Von Aruba zu den Azoren – Tag 1

Am 1. Mai machen wir Sissi am Vormittag klar zur Abreise. Ich drucke die Crewliste aus, weil ich erwarte, sie gleich beim Ausklarieren benutzen zu dürfen. Es macht keine Laune, die ganzen Namen, Daten und vor allem die Passnummern von Hand in ein Formular einzutragen. Allerdings macht mir Aruba da einen Strich durch die Rechnung, denn die Beamten wollen ihre eigenen Formulare ausgefüllt sehen. Also darf ich bei der Immigration und beim Zoll in zwei ähnlich aussehende Formulare die gleichen Daten eintragen. Irgendwer wird das Gekrakel schon entziffern können. Gegen 15 Uhr verlassen wir den Hafen Barcadera und setzen nach wenigen Minuten unsere Segel, nehmen die Windfahne in Betrieb und sind im Reisemodus. Die nächsten Stunden fahren wir die Küste von Aruba entlang und verlassen dann gemütlich die territorialen Gewässer. Der Wind ist nicht zu stark und auch die Wellen versprechen einen ruhigen ersten Tag.

Nach Sonnenuntergang bin ich alleine unter dem Sternenhimmel, der von Minute zu Minute schöner wird. Die See ist einigermaßen ruhig, der Wind erlaubt uns einen direkten Kurs auf unser erstes Zwischenziel, die Mona Passage zwischen Puerto Rico und Hispaniola. Wir fahren zwar im Schnitt nur mit 4 kn, doch das ist bei dem Wind und angesichts der Gegenströmung ein gutes Tempo. Am Horizont hinter uns ist ein riesiger heller Fleck zu sehen. Selbst die nur schwach leuchtenden Straßenlaternen auf Aruba sorgen für eine ordentliche Lichtverschmutzung am Nachthimmel. Meine Gedanken fliegen zurück zu diesem kleinen, sandigen und staubigen Felsen, der im letzten Jahr so etwas wie eine zweite Heimat von mir geworden ist. Ich denke an Soraida, von der ich mich am Morgen für die kommenden Monate verabschieden musste. Sie fehlt mir, wie gerne hätte ich sie hier an Bord. Doch jetzt müssen wir uns die nächste Zeit in Geduld üben.

Als Barbara um Mitternacht ins Cockpit kommt, um ihre erste Nachtschicht zu übernehmen, bin ich noch guter Dinge. Bislang sind wir ohne Probleme durch die Nacht gekommen. Doch zwei Minuten später hängt sie über der Leereling und entleert erst einmal ihren Magen. Wir stellen gemeinsam fest, dass sie den Tag über zu wenig getrunken und gegessen hat. Jetzt haben wir den Salat. Die erste Reisetablette geht gleich einmal auch über die Reling, die zweite landet wenig später unverdaut in der Pütz. Erst nach einer Bananengabe und etwas Wasser bleibt die dritte Tablette auch drin. Barbara kann sich ein wenig an der frischen Luft im Cockpit entspannen, ich bleibe wach und übernehme die erste Hälfte ihrer Schicht, Jens dann später die zweite Hälfte.

Der Seegang ist gering und ich fliege nicht durch meine Koje. Statt dessen finde ich in der Nacht sehr viel Schlaf und wache am kommenden Morgen erst gegen 10 Uhr auf. Ich finde Jens im Cockpit und Barbara in ihrer Koje. Es sieht auf den ersten Blick so aus, als wäre die Seekrankheit vom Wind weggeblasen worden. Leider freue ich mich zu früh, denn es geht ihr nach dem Aufwachen nicht besser. Also ist die Hauptaufgabe des heutigen Tages, Barbara wieder fit zu bekommen. Wir arbeiten daran.

1. Etmal: 85,3 nm (in 21 Stunden)

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