Festival der Zigarren und des Rums

Reisen in Covid-Zeiten ist kompliziert. Über das Reisen mit der Eisenbahn in Kuba habe ich schon geschrieben. Aber auch die Stadtbesichtigung in Havanna gestaltet sich mühsam. Alle Museen sind geschlossen, es gibt keine offenen Tanzlokale mit Salsa.

Wasserverkäufer an der Straßenecke

Der Freund unserer Zimmerwirtin ist professioneller Geigenspieler und wird normalerweise immer für Tanzveranstaltungen gebucht. Da diese derzeit nicht stattfinden, hat er gerade kein Einkommen. Das ist hart. Für uns bedeutet es, dass wir in Havanna eigentlich nur herumlaufen und die Eindrücke auf uns wirken lassen können. Das ist jedoch viel besser als nichts.

Schrein für einen Baseballspieler

Wir fühlen uns in Havanna frei. Zwar haben wir den Behörden in Santiago unsere Adresse in Havanna hinterlassen müssen, wir haben aber nicht den Eindruck, unter Beobachtung zu stehen. In Santiago hat sich das anders angefühlt. Dort konnten wir manchmal dieselben Leute an unterschiedlichen Ecken der Stadt stehen und auf ihren Telefonen daddeln sehen. Das hat sich dort nicht wirklich gut angefühlt.

Kirche nahe der Altstadt

Die Bilder, die ich zu diesem Text blogge, haben mit dem Text selbst nur ansatzweise etwas zu tun. Zum den meisten Bildern kann ich keinen erhellenden Bericht schreiben, denn es handelt sich einfach nur um Straßenszenen aus Havanna. Statt dessen möchte ich meine Eindrücke formulieren und darüber schreiben, was wir von den Einheimischen so erfahren haben.

Dieselbe Kirche von innen

Fangen wir an mit dem Festival der Zigarren und des Rums. Am ersten Januar ist Feiertag wie bei uns, am zweiten Januar ist ebenfalls ein Feiertag, hier jährt sich ein Ereignis der Revolution. Deswegen fangen die Kubaner an Silvester mit dem Feiern an. Das traditionelle Gericht ist ein Schwein, das stundenlang über einem Feuer gegrillt und dabei gedreht wird. Spanferkel kann man es nicht nennen, die Kubaner drehen schon ganze Schweine oder wenigstens Schweinehälften über dem Feuer. Dazu trinken sie Rum.

Familienkutsche

Folgerichtig sind die meisten Feierwütigen am ersten Januar morgens noch etwas unfit. So konnten wir es bei unserer Vermieterin erleben, die nur schwer aus dem Bett zu bekommen war, aber auch sonst waren die Straßen in Havanna bis zum frühen Nachmittag ziemlich leer. Dann bildet sich langsam Leben aus, auch die Zigarrenverkäufer und die Rumvermarkter sind wieder unterwegs. Beim Festival der Zigarren und des Rums ist das sogar ziemlich legal. Die Mitarbeiter der Zigarrenmanufakturen, Rumfabriken oder Kaffeeplantagen ist es erlaubt, ihre Produkte auf eigene Rechnung an den Mann bzw. die Frau zu bringen.

Lastwagen mit Einschusslöchern vor dem Revolutionsmuseum

Es ist schon der Mann. Ich habe keine einzige Frau auf der Straße gesehen, die eine Zigarre im Mund gehabt hat. Dafür sieht man in den ersten Tagen des Januar ganz viele Männer mit dicken Zigarren durch die Gegend laufen. Das macht der gute Preis. Der ist grundsätzlich Verhandlungssache.

Wäschetrockner

Wir betreten die Räume einer Kooperative. Von außen sieht es aus wie das, was der deutsche Wohnungsmakler als Heimwerkerparadies anpreisen würde. Ein stark sanierungsbedürftiger Block. Dort würde bei uns niemand wohnen wollen, bei den Bewohnern ist das Gebäude jedoch sehr beliebt. Wir werden durch einige Hinterhöfe geführt und uns wird erklärt, dass alle Bewohner der Kooperative das Gebäude gemeinsam renovieren, dafür dann mietfrei wohnen dürfen. So wird ein Schuh draus.

