkartenmaschine ist weggeschlossen. Kein Problem, ich bekomme sogar noch eine Spende von 20 US$.

Diese Esel betteln. und drängeln extrem….

Der nächste Tag bringt wieder besseres Wetter. Außerdem habe ich mal wieder ein paar Karotten im Gepäck. Ich vergnüge mich damit, den Eseln immer mal wieder eine Karotte zu zeigen, ihrem Gedrängel zuzusehen und dann irgendwann die Karotte an einen dürren Esel zu verfüttern. Die Dürren sind niemals die, die genau vor der Karotte stehen. Die dicken Esel sind auch immer die, die die besten Bettelgesichter machen können. Manche grinsen sogar.

Die klugen Tiere haben gelernt, wie sie die Besucher motivieren können, die Karotten oder Pellets genau vor ihre Nase zu halten. Sie können „süß“ gucken, bewegen dabei die Ohren und drehen ihren Kopf.

…denn Karotten sind ihr Leibgericht.

An meinem freien Montag komme ich ganz besonders ins Schwitzen. Endlich finde ich die Wasserpumpe und kann einen Austausch durchführen. Ich fluche über die Enge im Maschinenraum. Ich fluche über den Einbauort des Watermakers, der es unmöglich macht, mit zwei Händen an die Arbeit zu gehen.

Nach einer Stunde ist die alte Pumpe mitsamt alter Elektronik entfernt. Ich ändere gleichzeitig die Farbe des Stromkabels von blau/gelbgrün auf rot/schwarz. Manchmal frage ich mich schon, was den Vorbesitzer geritten hat. Er hatte wahrscheinlich keine roten und schwarzen Kabel mehr. Provisorisch verdrahtet nimmt die Pumpe nach drei weiteren Stunden Fummelei ihre Arbeit auf. Noch mit fliegender Verdrahtung, dafür aber erstaunlich geräuscharm.

Neue Wasserpumpe. Noch fliegend verdrahtet. Superleise.

Ich freue mich sehr über die Pumpe, die ich in Martinique erworben habe. Glücklicherweise. Hier in Aruba kostet die gleiche Pumpenleistung den doppelten Betrag. Bei geschlossener Tür zum Maschinenraum hört man die Pumpe im Salon schon fast nicht mehr. Sie ist so leise, dass mir der tropfende Wasserhahn an der Spüle nicht auffällt. Bei der alten Pumpe konnte man das Anlaufgeräusch nicht überhören, auch die Vibrationen waren im ganzen Boot spürbar.

Ich habe noch ein paar Brötchen für das Abendessen übrig. Die sind aber schon ziemlich weich. Brötchen sind auf Aruba eigentlich schon beim Verkauf weich. Das liegt sicher an der hohen Luftfeuchtigkeit. Also werfe ich den Backofen an, um die Brötchen kross zu backen. Dafür halte ich sie kurz unter den Wasserhahn, lege sie anschließend in den vorgeheizten Backofen.

Es ist okay, wenn du beim Prüfen der Backofentemperatur den Zeiger des Thermometers knapp unter 100°C findest. Zum Glück nutze ich die Taschenlampe, um das Thermometer abzulesen. Dabei fällt mir die Festplatte auf. Ich nehme sie aus dem Ofen, der Kunststoff des Gehäuses hat noch nicht angefangen zu schmoren.

Festplatte. Medium rare.

Vier Terabyte passen in dieses kleine Gehäuse, der Datenträger ist zu 75% voll. Es ist echt voll okay, wenn du am nächsten Tag merkst, dass du mit dem Schrecken davongekommen bist. Die inzwischen wieder auf Zimmertemperatur abgekühlte Festplatte hat ihren Inhalt nicht vergessen und arbeitet so langsam wie früher. Heute werde ich Alufolie kaufen.

In Sachen Covid-19 geht es immer weiter in die richtige Richtung. Die vor ein paar Wochen verschärfte Ausgangssperre wird wieder gelockert. Statt ab 22 Uhr gilt sie ab heute wieder von Mitternacht bis fünf Uhr morgens. Die Zahl der Neuinfektionen ist rückläufig, in den letzten Tagen war sie unterhalb von 20. Ebenso die Gesamtzahl der erkrankten Menschen, die ist wieder unterhalb von 500. Ich hoffe die Lockerung kommt nicht zu früh.

Unfallflucht

Diesen Zettel fand ich am Scheibenwischer meiner Eselskarre. Ein weißer Mitsubishi Lancer mit der (von mir teilweise geschwärzten) Nummer 29xx8. hat den Pickup unten links touchiert und ist davongefahren. Einen Schaden kann ich zuerst gar nicht finden.

Die weißen Spuren sind vom Unfall

Desiree hat entschieden, die Sache nicht weiter zu verfolgen. Es lohne den Aufwand nicht. Der Meinung bin ich auch und treffe beim nächsten Ausparken erst einmal einen Betonpfeiler, der sich unterhalb der Sichtlinie über die Heckklappe versteckt hat. Es ist kein Schaden am Betonpfeiler entstanden. Der neue Kratzer am Auto fällt unter den anderen Kratzern nicht auf. Ich kann ihn jedenfalls nicht finden. Es ist okay.