Aruba von oben

Leider wurden die Helikopterflüge rund um Aruba eingestellt. Der Landeplatz ist nur 100 Meter von Sissi entfernt. Ich hätte leicht einen Rundflug buchen können. Für nur 400 US$ wird man 10 Minuten lang geflogen.

Deswegen muss mich Lel auf einen Hügel bringen, damit ich mal den Überblick von oben bekomme. Auf unserem Weg nach Saint Nicolas fährt er mich über eine unbefestigte Straße auf einen Hügel hinauf, auf dem sich ein gigantischer Wassertank befindet. Aruba hat kein eigenes Wasser, das Trinkwasser wird durch Meerwasserentsalzung gewonnen. Wie auf Sissi auch. Die Aussicht ist schön.

Aruba von oben

Der Blick reicht bis zur Küste. Ich ärgere mich ein wenig darüber, meine Kamera an Bord vergessen zu haben. Alle Fotos auf dem Ausflug muss ich mit dem Telefon machen. Das Funktioniert bei Weitwinkelaufnahmen noch sehr gut, mit dem Teleobjektiv kommt leider immer wieder Pixelbrei heraus. Trotzdem zeige ich das folgende Bild:

Seit Wochen fährt dieses Kriegsschiff die Küste von Aruba entlang

Seit Wochen kann ich immer wieder beobachten, wie dieses Kriegsschiff an der Küste auf- und abfährt. Es ist ein paar Tage vor dem Beginn einer US-Militäraktion in Venezuela gekommen und seitdem nicht mehr verschwunden.

Blüte?

Entwickelt sich hier etwa eine Kaktusblüte? Das habe ich so in freier Wildbahn noch nicht gesehen. Ein bunter Fleck auf einer unter unzähligen Kakteen.

Lel

Wir verlassen den Hügel wieder und fahren weiter in Richtung Saint Nicolas. Wie viele Farben mich dort erwarten, kann ich mir jetzt noch nicht vorstellen. Gleich am Ortseingang ist das Gebäude der Feuerwehr. Hier ist auch gleich das erste Graffiti.

Für die anderen wird es einen separaten Blogbeitrag geben.

Feuerwehr

Aruba nur für mich

Es ist nicht so leicht für einen Außenstehenden, sich das Leben auf einem Segelboot vorzustellen. Schon gar nicht in der aktuellen Situation mit den geschlossenen Grenzen in den meisten Ländern. Mein arubanischer Bekannter Lel kann sich das auch vorstellen. Er glaubt, ich sitze den ganzen Tag auf dem Boot herum und schlage die Zeit tot.

Totschläger

Die Zeit schlage ich nicht tot. Stattdessen mache ich mit meinem Totschläger die Fliegen im Dutzend platt. Tag für Tag. Manchmal glaube ich, ich habe die Fliegenpopulation auf Aruba schon ausgerottet. Dann sehe ich für mehrere Stunden keine Fliegen auf Sissi. Allerdings kommen auch auf Aruba mindestens 100 Fliegen zur Beerdigung, wenn man eine einzelne plattgemacht hat.

Lel steht jedenfalls vor ein paar Tagen am Steg und fragt mich, ob ich nicht Lust auf eine Rundfahrt über die Insel habe. Er hat im Augenblick nicht besonders viel zu tun. Ich freue mich sehr und frage ihn, ob wir zum Arikok Nationalpark fahren können. Dort kann man nämlich nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln hinfahren.

Der Nationalpark ist geschlossen.

Der Park befindet sich im Südosten der Insel. Wir haben aber nicht genug nachgedacht, denn natürlich ist der Park wie alle anderen öffentlichen Einrichtungen geschlossen. Landschaftlich sieht es wie auf Bonaire aus – Staub und Kakteen.

Windräder säumen die Straße in den Park

Schade, aber wir können das nicht ändern. Ich werde noch einmal wiederkommen, wenn der Park wieder geöffnet hat. Wir fahren zurück und an der Küste entlang in Richtung Saint Nicolas. Dabei biegen wir immer wieder von der Hauptstraße ab und Lel zeigt mir den einen oder anderen schönen Ort.

Ostküste

Aruba wird an der Ostküste vom Atlantik aufgegessen. Auf der Ostseite verliert die Insel immer mehr Substanz. Der Atlantik bearbeitet die Küstenlinie mit seiner ganzen Gewalt und trägt den Boden ab. Dafür wächst Aruba auf der Westseite. Die dem Ozean abgewandte Seite wird größer und größer. Die Insel ist also ganz langsam unterwegs.

Denkmal

Die Inschrift auf diesem Denkmal lautet: “TO ALL SEAMAN”. Ich fühle mich sofort angesprochen und versuche herauszufinden, wer Charles Brouns Jr. war, dem man mit diesem riesigen Anker gedenkt.

Gemeint sind mit dieser Inschrift gar nicht die Seeleute, sondern alle Arubaner, egal wo sie sich auf der Welt befinden. Charles Brouns Jr. hat wohl einiges für die Wirtschaft von Aruba getan, indem er den Tourismus angekurbelt hat.

Baby Beach

Baby Beach ist einer der beliebtesten Strände im Süden von Aruba. Normalerweise wäre kein Platz für die Möwen zwischen den Badehandtüchern. Nur vereinzelt kann ich Menschen sehen. Die Leute haben sich zwei Liegestühle aufgestellt, das ist nach geltender Gesetzeslage nicht so richtig erlaubt.

Unerschrockene Badende

Man darf ins Wasser gehen. Es ist nicht verboten, im Sand zu sitzen, wenn der Sicherheitsabstand eingehalten wird. Bei der Nutzung von Liegestühlen kommt die Polizei. Es ist nicht erlaubt, sich im Liegestuhl am Strand auszuruhen. Das sind die derzeit geltenden Spielregeln.