Plattenbauten

In einem Wohnzimmer bekommen wir das Angebot präsentiert: Zigarren der Marken Cohiba, Montechristo, Romeo y Julieta und andere sind auf dem Tisch. Wie schon gesagt, der Preis ist Verhandlungssache. Als Rum wird uns der Legendario angepriesen, der im Gegensatz zum Havanna Club keine Kopfschmerzen bereiten soll. Das klingt alles schon einmal sehr gut, beim Kaffee werden wir jedoch stutzig. Der „beste Kaffee Kubas“ kommt von Spar. Genau die Marke Spar, die es bei uns auch gibt.

Nach einer kurzen aber erfolgreichen Verhandlungsrunde erwerbe ich 10 Cohibas und eine Flasche Rum für 35 Dollar. Der Verkäufer ist etwas enttäuscht, dass er nicht mehr an uns verkaufen kann, doch wer soll die ganzen Zigarren denn rauchen? Im Nachhinein ärgere ich mich, dass ich nicht noch Kaffee gekauft habe. Der Profigeiger ist nämlich so kaffeesüchtig wie ich, hat aber nicht jeden Tag Kaffee im Haus.

Typisches Gewusel auf der Straße

Wir nehmen uns eine Fahrradrikscha und lassen uns ein wenig durch die Gassen fahren. Dabei muss gleich die erste Cohiba dran glauben, die wirklich lecker ist. Vielleicht hätte ich mehr davon kaufen sollen. Wir haben bei der Kooperative gelernt, wie man eine gute Zigarre von einer schlechten Zigarre unterscheidet.

Zunächst hält man sie mit der Spitze nach unten und dreht sie ein wenig unter leichtem Druck. Fallen jetzt Tabakbrösel heraus, weiß man sofort, dass sie nicht aus ganzen Tabakblättern gemacht ist. Da ist oft bei den billigen Zigarren der Fall, die den Touristen am Straßenrand aufgedrängt werden. Das passt zu der Aussage, dass man auf keinen Fall Zigarren auf der Straße kaufen soll.

Hat die Zigarre den Bröseltest bestanden, kommt der Druck-Test. Mit Daumen und Zeigefinger übt man einen heftigen Druck auf die Zigarre aus und quetscht sie zusammen. Dann lässt man sie los, sie muss wieder zu ihrer alten Form zurückkehren. Ist das nicht der Fall, hat man keine gute Zigarre in der Hand.

Einer von vielen Straßenkötern

Außerdem muss eine Zigarre leicht sein. Sie hat kein großes Gewicht. So eine dicke Cohiba wiegt viel weniger, als es aussieht. Die Frage, welche Zigarre am besten riecht, kann natürlich nur der Genießer beantworten. Neben Cohibas habe ich noch Montechristo und Romeo y Julieta probiert. Letztere haben einen eher dunkleren Tabak und sind etwas stärker. Die Cohibas und die Churchills von Montechristo geben sich meiner Meinung nach nicht viel.

Gleich nach der Ankunft in Santiago hatte ich ein paar Zigarren in der Brauerei gekauft. Die waren nicht schlecht, kein Vergleich zu der Ware, die bei uns an Tankstellen in Aluröhren verkauft wird. Doch die echten Zigarren aus Havanna schlagen die Dinger aus der Brauerei um Längen.

Apothekenmuseum

Die Museen in Havanna sind geschlossen. Da macht das Revolutionsmuseum keine Ausnahme. Auch das Museum der modernen kubanischen Kunst ist zu und das Apothekenmuseum ebenfalls.

Apothekenmuseum

Dies ist ein besonderer Auftrag für mich. Mein ehemaliger Arbeitskollege und Freund Uli ist dabei, in Neubiberg bei München ein Apothekenmuseum einzurichten. Er hat mich gebeten, in Havanna das Apothekenmuseum zu besuchen, wenn möglich zu fotografieren und alle möglichen Prospekte oder Bildbände mitzubringen, die ich bekommen kann.

