Hochhausbau in Oranjestad

Bei den dicken Brummern sind die Plätze gestern neu verteilt worden. Die Freewinds ist wieder an ihren ehemaligen Liegeplatz zurückgekehrt. Dafür ist die Carnival Pride am Kreuzfahrerterminal festgemacht. Möglicherweise sind die Einnahmen von Aruba aus den Liegegebühren für Kreuzfahrtschiffe jetzt höher als in der Vor-Corona-Zeit. Vermutlich gibt es einen satten Rabatt.

Hochhausbau vor meiner Nase

Für mich persönlich ändert das alles. Bisher konnte ich in meinem Cockpit sitzen und der Sonne zusehen, wie sie im Meer versinkt. Das geht jetzt nicht mehr, jetzt fällt sie hinter der Carnival Pride ins Wasser. Bei genauem Hinsehen kann man die schwarzen Rußfahnen aus den Schornsteinen erkennen. Zum Glück liege ich in Luv, der Dreck weht auf das Meer hinaus.

Vor ein paar Tagen ist mir ein Artikel auf Spiegel-Online in die Augen gesprungen. Im Zuge der Black Lives Matter Bewegung wollen Twitter und andere Unternehmen Begriffe wie „Master“, „Slave“, „Blacklist“, „Whitelist“ und mehr aus ihren Entwicklungsabteilungen streichen, weil sie rassistisch sind. Das hat mich nachdenklich gemacht. Immerhin habe ich diese Begriffe über Jahrzehnte selbst verwendet.

Ich habe diese Gedanken dann niedergekämpft und mich wieder meinem Luxusleben im Hotelresort gewidmet. Die Dusche auf der Flamingo-Insel ist immer noch die beste Dusche und so bekommen die Flamingos hin und wieder Besuch von mir. Es ist immer wieder befremdlich, wenn sich auf der für mehrere hundert Besucher geeigneten Insel nur ein paar Dutzend Menschen aufhalten.

Flamingos

Ein paar Tage nach dem Artikel im Spiegel nutzte Caren Miosga in den Tagesthemen die Worte „Schwarzarbeit“ und „Dunkelziffer“. Dazu ein Zitat von Bertolt Brecht „die im Dunkeln sieht man nicht“. Irgendwie hat es dabei wieder Klick in meinem Kopf gemacht. Schwarzarbeit, Schwarzfahrer, Schwarzgeld, Schwarzmalerei, Schwarzsehen, Dunkelziffer, Schattenwirtschaft, schwarze Kasse, anschwärzen, Schwarzmarkt, Schwarzer Peter.

Aufgrund einer Frage in einem Quiz, das ich auf meinem Telefon gegen ein paar Freunde in Deutschland spiele, bin ich auf den schwarzen Popelmann gestoßen. Martin Luther höchstselbst riet damals Eltern, ihre Kinder mit dem schwarzen Popelmann zu erschrecken, falls sie nicht artig sind. Als ob es nicht ein paar mehrköpfige Aliens getan hätten. Die Zuordnung von Hell und Dunkel in der Bibel ist ziemlich eindeutig geregelt.

Ich liebe Schwarzwurzeln, schwarzen Kaffee, Schwarzbier, schwarze Schokolade und das leckere Fleisch der spanischen schwarzen Schweine. Es ist nicht alles negativ konnotiert und erst hier in der Karibik habe ich mir die geliebten schwarzen T-Shirts weitestgehend abgewöhnt.

Streetart aus Oranjestad

Auch in Oranjestad gibt es einige Graffiti. Dieses Exemplar ist mir zufällig vor die Kamera gelaufen. Es gibt sie, sie finden sich aber über die ganze Stadt verstreut. Nicht so konzentriert wie in San Nicolas.

Inzwischen arbeite ich schon mehrere Tage an diesem Beitrag. Die Kreuzfahrtschiffe sind verschwunden und nichts stört mehr den Genuss des Sonnenuntergangs. Aruba hat wieder keine Einnahmen aus dem Kreuzfahrtbetrieb. Ich ziehe gedanklich ein paar Konsequenzen und werde in Zukunft noch mehr auf meine Wortwahl achten. Einen Beförderungserschleicher würde ich einen Schwarzfahrer aber nicht nennen wollen. Das ist mir zu sperrig. Vielleicht einen Betrüger.

Stand heute sind 13 aktive Covid-19 Fälle auf der Insel bekannt. Ich darf im Donkey Sanctuary einen Tisch schreinern. Die Stichsäge habe ich schon hingebracht. Dabei bin ich beinahe über Shrimp in komplett entspannter Pose gestolpert.

So können nur Katzen entspannen

Eine Antwort auf „Hochhausbau in Oranjestad“

  1. Noch ein paar Gedanken. Wir sind alle mit bestimmten Begriffen aufgewachsen, über die wir nie nachgedacht haben, häufig werden sie verwendet in völlig anderer Bedeutung als das ursprüngliche gedacht. Wenn man jemand Vollpfosten nennt, denkt auch nicht an einen Zaun ? 100 Ostfriesenwitze haben wir erzählt, fand keiner schlimm. Ich habe mich mit einem Mitglied der jüdischen Gemeinde unlängst über den Antisemitismus in der Alltagssprache unterhalten. Mit der Fragestellung, ob Begriffe , die mit Bedeutungsveränderung verwendet werden, zum Beispiel in der Jugendsprache, antisemitisch einzuordnen sind.
    Die Antwort war ein klares „ja“, weil es dabei um eine allgemeine Verrohung in der Sprache gehe, die so zur Gewohnheit wird, dass die Hemmschwelle zur tatsächlichen Gewalt sinkt. Das fällt wir gerade ein, zu deinem neuesten Beitrag. Dass es so viele schwarze Begriffe gibt, war mit gar nicht bewusst.

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