Lel am Baby Beach

Lel hat bis vor ein paar Jahren im Restaurant am Baby Beach gearbeitet. An einem schönen Tag kam eine Familie aus den Niederlanden zum Strand. Sie hatten ihr Auto vollgeladen mit Strandutensilien, Liegestühlen, Kühltaschen und einem Baby im Kindersitz. Sie mussten mehrmals laufen, um all ihre Sachen an den Strand zu tragen. Dabei hat eine Windbö die Tür des Wagens zugeworfen. Das Auto war nun verschlossen, das Baby saß noch im Fahrzeug in seinem Kindersitz. Die Freude war groß, als Lel nach ein paar Minuten das Auto aufbrechen konnte. Lel zeigt mir Fotos mit der Familie und dem Baby. Das ist inzwischen ein Kleinkind und die Familie kommt immer noch regelmäßig nach Aruba.

Anschließend fahren wir nach Saint Nicolas. Dort mache ich Dutzende Aufnahmen von Graffiti an Hauswänden und Mauern. Es sind so viele Aufnahmen, dass die Malereien in Saint Nicolas ihren eigenen Beitrag im Blog bekommen werden.

Graffiti in Saint Nicolas

Als Lel mich wieder vor der Marina absetzt, fühle ich mich erfrischt. Es tut sehr gut, aus der Marina und ihrer Umgebung herauszukommen. Der Ausflug hat mein Gehirn erfrischt. Ich lade ihn für die kommende Woche zum Abendessen auf Sissi ein.

Paardenbaai

Schon an unserem ersten Tag in Oranjestad sind uns viele blaue Pferde aufgefallen, die dort scheinbar an jeder Ecke stehen. Wir haben sie in der Fußgängerzone genau so gefunden wie vor dem Parlamentsgebäude oder den Spielcasinos.

Wir haben die Pferde ziemlich wenig beachtet. Immerhin war Oranjestad über mehr als drei Jahrhunderte das Zentrum des Pferdehandels in der Karibik. Der arubanische Künstler Osaira Muyale hat ihnen in den Jahren 2014 und 2015 ein Denkmal gesetzt. Oder vielmehr acht davon. In der gesamten Innenstadt wurden acht dieser Pferde aufgestellt.

Rosalinda

Jedes Pferd hat natürlich einen Namen. Hier sehen wir Rosalinda. Außerdem gibt es noch Saturnina, Bonifacia, Eufrosina, Celestina, Sinforosa, Escapia und Ambrosio. Neben jedem Pferd befindet sich eine Informationstafel, die auf Englisch und Papiamentu über einen Aspekt der Geschichte informiert.

Text zu Rosalinda.

Wem das Lesen des Texts auf Englisch zu anstrengend ist, der kann einfach die Webseite des Projekts besuchen. Dort gibt es die Texte auch auf Englisch, sie lassen sich dann aber sehr einfach mit einem Übersetzungsprogramm im Internet übersetzen.

Der Pferdehandel auf Aruba begann ca. im Jahr 1500 während der spanischen Besetzung der Insel. Die indigenen Völker kannten die Pferde nicht und fanden sie furchteinflößend. Paardenbaai heißt “Pferdebucht”. Das war der frühere Name der Ortschaft, die heute Oranjestad heißt.

Saturnina

Wenn die Pferde mit dem Schiff angekommen sind, wurden sie einfach von den Matrosen ins Wasser geworfen. An strategisch wichtiger Stelle hat man dann andere Pferde platziert, die die Neuankömmlinge an die richtige Stelle des Ufers geleitet haben. Lustige Methode des Löschens lebendiger Ladung.

Bonifacia (vorne) und Celestina

Im Prinzip konnten sich die Pferde auf Aruba frei bewegen, so wie die Esel heute noch auf Bonaire. Sie wurden in mehreren Herden gehalten. Aruba war eine Savanne und Graslandschaft. Bonifacia und Celestina stehen übrigens direkt vor dem Parlamentsgebäude.

Celestina

Unter der Herrschaft der Niederländischen Westindischen Kompanie (1636-1792) war eine der wichtigsten Aufgaben der Kommandanten die Fortsetzung der Pferdezucht. Die gesamte Tierzucht galt als der wichtigste Wirtschaftsfaktor und Pferde als wichtiges Exportgut.

Eufrosina

Die Pferde waren in jener Zeit auch bei den Piraten sehr beliebt. Aruba wurde mehrfach von französischen und englischen Piraten überfallen, eine anständige Festung zur Verteidigung gab es nicht.

Sinforosa

Zwischen 1792 und 1816 war Aruba nicht in niederländischem Besitz, sondern gehörte wechselweise zu Frankreich oder England. Engländer und Franzosen haben sich nicht um die Zucht, sondern vor allem um den Abtransport der Tiere gekümmert. Als die Niederlande es wieder in Besitz nahmen, gab es praktisch keine Pferde mehr. Aufblühen konnte der Pferdehandel auch nicht mehr, denn auf Aruba gab es kurze Zeit später einen Goldrausch.

Escapia

Die Pferde sind übrigens blau, weil der Künstler sie in der Farbe des karibischen Meeres gestrichen hat. Geliefert wurden sie mit Schiffen und durften dann selbst aus dem Wasser an Land steigen. Mir gefällt die Metapher.

Jetzt laufe ich mit anderen Augen durch Oranjestad. Ich bin sehr froh, mich mal um die blauen Pferde gekümmert zu haben.

Ambrosio