Die Suche nach dem Museum gestaltet sich zunächst schwierig. Keiner der Taxifahrer, die wir fragen, weiß wo sich das Museum befindet. Vielleicht habe ich die Frage auch falsch gestellt, ich habe nach der historischen Apotheke gefragt. Wir sind halt arm dran, ohne unsere Telefone und ohne Internet. So richtig offline halt. Lediglich die Kamera von Jens macht diese Aufnahmen überhaupt möglich. Nachdem wir zunächst vor einer der drei historischen Apotheken aufgeben mussten, weil sie wegen Renovierung geschlossen ist, finden wir endlich die Apotheke Reunion/Sarre.

Apothekenmuseum von außen

Von der Sonnenseite her fotografiert sieht das repräsentative Gebäude ziemlich geschlossen aus. Es ist ein Sonntag, wir wollen schon aufgeben und am nächsten Tag wiederkommen. Doch kaum laufen wir um die Ecke, können wir sehen, dass die Eingangstür geöffnet ist. Das Museum ist nämlich nicht nur ein Museum, sondern noch eine richtige Apotheke, in der Medikamente verkauft werden.

Verkaufsraum

Es ist am Sonntag nicht viel los in der Apotheke. Vielleicht haben sie auch keine Medikamente. Wir fragen, ob wir fotografieren dürfen. Wir dürfen. Dann bekommen wir freundlich erklärt, dass das Museum geschlossen hat. Durch die Eingangstür macht Jens ein paar Bilder, als plötzlich die Apothekerin kommt und uns andeutet, dass wir ihr folgen sollen. Wir werden durch einige der Räume der Museums geführt und Jens macht Foto um Foto.

Vitrine

In das Obergeschoss können wir nicht und auch die Räume, vor denen ein Sicherheitsfuzzi sitzt, sind für uns tabu. Doch wir bekommen einige schöne Aufnahmen zusammen.

Teil der Vitrine aus der Nähe

Alle möglichen Werkzeuge, die ein Apotheker bei der Herstellung der Medizin benötigte, sind hier in den Vitrinen zu finden. Wenn die Museen wieder geöffnet haben, kann ich einen Besuch dieses Museum nur empfehlen, wenn man sich sowieso schon in Havanna aufhält.

Historische Apothekerwaage

Leider kann ich für Uli nur die Bilder mitbringen, einen Dropbox-Link hat er schon bekommen. Uli, fühl‘ Dich frei, die Bilder auf Deiner Webseite zu verwenden. Den Höhepunkt unserer ganz privaten inoffiziellen Führung macht die Öffnung der Tür des Tresors aus, in dem sich die teuren Zutaten und die Drogen befunden haben.

Tresor

Am Ende spenden wir 10 Dollar für die Restaurierung des Museums oder für ein Abendessen für die Apothekerinnen. Ich weiß es nicht. Es war jedenfalls eine tolle private Führung und die Ausstellungsstücke sind schön anzusehen. Ein solches Museum findet man jedenfalls nicht an jeder Ecke.

Apothekergefäße

Havanna

Morgens fallen wir müde aus dem Zug und haben keine Ahnung, wo es zu unserem Quartier geht. Wir halten ein Taxi am Bahnhof an und lassen uns fahren. Der Taxifahrer verlangt 15 Dollar. Wir haben keine Ahnung, ob der Preis in Ordnung ist oder nicht, noch kennen wir die Geografie von Havanna nicht. Also sind wir einverstanden und nach knapp 10 Minuten stehen wir vor unserem „Private House“, unserer Wohnung für die nächsten Tage. Es ist der Morgen des ersten Januar 2021. Ich klingele wie wild an der Tür, es tut sich nichts. Erst nach einigen Minuten öffnet sich die Tür und eine junge Frau mit vollkommen übermüdetem Blick lässt uns herein. Zunächst will sie uns zwei ihrer drei Zimmer vermieten, uns reicht jedoch eins, das kostet die Hälfte.

Das „Wohnzimmer“. Es hat kein Dach und wenn es regnet, regnet es herein. Sonst aber sehr schön.

Natürlich müssen wir das Zimmer im Voraus bezahlen, die Leute haben kein Geld. Unsere Zimmerwirtin verschwindet gleich mit den Ausweisen, um unsere Daten zu notieren. Als ich meinen Ausweis zurück bekomme, fehlt das Visum. Sie findet es nach mehrminütiger Suche irgendwo auf dem Boden, es ist einfach aus dem Pass gefallen. Es wäre fatal für mich, wenn ich dieses Visum verlieren würde.

Nachdem wir uns ausgeruht haben, machen wir einen Spaziergang durch das Quartier. Auf der Suche nach einer Mahlzeit gehen wir immer weiter in Richtung Alt Havanna. Die meisten Restaurants haben geschlossen, es ist der erste Januar. Ein Taxifahrer möchte uns herumfahren, kennt jedoch auch ein Restaurant, das geöffnet hat. So sind wir schon einmal satt.

Altstadt von Havanna. Es ist nicht viel los.

Auf den Straßen ist nicht viel los. Trotzdem sind immer noch genug Taxifahrer da, die uns ihr Taxi anbieten. Es ist das Festival der Zigarren, die Arbeiter in der Manufaktur können Zigarren für einen kleinen Preis auf der Straße verkaufen. Auch Rum und Kaffee sind im Angebot. Wir kaufen nichts, sind sowieso sehr müde. Hier sehen wir eine schöne Straßenszene mit dem Blick auf das Kapitol.

Später am Tag sind die Straßen voller

Wir werden immer wieder angesprochen, ob wir ein Taxi brauchen, Geld wechseln möchten, Zigarren kaufen oder eine Frau. Wir werden gefragt, wo wir herkommen. Wenn die Kubaner hören, dass wir aus Deutschland sind, kommen immer wieder die Worte „alles klar“ und „alles paletti“. Anscheinend hat jeder Kubaner einen Verwandten, Bekannten oder Freund in Deutschland. Zumindest sagen sie das. Nur einer war mit der Geografie nicht so ganz firm, er verortete Manchester in Deutschland. Ist ja aus der Entfernung auch nur knapp daneben.

Das Kapitol aus der Nähe

Nach einem Spaziergang von zwei Stunden, einer Mahlzeit und einigen Metern mehr auf dem Asphalt haben wir genug. Wir laufen zurück zu unserem Quartier. Den Rest des Tages verbringen wir mehr oder weniger im Wohnzimmer.

Leider hat unsere Zimmerwirtin einen leeren Kühlschrank. Zum Abendessen gehen wir also noch einmal vor die Tür und besuchen das Restaurant nebenan. Es ist an der Ecke, es ist um die Ecke, man könnte es also Eckkneipe nennen.

CanChanChaRa – an der Ecke. Unser Quartier ist zwei Türen links davon.

Hier kostet eine Mahlzeit zwischen drei und fünf Dollar. Ein Bier kostet drei Dollar. Wir können uns also unbesorgt den Bauch vollschlagen. Das Essen ist wieder richtig gut. Es schmeckt anders als in Santiago. Wir erfahren später, dass jede Region in Kuba ihre eigene Art der Küche hat. Wir wollen wieder kommen, es ist günstig, gut und praktisch.

Blick vom Balkon des Stammrestaurants

Wenn man auf dem Balkon des Restaurants sitzt, hat man den Ausblick wie auf dem obigen Bild. Es sieht aus, als wäre es tief in der Nacht, doch die Sonne geht in Havanna um diese Jahreszeit schon um 18 Uhr unter. Zwei Stunden später ist auf den Straßen nichts mehr los, jedenfalls nicht am ersten Januar außerhalb der Altstadt.

Drohnenflüge verboten. Aufgenommen am Kapitol

Was es mit den Drohnenflügen auf sich hat, beschreibe ich im nächsten Blog. Jetzt muss ich noch ein wenig vorarbeiten, wir haben so viele Bilder aus Havanna mitgebracht. In den kommenden Tagen werden wir in Richtung Aruba, Bonaire oder Curacao weitersegeln. Deswegen muss ich die Beiträge heute vorbereiten.